Unerwartetes Ergebnis

Wie sich zeigte, war der Bau eines Generators von der Grösse, wie die Viper es brauchte, nicht so trivial, wie sich das Team das vorgestellt hatte. Grössere Reibung, grössere Massenträgheit, grösseres Magnetfeld. All das waren Komponenten, die nicht einfach stumpf hoch skaliert werden konnten. Doch ein wirkliches Problem war es nicht. Lediglich dauerte der Bau eines entsprechenden Generators länger, als das Team es sich gedacht hatte.

Doch dann. Nach einigen Tagen des tüfteln, auch wenn Waldemar dazu lieber erarbeiten der Grundlagen sagte, meldete sich die Viper mit ihrem neuen Herz zurück zum Dienst.

Viper sass in seinem Auto, die anderen standen drum herum. Bis auf Benjamin, der mit einem Laptop auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte. Beide Türen waren offen und nun wurde es spannend.

»Okay. Also nur, um es noch einmal durchzusprechen. Erst schalte ich die Batterie ein, damit der Startcomputer und das Display laufen. Wenn der hochgefahren ist, aktiviere ich den Generator. Die Drehzahl steigt bis in den grünen Bereich. Dann ändert sich die Anzeige von Start in Bereit. Erst dann aktiviere ich mein Auto. Richtig?«

»Alter. Das ist keine Raketentechnik! Du hast zwei Schalter. Erst den Linken, dann den Rechten und wenn die Anzeige auf Bereit steht, den Linken wieder runter. Meine Güte, du kannst ein Flugzeug fliegen, da wirst du das doch auch hinbekommen.«

Viper schielte Mario missbilligend an.

»Ich will eben nichts falsch machen und ja, ich bin aufgeregt. Man sollte bei dem ganzen spielen in letzter Zeit nicht vergessen, wir schreiben hier gerade Geschichte. Auch wenn die wohl nie in irgendeinem Geschichtsbuch stehen wird. Ich bin jetzt im Moment dabei, dass erste Auto der Welt mit freier Energie zu starten. Unbegrenzte Reichweite, nie nachladen, nie auftanken. Da werde ich doch ein bisschen Lampenfieber haben dürfen, oder?«

Erst lachte Mario, dann der Rest. Solche Worte ausgerechnet von Viper waren schon beeindruckend.

»Würdest du jetzt bitte starten? Sonst steig ich in unser Versuchsauto und dann wir das das erste Auto der Welt mit freier Energie!«

Erschrocken schnellte Vipers Kopf rum zu Benjamin, der breit grinsend neben ihm sass.

»Wie bitte? Willst du mir etwas sagen, ihr habt auch in den Hobel so ein Teil eingebaut?«

Das beantwortete Kim, in ihrer äusserst freundlichen Art.

»Was denkst du denn, haben wir die ganze Zeit an dem Ding gemacht? Dildos geschnitzt?«

Tatsächlich war Viper so mit seinem eigenen Auto beschäftigt, dass es ihm überhaupt nicht aufgefallen war, dass auch an dem anderen Auto gearbeitet worden war.

»Man, kannst du das Ding jetzt endlich starten?«

Knurrte Jana.

Viper nickte. Mit feuchten Fingern klappte er den roten Schutz des linken Schalters nach oben, um kurz darauf auch den Schalter umzulegen. Das Display in der neuen, kleinen Konsole wurde wach. Es war ein banales vier Zeilen LCD, was in der ersten Zeile die Drehzahl anzeigte, die aktuell bei Null stand und in der dritten Zeile das Wort Deaktiviert.

Nun öffnete Viper den Schutz des rechten Schalters. Es war eine etwas andere Ausführung, welche auch geschlossen werden konnte, wenn der Schalter eingeschaltet war. Es bedurfte seiner ganzen Beherrschung, das Zittern seiner Hand nicht zu arg ausfallen zu lassen. Sein Herz klopfte wild, als er schlussendlich den Schalter umlegte.

Sofort schnellte die Anzeige der Drehzahl nach oben und wuchs immer weiter an, während nun das Wort Startvorgang angezeigt wurde. Ein leises Summen ertönte und wurde immer heller. Nicht unangenehm, es war gerade laut genug, um es wahrnehmen zu können.

Dann wurde die Drehzahl grün und darunter Stand Bereit. Soweit hatte alles nach Plan funktioniert. Ein Wunder war das nicht, denn schliesslich hatte das Team diesen Vorgang mehrfach getestet, bevor der Generator ins Auto eingebaut wurde.

Mit einer Handbewegung klappte Viper den Schutz beider Schalter wieder runter, wodurch der Schalter für die Batterie ausgeschaltet, der Schalter für den Generator jedoch gesichert wurde.

»Der Moment der Wahrheit!«

Sagte Viper. Benjamin bekam das gar nicht mit. Er beobachtete die Anzeigen auf dem Laptop und die sahen alle absolut super aus. Wie erwartet. Für Waldemar war Vipers Aufregung absolut unverständlich. Der Generator war mehrfach getestet worden und funktionierte jedes Mal tadellos. Er lieferte zudem auch mehr Spannung, als die Viper mit ihren alten Akkus zur Verfügung hatte. Da nichts am Auto verändert worden war, ausser dem Generator, war es nur logisch, dass die Viper genauso starten würde, wie sie es zuvor auch getan hatte. Von daher war es unlogisch, jetzt aufgeregt zu sein.

Viper klappte den durchsichtigen Schutz des Start-Knopfs zur Seite. Eine Vorrichtung, die er aus einer seiner Lieblingsserien seiner Kindheit, wo es um einen massiv aufgerüsteten Hubschrauber ging, übernommen hatte. Wieder zitterte seine Hand, als sich sein Finger dem Knopf näherte. Zentimeter für Zentimeter in Zeitlupentempo. Bis dieser fast sein Ziel erreicht hatte.

»Jetzt drück endlich drauf!«

Knurrte Natascha, die ebenfalls deutlich angespannt war. Viper bekam dabei so einen Schreck, dass er heftig zusammen zuckte.

»Hör auf mit dem Quatsch, ich muss mich konzentrieren!«

»Konzentrieren? Es tut mir leid, wenn ich deine Aussage nicht nachvollziehen kann. Hier geht es um das drücken eines Knopfes. Einen Vorgang, den du bereits unzählige Male durchgeführt hast. Wieso musst du dich dafür noch konzentrieren?«

Ohne Waldemar einer Antwort zu würdigen, gab sich Viper einen Ruck und drückte auf den Knopf. Augenblicklich erwachte das Auto zum leben. Die ganzen Displays sprangen an, die Systeme fuhren hoch. Alles so, wie er es gewohnt war.

»Oh Mann! Es hat geklappt!«

Jubelte Viper. Auch die Anderen fingen an zu applaudieren. Bis auf Waldemar.

»Was hast du denn erwartet, mein Freund? Die Elektronik deines Fahrzeugs wird mit ausreichend Spannung versorgt. Der ist es egal, woher diese kommt. Von daher wäre es äusserst unwahrscheinlich gewesen, wenn die Systeme nicht gestartet wären.«

Wieder ignorierte Viper Waldemars Aussage. Er wartete noch ab, bis der Jubel sich gelegt hatte, dann schaute er Benjamin an.

»Zeit für eine Testfahrt!«

Sagte er mit breitem Grinsen im Gesicht. Benjamins Antwort bestand darin, dass er den Sicherheitsgurt angelegte.

Sofort machten die Anderen Platz und schlossen die Türen. Viper legte den Rückwärtsgang ein und liess sein Auto vorsichtig zurück auf die Strasse rollen. Der Eck war derart unbekannt, dass sich kaum ein Auto hier her verirrte. Mit ein Grund, warum diese Tankstelle schliesslich hatte schliessen müssen.

Als die Viper korrekt auf der Strasse stand, ging das Team natürlich davon aus, Viper würde sofort der Kiste die Sporen geben. Doch weit gefehlt. Er fuhr etwa 500 Meter weite und wendete dann. In einem Tempo, in welchem man die Viper wahrscheinlich zuvor noch nie gesehen hatte. Ein Fussgänger mit Schrittgeschwindigkeit hätte die Viper überholen können.

Viper kam zurück, wendete erneut und fuhr wieder. Das wiederholte er ganze fünf Mal, was niemand verstand. Erst, als er danach gewendet hatte, schaute er zu Benjamin.

»Jetzt halt dich fest!«

Sagte er, schaltete sein Auto auf Maximum und bevor Benjamin irgendetwas sagen, oder denken konnte, wurde er in den Sitz gepresst. Mit einer Kraft, die er nicht erwartet hatte. Jedoch wurde er nicht nur nach hinten gepresst, sondern auch nach Links und Rechts und das Quietschen der Reifen war zu hören.

»Oh, oh je, Hilfe! Das ist neu!«

Keuchte Viper hinter dem Lenkrad und hatte alle Hände voll damit zu tun, die Viper in der Spur zu halten.

»Was ist los?«

Kam die erstickte Frage von Benjamin, der so mit dem Andruck beschäftigt war, dass er nicht einmal Angst verspüren konnte.

»Diese Power! Die ist so heftig! Damit habe ich nicht gerechnet. Die Elektronik kann es nicht kompensieren!«

Nicht nur die Elektronik hatte Probleme. Viper gelang es nicht, sein Auto auf Kurs zu halten, so dass es sich schlussendlich trotz Allradantrieb zu drehen begann. Erst da nahm er den Fuss vom Gas und das Fahrzeug kam zum stehen.

Vorsichtig brachte er schliesslich sein Auto zurück auf die Ausgangsposition und stieg überschwänglich aus, während Benjamin nur die Tür öffnete und eine fette Ladung auf die Einfahrt kotzte.

»Okay. Also, da kommt derart viel Leistung bei den Motoren an, dass meine Elektronik völlig versagt. Das ist irre, damit hätte ich nie gerechnet. Jetzt heisst es einstellen!«

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