Perrys Angebot

Während in der geheimen Werkstatt die Arbeiten am Hubschrauber an Fahrt aufnahmen, bekam Perry eine höchst merkwürdige Nachricht. Zuerst war es eine E-Mail, die gänzlich ohne Header übermittelt worden war, was nach Perrys Verständnis eigentlich eine Unmöglichkeit darstellte. Er hielt sie für Spam und behandelte sie auch entsprechend. Als kurz darauf aber eine Nachricht über Line in sein Handy flatterte, die ebenfalls keinerlei Rückschlüsse auf den Absender zu liess, fand er das doch befremdlich. Besonders auch deswegen, weil lediglich Koordinaten und eine Uhrzeit übertragen wurden.

Natürlich liess sich Perry davon wenig beeindrucken. Anscheinend hatten es nur gewiefte Hacker geschafft, eine neue Art von nervendem Spam zu kreieren. Irgendwo reizte es ihn, auf die Jagd nach dem Absender zu gehen, doch hatte auch er seine Zeit nicht gestohlen. Er unternahm lieber etwas mit Donald, oder den Mädels, als einem Gespenst hinterher zu jagen.

Als er jedoch vom Training zurück kam, erschauderte er. Kaum hatte er an seinem Computer Platz genommen und der Monitor zeigte ein Bild, war da wieder diese Nachricht. Dieses Mal jedoch direkt auf seinem Desktop.

Das war absolut unmöglich. Er achtete absolut streng auf die Sicherheit seines Gerätes, was auch durch Waldemars Protokolle gewährleistet sein sollte. Eigentlich war es unmöglich, dass sich jemand Zugang verschaffen konnte. Doch die Nachricht war da. Ach, wie sehr hätte er sich in dem Moment die Unterstützung von Waldemar gewünscht. Es gab für ihn keinen, der mehr von Netzwerken verstand als er und er hätte ihm vielleicht sagen können, wie so etwas möglich sein konnte.

Katja, die eigentlich um diese Uhrzeit ja nichts an Perrys Arbeitsplatz zu suchen hatte, wollte sich genau da etwas aus Perrys Zimmer holen, als er mit blassem Gesicht vor seinem Computer sass.

»Alles okay Schatz?«

Perry erschrak. Er war so in Gedanken vertieft, dass er seine Frau gar nicht bemerkt hatte.

»Das weiss ich nicht. Ich bekomme schon den ganzen Morgen seltsame Nachrichten. Eine jetzt auf direkt auf meinen Computer, was eigentlich unmöglich ist.«

Katja schaute sich die Nachricht an.

»Ergibt die auch irgendeinen Sinn? Für mich sind das australisches Dörfer.«

»Ja. Das sind Koordinaten und eine Uhrzeit.«

»Aha. Und wo sind diese Koordinaten?«

Das machte nun auch Perry neugierig. Er startete sein Galileo-Programm und kopierte die Koordinaten. Sie lagen in Heinzfort. Gar nicht so weit weg, aber in einer anscheinend eher abgeschotteten Region.

»Ich kenn den Eck. Kann man gut ficken, dort ist nie jemand.«

So etwas dachte sich Perry schon. Nicht das mit dem ficken, sondern, dass sich dort normalerweise niemand hin verirrt. Ausser, er wollte nicht gesehen werden.

»Ich finde das sehr merkwürdig.«

»Ja? Dann gehen wir der Sache doch auf den Grund. Lass uns da nachher hinfahren und schauen, wer dir die Nachricht geschickt hat.«

»Wahnsinns Idee! Dann verschwinden wir auf nimmer Wiedersehen.«

Katja lachte.

»Quatsch. Ich bin doch bei dir. Wenn einer doof macht, haue ich ihm aufs Maul.«

Tatsächlich beruhigte Perry diese Aussage. Spätestens seit ihrer Begegnung mit dem Schatten wusste er nur zu gut, zu welcher Kampfmaschine seine Frau werden konnte. Das beflügelte seine Neugierde und er stimmte zu.

Zur angegebenen Uhrzeit warteten die Beiden schliesslich an dem angegebenen Ort. Katja hatte einen langen Mantel an, unter dem sie den Kampfanzug trug, den sie auch schon beim Kampf gegen den Schatten getragen hatte. Sie war also bestens gerüstet, um potentiellen Angreifern entgegentreten zu können. Doch erst geschah nichts.

Nach 30 Minuten wollte Katja schliesslich den Heimweg antreten. Offensichtlich war die Nachricht eine Verarsche. Doch genau in dem Moment zeigte sich eine Gestalt vor dem Auto. Sie war schwer zu erkennen, da das Licht in diesem Eck wirklich sehr mangelhaft war.

Perry bekam etwas Fracksausen, während Katja unbeeindruckt ausstieg. Um nicht wie ein Weichei zu wirken, tat er es ihr schliesslich gleich.

»Sehr umsichtig von ihnen, sich einen Bodyguard mitzubringen.«

Es war eine tiefe Männerstimme, die schon bei dieser Aussage vor Selbstvertrauen nur so strotzte. Perry hingegen musste sich zusammenreissen, um die Furcht in seiner Stimme nicht zu zeigen.

»Ich habe eigentlich nur eine Frage. Wie zur Hölle sind sie auf meinen Computer gekommen?«

Der Mann lachte.

»Das war keine Herausforderung. Wir verfügen über Mittel und Wege.«

Perry fühlte sich irgendwie herausgefordert.

»Ach ja? Dann erklären sie doch mal.«

»Alles zu seiner Zeit. Ich bin hier, um ihnen ein Angebot zu unterbreiten. Wenn sie es annehmen, werden nicht nur ihre Fragen beantwortet, sondern sie werden sich alles anschauen können.«

»Angebot? Was denn für ein Angebot? Geht es um unser Produkt?«

Der Mann kam näher, wodurch man ihn nun besser erkennen konnte. Es war ein echter Schrank, mit militärisch kurzem Haarschnitt und einem sauber geschnittenen Dreitagebart.

»Bedingt. Es geht mehr um den Code. Wir haben das enorme Potential erkannt, welches durch sie da eingebracht wurde. Das hat unser Interesse geweckt.«

Perry lachte.

»Wir haben den Code nie veröffentlicht. Also ist diese Aussage Blödsinn!«

»Ist das so?«

Der Mann griff in die Tasche, was Perry einen Schreck einjagte. Doch er förderte nur ein kleines Gerät zu Tage, was sich nach einer Berührung zu einem DIN A4 grossen Tablet ausklappte. Perry war sofort beeindruckt. Als er es jedoch gereicht bekam und schon nach dem ersten Blick wusste, dass er da den Code von ihrem Programm vor sich hatte, gefror ihm das Blut in den Adern.

»Das ist unmöglich! Wo haben sie den her?«

»Ich sagte doch, so etwas ist für uns nur eine Fingerübung.«

»Okay. Dann erzählen sie mal. Wer ist uns?«

»Die GO. Ich bin für das aufspüren und rekrutieren von neuen Mitgliedern mit aussergewöhnlichen Fähigkeiten zuständig, was mich zu ihnen geführt hat.«

»Die GO?«

Fragte Perry, der langsam gar nichts mehr verstand.

»Die geheime Organisation. Natürlich haben sie noch nichts von uns gehört, ansonsten wäre die Organisation ja nicht geheim. Wir sind so etwas wie der Schutzschild unseres Landes.«

Perry stemmte die Fäuste in die Hüfte.

»Ach ne. Also langsam wird es lächerlich. Wollen sie mir etwa sagen, sie sind so etwas wie der BND?«

Der Mann lachte wieder.

»Der BND. Ja, schon klar. Sagen wir mal, hätten wir nicht unsere Leute in dem Verein, würden die nicht einmal einen Glückstreffer landen.«

»Okay. War ein nettes Gespräch. Wir lassen sie dann mit ihren Fantasien wieder alleine.«

Sagte Perry und drehte sich zu seinem Auto.

»Sie haben wirklich Selbstvertrauen gewonnen. Das gefällt mir. Es ist nicht einfach für jemand, der sein Heil in dem Versuch sieht, sich eine künstliche Frau mit selbst geschriebener KI zu bauen, die nur ihn liebt.«

Perry erstarrte. Dann fuhr er mit einem Ruck herum.

»Woher wissen sie das?«

Durch diese Frage erntete er einen skeptischen Blick von Katja.

»Oh, wir wissen quasi alles. Zum Beispiel auch, dass sie bereits ein ziemlich gutes neuronales Netz geschaffen hatten, was aber an den Grenzen ihrer bescheidenen Hardware gescheitert ist.«

Nun bekam Perry Panik. Das wusste niemand. Selbst, als er mit Marios KI konfrontiert wurde, die ja wirklich zu grossartigem fähig war, hatte er seine Versuche verschwiegen.

»Wollen sie noch etwas wissen? Wir könnten uns ja über ihren heldenhaften Kampf gegen ausserirdische Eindringlinge unterhalten. Oder über das neue Hobby ihrer Frau, sich immer mal wieder als quasi dunkler Rächer mit Raudis anzulegen.«

Nun war auch Katja schockiert.

»Das können sie alles gar nicht wissen!«

»Kann ich nicht? Kann ich also nicht wissen, dass ein grosses Krankenhaus von Ölkäfern vernichtet wurde?«

Nein. Konnte er eigentlich nicht, dafür sollte doch Pascal gesorgt haben. Langsam wurde es unheimlich, aber auch interessant. Nun wollte Perry doch mehr über das Angebot wissen.

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