Die Zukunft hat begonnen

Genau dieses Einstellen war jedoch nicht so trivial, wie Viper sich das gedacht hatte. Unzählige Testfahrten folgten dieser historischen,ersten Fahrt, doch ihm wollte einfach keine zufriedenstellende Feinabstimmung gelingen.

Das war jedoch allein sein Problem. Da er sich nicht in seine Software schauen lassen wollte, Mario hätte schliesslich Spionage betreiben können, kümmerte er sich ganz alleine um das Problem, während der Rest des Teams an dem eigentlichen Testfahrzeug werkelte.

Wie dumm seine Entscheidung war, stellte sich relativ schnell heraus. Während er einen Satz Reifen nach dem anderen auf der Strasse verteilte, lief das Testfahrzeug nach wenigen Läufen richtig gut. Der Generator zeigte dabei, dass er wirklich nicht klein zu kriegen war.

Nachdem alles so eingestellt war, dass jeder der Gruppe das Fahrzeug problemlos fahren konnte, gingen der Belastungstest los. Von der geheimen Werkstatt ab gab es in etwa 15 Kilometer Entfernung eine Kreuzung. Bog man die nach Links ab, ging es sofort in kurvenreiches Gelände mit mehreren Steigungen. Auf etwas mehr als 20 Kilometern war keine 10 Meter gerade Strecke, was ideale Testbedingungen waren. Schliesslich erreichte die Strecke eine T-Kreuzung, die nach Links zurück zur Werkstatt führte. Knappe fünf Kilometer fast perfekt gerade aus.

Um nun zu verifizieren, ob der Generator auch längere Strecken mit wechselnder Last meistern konnte, fuhren die Teammitglieder die Strecke nun abwechselnd, jedoch ohne Pause. Vor erreichen der Werkstatt gab der Fahrer durch, dass er kurz vor dem Ziel war und der nächste Fahrer machte sich bereit. Fliegender Wechsel und schon war das Auto wieder unterwegs.

48 Stunden am Stück, ging es so Runde um Runde. Da Jana, Natascha und Kim ohnehin in ihrem Hubschrauber übernachteten, waren also auch dann Testfahrten möglich, wenn die Anderen schon wieder zuhause waren.

Über Tag arbeiteten dann die, die nicht fuhren, an den Entwürfen für einen Antrieb im echten Hubschrauber. Waldemar wurde hier zu einem echten Arbeitstier. Er beteiligte sich an den Vermessungen, den Berechnungen, der Planung und setzte alles schliesslich auch noch im Computer um. So, dass dort die Funktionsweise simuliert, aber auch alle Teile sofort zum 3D-Drucker geschickt werden konnten.

Letzteres war jedoch den Mädels zu riskant. Gedruckte Teile bei dieser hohen Belastung? Das war ihnen zu riskant. Mario und Waldemar sahen sich also gezwungen, ein Bauteil zu fertigen und für Tests zur Verfügung zu stellen. Natürlich war das nicht das Material, was eine Privatperson normalerweise durch seinen Drucker scheuchte. Es handelte sich um sehr teures Material, was nach dem Druck auch noch mit hohen Temperaturen behandelt werden musste.

Etwas skeptisch bauten die Mädels das Teil schliesslich ein. Es war kein kritisches Bauteil, doch hätte ein Ausfall eine eher schnelle Landung notwendig gemacht.

Doch ein Ausfall gab es nicht. Die Mädels starteten, Jana quälte ihren Hubschrauber in gewohnter Manier und als sie das Bauteil nach der Landung inspizierten, wies es keinerlei Anzeichen von Stress auf. Wohl war Jana zwar immer noch nicht, aber da Kim und Natascha ihr Okay gaben, wollte auch sie sich darauf einlassen. Wichtig war ihr dabei jedoch, dass sie auf jeden Fall eine Autorotationslandung durchführen konnte.

Nach den 48 Stunden ging es an die Analyse. Waldemar las sofort die Daten von den unzähligen Sensoren aus und begann mit der Auswertung. Die Anderen begannen damit, den Motor und den Generator auszubauen und zu zerlegen. Unter den wachsamen Augen von Benjamin und Mario wurde jedes Teil auseinandergebaut und Bauteil für Bauteil bis ins Detail untersucht.

Als der Tag schliesslich endete stand die Auswertung fest. Weder der Generator, noch der selbst gebaute Elektromotor hatten irgendwelche Ermüdungserscheinungen. Alles war perfekt gelaufen, jedes Teil in einwandfreiem Zustand. Auch die Daten sprachen klare Worte. Alles lief einwandfrei. Alle Werte waren in den gewünschten und festgelegten Parametern zu finden und nicht einer lief aus dem Ruder. Gerade Werte wie die Temperatur waren dabei weit unter den vorgegebenen Höchstwerten. Lediglich mit dem Output war Waldemar nicht ganz zufrieden. Der schwankte deutlich, auch wenn er in seinen festgelegten Parametern blieb. So bestand Waldemar darauf, zukünftig alle Generatoren mit Kondensatoren auszustatten, um einen einheitlichen Output zu erzielen.

Viper hingegen blieb unzufrieden. Ja, er war von der Leistung begeistert und zu sehen, wie ein Elektrofahrzeug 48 Stunden am Stück ohne Aufladen mit wechselnder, auch hoher Last unterwegs war, beflügelte natürlich seine Anstrengungen. Doch es wollte ihm einfach nicht gelingen, eine auch nur halbwegs gute Abstimmung zu finden. Entweder kam zu schnell zu viel Power, oder die kam erst am Ende des Gaspedals.

Bevor die Gruppe sich auflöste, um nachhause zurückzukehren, war Viper fertig mit den Nerven.

»Ihr wollt mich doch echt alle verarschen, oder? Ich optimiere seit Tagen und krieg es nicht richtig zum laufen und ihr macht schon Langzeittests. Eure Werte habe ich mir vorhin auch angeschaut und Beschleunigung wie Endgeschwindigkeit gesehen. Das kann doch echt alles nicht sein. Habt ihr mir da ein Montagsmodell eingebaut?«

»Blödmann!«

Zischte Mario.

»Du hast das Ding mit uns gebaut und im Testauto ist das komplett gleiche Modell. Also such deinen Fehler nicht bei uns!«

Das war etwas, was Mario an Viper nicht leiden konnte. Wenn mal etwas nicht nach Plan lief, suchte er gerne den Fehler bei anderen, was ja bekanntlich auf seine überaus gute Ausbildung als Ingenieur zurückzuführen war. Doch zeigte sich in den meisten Fällen, dass doch er die Wurzel des Übels war. Wie auch dieses Mal, wie Mario bereits wusste.

»Trotzdem kann das ja wohl nicht sein! In den Daten sieht man doch, wie fein ihr die Power dosieren könnt und auch wenn das kein Hochleistungsmotor ist wie bei der Viper, müssten sich trotzdem die gleichen Effekte zeigen!«

»Nö.«

Antwortete Mario kurz und knapp.

»Was heisst hier nö? Dann erklär mir doch mal, was ich falsch, oder ihr richtig macht!«

»Würde ich ja, aber ich darf ja nicht an dein Auto. Was auch wieder total bescheuert ist, da mein Lori ohnehin schon besser ist als deine Möhre!«

Wunder Punkt. Janine machte das bekanntlich auch sehr gerne, doch konnte die Vipers körperliche Angriffe kontern. Für Mario war das unmöglich und als er Vipers Faust angeflogen kommen sah, wähnte er sich schon mit gebrochener Nase im Krankenhaus.

So weit kam es jedoch nicht. Kim, die nahe an Mario stand, gab Vipers Arm einen relativ kleinen Schubs, so dass diese Marios Gesicht verfehlte. Dabei blieb Kim unbeeindruckt.

»Hast du was am Kopf? Wolltest du mich wirklich schlagen?«

Viper wurde blass. Natürlich wollte er Mario nicht schlagen.

»Tut mir leid Alter. Das ist so ein Reflex wegen Janine.«

Kim blieb weiterhin optisch unbeeindruckt.

»Ist nur gut, dass du so lahm bist.«

Wieder wollte Viper knurren, hielt sich aber zurück.

»Um die Sache zu deeskalieren würde ich sagen, ich bringe dich zumindest auf die richtige Spur. Wie mein guter Freund Mario mit Sicherheit ebenfalls schon vermutet, optimierst du am falschen Ort. Du versuchst wahrscheinlich den Output an die Motoren zu optimieren, hast da aber nur einen sehr geringen Spielraum zwischen zu viel und zu wenig. Stattdessen solltest du beim Input schauen. Optimiere die Werte, die von deinem Gaspedal kommen.«

Viper fühlte sich, als hätte nun ihm jemand mitten ins Gesicht geschlagen. Er hatte doch dieses Auto von der ersten Idee über die erste Zeichnung komplett alleine gebaut und war, bis der Lori mit Janine auftauchte, auch der absolute Spitzenreiter. Wie konnte es dann sein, dass Waldemar und mit Sicherheit auch Mario besser wussten, wo sein Problem lag, als er?«

»Schau nicht so blöd. Das ist deine Engstirnigkeit. Wenn du dich mal an etwas festgebissen hast, bleibst du da dran, egal wie unsinnig es ist. Ja, natürlich weiss ich auch, was du falsch machst! Bei uns geht der Output von Null bis Maximum. Die Feineinstellung wird beim mappen vom Ausgabewert des Potentiometer am Gaspedal gemacht. Oh! Für diese Erkenntnis habe ich nicht einmal in deinen Code schauen müssen. Das war so offensichtlich!«

Viper wurde verlegen. Jetzt, wo Waldemar und Mario es gesagt hatten, war es ihm natürlich auch sofort klar, wo er den Fehler gemacht hatte. Nur mit dem Zugeben hatte er Schwierigkeiten.

Glücklicherweise grätschte Natascha dazwischen.

»Spielt alles keine Rolle. Der Generator funktioniert weit besser, als ich zu hoffen gewagt hatte. Jetzt bauen wir unseren Hubschrauber um, dann euer Flugzeug. Die Zukunft hat begonnen!«

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