Die Macht der GO

»Jetzt bitte mal ganz langsam. Wenn es so einen Vorfall gegeben hätte, wäre es dann nicht logisch, wenn irgendeine Zeitung oder so etwas davon berichtet hätte?«

Der Mann konnte nur lachen.

»Mit Sicherheit! So ein zerstörtes Krankenhaus inklusive der anderen Schäden und Vorkommnissen wäre natürlich aufgefallen. Wäre da nicht ihr Freund Pascal gewesen. Wir wissen zwar nicht genau, wie er das macht, aber diese Verschleierung geht eindeutig auf sein Konto.«

Jetzt war Perry sprachlos. Der Typ wusste von Pascal und seinen Fähigkeiten? Das machte ihm irgendwie Angst.

»Gut, sie scheinen sprachlos zu sein. Dann will ich noch eine Demonstration beginnen. Katja, ich wette, sie würden alles tun, was ich ihnen sage.«

Katja lachte nun ihrerseits.

»Insofern du willst, dass ich dir mit Anlauf an den Kopf trete, könntest du richtig liegen.«

»Die blauen Tauben fliegen emsig über den Bienenstock.«

Perry verstand nicht. Hatte der Typ jetzt einen Schlaganfall? Fragend schaute er zu seiner Frau, die seltsam erstarrt dastand.

»Alles klar Schatz?«

Der Mann schien amüsiert.

»Mit ihr ist alles in Ordnung. Sie wartet nur auf meine Befehle.«

»Ihre Befehle? Ist ihnen jetzt die letzte Gehirnzelle verrutscht?«

»Aber nein. Moment, ich beweise es ihnen. Katja, du trennst dich von deinem Mann. Jetzt!«

Perry schaut siegessicher zu seiner Frau. Doch anstatt, dass sie ihm wie erwartet den Vogel zeigen würde, zog sie seinen Ring von ihrem Finger und der flog mit viel Schwung genau an seinen Kopf.«

»Eh, was soll das?«

»Es ist vorbei Perry! Ich will nicht mehr mit dir zusammen sein und morgen reiche ich die Scheidung ein.«

»Was? Bist du bescheuert? Bis vor einer Minute war doch noch alles in Ordnung.«

Der Mann amüsierte sich königlich.

»Katja, du bist wieder frei.«

Sofort schaute Katja, als wüsste sie gar nicht, was los war.

»Warum schaust du mich so bescheuert an?«

»Warum? Du hast mir gerade meinen Ring an den Kopf geworfen und willst dich scheiden lassen!«

Katja zog eine Augenbraue hoch.

»Ist der Schwachsinn von dem Typ da ansteckend?«

Zum Beweis hielt sie ihre Hand hoch und erkannte in dem Moment, dass der Ring wirklich fehlte.

»Scheisse, wo ist er hin?«

Fragte sie extrem erschrocken. Perry zeigte auf den Boden direkt vor sich. Katja sah den Ring, hechtete darauf zu und kurz darauf war er wieder an ihrem Finger.

»Okay Kollege, was geht hier ab?«

Der Mann verschränkte die Arme.

»Sagt ihnen der Name Nikolai etwas?«

Tat es. Vor vielen Jahren hing sie mit einem Nikolai immer wieder ab. Das war ein komischer Vogel. Auch wenn er sagte, dass er nicht schwul sei, versuchte er nie etwas bei ihr. Sie erinnerte sich aber auch daran, dass sie oft mit ihm weg war und sich so die Kante gegeben hatte, um am nächsten Tag mit Blackout zumeist bei ihm aufzuwachen.

»Ja, warum?«

»Erinnern sie sich auch noch an den einen Abend, als er sie von seinen Fähigkeiten als Hypnotiseur überzeugen wollte?«

Katja lachte wieder.

»Klar. Er hat es ewig versucht und dann aufgegeben. War zwecklos bei mir.«

»War er nicht.«

Entgegnete der Mann ganz locker.

»Ach nein?«

»Nein. Er hat ihnen den Satz eingepflanzt, den ich eben genannt habe. Sobald sie das hören, warten sie auf Befehle und führen diese auch absolut vollständig aus. Junge, hat der mit ihnen Geld verdient.«

»Mit mir?«

»Ja, mit ihnen. Nicht nur, dass sie seinen sexuellen Wünschen gehorchen mussten, er hat sie auch reihenweise an seine Freunde vermietet, damit die ihre perversen Spielchen mit ihnen treiben konnten.«

»Bitte was?«

»Die blauen Tauben fliegen emsig über den Bienenstock.«

Er sprach die Worte aus und sofort hatte Katja wieder einen teilnahmslosen Gesichtsausdruck.

»Hören sie bitte auf mit der Scheisse!«

Bat Perry, da er wieder so etwas wie zuvor befürchtete.

»Keine Sorge. Ich will ihr nur etwas wiedergeben, was sie in dieser Zeit verloren hat. Leider wird danach auch dieses Kommando nicht mehr funktionieren, soll mir aber egal sein. Katja, sobald ich dich freigebe, wirst du dich an alles erinnern, was während deiner Hypnose passiert ist. Du bist wieder frei.«

Katjas normaler Gesichtsausdruck kehrte zurück, um kurz darauf einer Grimasse zu weichen. Hastig drehte sie sich zur Seite, fiel auf die Knie und übergab sich wie ein Wasserfall. Perry kniete sich sofort neben sie, um sie zu halten.

»Schatz, ist alles okay?«

Nach weiterem Erbrechen konnte Katja sich wieder fangen. Doch anstatt seine Frage zu beantworten, richtete sie eine an den Mann.

»Weisst du, wo ich Nikolai finde?«

»Die GO weiss wahrscheinlich so ziemlich alles.«

»Gut. Dann sag mir, wo er ist. Dem prügele ich so die Scheisse den Arsch hoch, dass sie ihm aus der Nase wieder rauskommt.«

»Das kann ich mir gut vorstellen. Aber solche Informationen würde ich nur einem Mitarbeiter übergeben.«

Katja schaute zu Perry. Der stand auf.

»Moment! Bevor hier das jetzt weiter läuft, was wollen sie eigentlich von mir?«

»Das sagte ich bereits. Ihre Fähigkeiten als Programmierer.«

»Ich soll also meinen Job aufgeben und für sie arbeiten?«

»Aber nein. Genau genommen sollen sie ihr Leben gar nicht ändern. Sie sollen nur, wenn wir sie benötigen, für uns Arbeiten erledigen. Ich garantieren ihnen, wir sind keine negative Organisation. Alle Informationen, die wir haben, setzen wir ausschliesslich zum Wohl der Allgemeinheit ein.«

»Wo habe ich das nur schon einmal gehört?«

Natürlich war Perry skeptisch. Solche Organisationen laberten doch immer davon, dass sie zu den Guten gehören würden. In dem Moment vibrierte sein Telefon. Als Perry es aus seiner Hose nahm, war ihm eigentlich schon klar, wer da anrief.

»Pascal?«

»Wer sonst? Ja, du kannst dem vertrauen. Die GO gehört tatsächlich zu den Guten. Deine Arbeit wir nicht für negative Dinge eingesetzt.«

»Du kennst den Verein?«

»Klar. Ich spiele seit vielen Jahren mit denen. Sie denken immer, sie wüssten über mich Bescheid. In Wirklichkeit wissen sie aber nur, was ich ihnen gestatte zu wissen. Das ist aber ein anderes Thema, können wir uns bei Gelegenheit mal drüber unterhalten. Also, wenn du da mitmachen willst, geht das in Ordnung. Ah, sag Katja, sie kann dem Nikolai gerne in den Arsch treten. Ich sorge schon dafür, dass sie dafür niemand zur Rechenschaft ziehen will.«

Damit war das Gespräch beendet.

»Na, was hat ihr Freund gesagt?«

»Das Katja den Nikolai gerne verhauen kann. Er wird dafür sorgen, dass sie niemand dafür belangen will.«

Sofort sah er ein beängstigendes Blitzen in ihren Augen.

»Was hätte ich davon, wenn ich bei ihnen mitmache? Kommen sie mir jetzt nicht mit Geld, davon hab ich genug.«

»Ach was, Geld. Als Mitglied der GO hätten sie vollen Zugriff auf all unsere Daten.«

»Alle?«

»Selbstredend. Unsere Organisation begründet sich auf Vertrauen. Wenn sie uns vertrauen sollen, dann müssen wir auch ihnen vertrauen. Ich bin mir sicher, sie werden mit diesen Daten keinen Unfug anrichten. Wobei wir nicht als Unfug zählen, wenn sie ihrem Freund Waldemar gegenüber mit ihrem unglaublichen Wissen protzen. Das geht in Ordnung.«

Das waren für Perry geradezu magische Worte. Wenn diese Daten wirklich so umfangreich waren, konnte er endlich Waldemar gegenüber die Oberhand gewinnen, wenn es um Diskussionen zu irgendwelchen Themen ging. Ausserdem war langsam seine Neugier geweckt. Ein Blick in eine Datenbank, die selbst Details über seine Frau beinhaltete, die sie selbst nicht wusste, war schon verlockend.

»Nun gut, ich bin dabei!«

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