Amy gegen Katja

Was von vielen gar nicht bemerkt wurde, war Amys Ausflug nach New Apple gewesen. Zumindest die Freunde aus Heinzfort hatten ihren Abstecher, um den Mord an ihrem guten Freund Morgen zusammen mit ihrer dortigen besten Freundin Alexis und Lebensgefährten Markus aufzuklären, gar nicht mitbekommen. Amy hatte bislang aber auch noch nicht die Zeit gefunden, ihre Erlebnisse dort zu berichten.

Als Amy dort war, war jedoch auch etwas mit ihr geschehen. Sie war in die Fänge einer okkulten Gruppe geraten, musste einige Rituale über sich ergehen lassen, die tatsächlich einen Effekt auf ihren Körper hatten. Dieser zeigte sich allerdings eigentlich nur dann, wenn sie wirklich energisch kämpfen musste und genau deshalb war sie nun nach Heinzfort gereist. Sie wollte diese neuen Fähigkeiten, Pascal nannte es Kräfte, bei einem Gegner auf die Probe stellen, der ihr definitiv gewachsen war. Dabei gab es nur eine Person, welche ihr in letzter Zeit gefährlich werden konnte, sie sogar schon besiegt hatte. Katja.

Elf Uhr in Heinzfort. Die Mädels aus AAA lümmelten wieder auf ihren Sofas im Wohnzimmer herum und versuchten nach wie vor herauszufinden, warum gerade Waldemar immer wieder durch Abwesenheit glänzte. Es öffnete sich die Tür, alle Kopfe drehten sich in diese Richtung und da stand Amy.

Die Freude war gross. Amy war so etwas wie die Schwester aus einer anderen Stadt und immer freuten sich alle sehr, wenn sie sich hier blicken liess. Das kam mal mehr, mal weniger vor. Da sie und ihre Freunde mittlerweile auch eine Wohnung in diesem Haus hatten, gestaltete sich das Wiederstehen variabel.

Nach einer freudigen Begrüssung, war Claudia neugierig.

»Was treibt dich denn her?«

Amys Augen verengten sich und sie schaute zu Katja.

»Die da!«

Katja wusste gar nicht, wie sie auf diese Aussage reagieren sollte. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie Amy irgendetwas getan hätte.

»Ich? Was hab ich getan?«

Nun lächelte Amy wieder.

»Getan hast du nichts. Aber, ich brauche dich. Du bist die einzige Person, die mich in letzter Zeit besiegen konnte und ich will wissen, ob du zugelegt hast, oder ob ich mich verbessern konnte.«

Katja lachte.

»Ah! Du willst ein paar hinter die Löffel. Kannst du haben!«

»Super! Gehen wir?«

»Jetzt?«

Fragte Elena.

»Aber nein! In vier Monaten, an einem Dienstag Nachmittag, wenn die Sonne sanft den Horizont berührt und eine warme Brise übers Land streicht.«

Elena verschränkte die Arme.

»Sau komisch Amy. Es geht mir nur darum, Maia müsste gleich hier sein und wollte mit mir in der Stadt was schauen.«

Amy zog eine Augenbraue hoch.

»Ja und? Ich will Katja verkloppen, nicht dich!«

»Und wenn ich das gerne sehen würde?«

»Wo liegt das Problem? Fahren wir eben alle mit euch und im Anschluss gehen wir in die Sporthalle.«

Elena schaute abschätzend zu Katja.

»Eine so gute Idee von dir um diese Uhrzeit? Bist du krank?«

»Nein, streitlustig.«

Grinste Katja zu Amy.

Kurz nach Mittag war es dann endlich soweit. Die Mädels, inklusive Maia, hatten sich in der Sporthalle eingefunden, wo Katja und Amy sich schon umgezogen hatten. Eines war den Zuschauern sicher. Das würde wieder ein Gemetzel geben, denn ihre Freundinnen schenkten sich nichts.

Beide trugen Polster an den Händen und Füssen. Es war schliesslich nur ein Wettbewerb, kein Kampf auf Leben und Tod. Doch entgegen ihrer Gewohnheit, trug Amy dieses Mal zwei geflochtene Zöpfe. Normalerweise trug sie beim kämpfen die Haare immer streng zurück. Für Claudia war das ein Problem, denn die Zöpfe erregten sie nicht schlecht. Katja hingegen hatte sich ihre Haare gewohnt fest, aber unordentlich zurückgebunden.

»Wehe, du hältst dich zurück Katja!«

»Warum sollte ich? Weil du hier einen auf Girly machst?«

»Auf Girly?«

»Ach komm schon Amy. Zöpfe?«

Amy lachte.

»Ach so. Das hat seine Gründe. Ich erzähle euch das alles mal in Ruhe, wenn wir mal wirklich alle zusammen sind. Ich will die Geschichte nicht immer wiederholen müssen.«

»Seit ihr zum Kämpfen hier, oder zum Kaffeeklatsch?«

Fragte Elena.

Sofort änderten sich die Blicke der Kontrahenten. Sie waren augenblicklich fokusiert, nahmen eine Kampfstellung ein und waren bereit.

Wenn Katja bislang eines gelernt hatte, dann das ein direkter Angriff gegen Amy immer eine sehr dumme Idee war. Von daher wartete sie ab. Auch wenn Amy immer sehr stark auf ihren Stand und ihre Verteidigung achtete, während eines Angriffs war es wahrscheinlicher, eine Lücke zu finden, als wenn sie abwehrte.

Einen Moment lang belauerten sich die Mädels. Keine griff an. Während sie anfingen, sich zu umrunden, provozierte Katja bewusst einen Angriff, indem sie die Position ihrer Beine vermeintlich unsicher wählte.

Sofort griff Amy an. Es kamen Schläge, die allerdings der Ablenkung dienten. Eigentlich wollte sie den schwachen Stand ihres Gegners ausnutzen. Katja wehrte ab. Als Amy dann versuchte, ihre Beine zu erwischen und sie von den Füssen zu fegen, stabilisierte sie ihren Stand sofort und startete einen Konter. Auch wenn Amy eine Stabile Deckung hatte, Katjas Schlag fand eine ganz kleine Lücke und traf Amy voll am Kopf.

Mehr durch die Überraschung, als den Schlag selbst, taumelte Amy einen Schritt zurück. Katja sprang sofort in ihre Richtung, drehte sich im Flug und ihr ausgestrecktes Bein traf erneut Amys Kopf. Die konnte den Tritt zwar blocken, doch der Schwung und die Kraft zwangen sie dazu, erneut ein Stück nach Rechts zu taumeln.

Amy fand das scheisse. Keine 15 Sekunden im Kampf und schon war sie voll in der Defensive. Das war sie beim besten Willen nicht gewohnt und sie hatte Mühe, ihren Fokus auf eine Schwachstelle bei Katja zu legen.

Die gönnte ihr auch keine Pause. Da Amy im taumeln war, konnte sie nur schwer einen stabilen Stand einhalten. Also ging Katja in die Hocke, drehte sich mit ausgestrecktem Bein in die Gegenrichtung zu ihrem Kick und als sie Amy traf, konnte die sich nicht mehr halten.

Für Amy war das unglaublich. Katja hatte einiges an Schnelligkeit und Technik aufgebaut. So schnell in einer so misslichen Lage zu sein, konnte Amy kaum verarbeiten.

Sie krachte auch auf den Boden und sofort wollte Katja nachsetzen. In quasi letzter Sekunde rollte Amy sich nach hinten, kam dadurch auf die Füsse und war sofort in der Lage, die Schläge von Katja zu blocken.

Was Katja jedoch nicht wusste, genau auf so etwas hatte Amy gehofft. Zwar nicht, dass sie von Anfang an so unterlegen war, sondern generell. Sie brauchte einen wirklichen Gegner und das war definitiv Katja. Niemand sonst war mittlerweile dazu in der Lage, ihr solche Schwierigkeiten zu machen.

Noch während sie die Angriffe abwehrte, spürte Amy ein Kribbeln in den Händen. Genau darauf kam es ihr an. Diese neue Fähigkeit zeigte sich. Zum ersten Mal, seit sie in New Apple war.

Katjas Angriffe nahmen an Intensität ab. Ihr war etwas aufgefallen, was sie nicht verstand. Unter den pinken Polstern, schienen Amys Hände schwach bläulich zu glühen. Hätte sie Kopftreffer von Amy kassiert, hätte sie diese Wahrnehmung darauf zurückgeführt und nicht weiter darauf geachtet. Da sie aber bislang nur offensiv war und nichts einstecken musste, fand sie diese Erscheinung höchst merkwürdig.

Ein grosser Fehler! Amy bemerkte ihre Verwunderung, fand eine kleine Lücke zwischen ihren Schlägen und nutze diese voll aus. Sie konnte einen direkten Treffer durch einen geraden Schlag auf Katjas Brustkorb landen.

Katja verstand gar nichts. Für den Bruchteil einer Sekunde schien es, als hätte sie einen bläuliches Aufblitzen gesehen. Dann fühlte sie sich, als hätte ein Zug sie gerammt. Alles binnen eines Wimpernschlags, dann flog sie auch schon regelrecht nach hinten. Nicht nur ein bisschen. Es riss sie vollständig von den Beinen, sie flog ein gutes Stück durch die Luft und landete schliesslich sehr unsanft auf ihrem Hintern.

Amy jubelte und sprang in die Luft. Dabei klatschte sie in die Hände und wirkte wirklich, wie ein kleines Girly. Weder Katja, noch ihre Freundinnen konnten glauben, was da passiert war.

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