Der Durchbruch

Es war schön zu fortgeschrittener Stunde und Viper wollte schon den Heimweg antreten, als ein total aufgeregter Benjamin mit Mario und Waldemar im Schlepptau heran gespurtet kam.

»Leute! Wir haben es! Der Durchbruch ist geschafft!«

Jana, Kim und besonders Natascha zeigten sich sofort sehr interessiert, während Viper der Sache noch skeptisch gegenüber stand. Es war nicht wirklich viel Zeit vergangen, seit sie wieder in dem geheimen Stützpunkt waren. In der kurzen Zeit den grossen Durchbruch erlangen, hielt er für unwahrscheinlich.

»So, so Otto. Der Durchbruch. Sei mir nicht böse, wenn ich dafür Beweise sehen will.«

Benjamin liess sich von Viper Skepsis nicht verunsichern.

»Klar, kein Problem. Mario, wärst du so freundlich?«

Mario war so freundlich. Er stellte eine fast schon miniaturisierte Version des bereits funktionsfähigen, wenn auch viel zu grossen und schweren Generators neben Viper auf einen Tisch.

»Okay. Ist deutlich kleiner geworden. Kommt da jetzt auch Saft raus, oder braucht man davon dann 100 Stück, bis mal entsprechende Ströme fliessen?«

Natascha war sofort sehr neugierig. Zwar hatte sie auch kurz mitgearbeitet, war dann aber von Jana abgelenkt worden, da die mit ihr und Kim über Vipers Erlebnis mit seiner Verlobten reden wollte.

»Klugscheisser. Hier, nimm das Messgerät und schau selbst.«

Viper war sich nicht ganz sicher, warum Mario ihm das Teil in die Hand drückte. Es machte keinen Unterschied, wer es anschloss. Aber gut, so übernahm er den Part. Schnell war rot mit rot und schwarz mit schwarz verbunden und er drehte den Regler auf 20 Volt. Mario amüsierte diese Wahl, da es Vipers Misstrauen ausdrückte. Waldemar dachte sich seinen Teil, während Benjamin über die Einstellung irritiert war.

Seiner Irritation gab Benjamin jedoch nicht nach. Er kam und hielt die Kabel einer neun Volt Batterie ebenfalls an die Anschlüsse. Der Magnet begann sich zu drehen und wurde dabei immer schneller. Nichts, was man nicht auch schon bei der zu schweren Variante gesehen hätte. Das Messgerät zeigte erst die neun Volt an, fing alsbald aber an zu steigen.

Bei einer gewissen Drehzahl nahm Benjamin die Batterie wieder weg und genau wie bei der ersten Version drehte sich der Magnet immer weiter und nahm weiter an Drehzahl zu. Das Messgerät hingegen stieg auch 20 Volt und zeigte dann nichts mehr.

Die Mädels beäugten das Messgerät sehr genau und gerade bei Natascha huschte ein Lächeln aufs Gesicht. Viper hingegen sag in den fehlenden Anzeigen ein Scheitern.

»Ähm, könntest du die Einstellung mal hoch drehen? Dir ist vielleicht aufgefallen, dass die 20 Volt nicht ausreichen!«

Viper schaute gönnerhaft zu Natascha, drehte dann aber auf die nächste Einstellung, die ebenfalls keine Werte zeigte.

»Dreh doch einfach mal voll auf!«

Viper kam Nataschas Aufforderung nach. Er drehte den Regler auf 100 Volt, was das Maximum des Gerätes darstellte. Weiter keine Anzeigen. Für ihn war damit das Gerät gescheitert. Nicht so jedoch für Natascha.

»Wie viel kommt raus?«

Fragte sie neugierig in Benjamins Richtung. Der zuckte nur mit den Schultern.

»Keine Ahnung. Der Generator hat normalerweise 200 Volt. Da wir hier aber kein Messgerät haben, was so viel Spannung anzeigen kann, kann ich nur schätzen und sagen, 200 Volt.«

»Das ist ja Wahnsinn! 200 Volt aus dem kleinen Ding? Auch unter Last?«

Viper fing fast an zu lachen. 200 Volt aus diesem Teil? Nie im Leben! Das war gerade einmal gross genug, um noch bequem in einen Schuhkarton zu passen. Da kamen niemals 200 Volt raus! Für ihn war ganz klar, irgendwo war da die Spannung zusammengebrochen und deshalb zeigte das Messgerät nichts mehr an.

Doch nun trat Mario auf den Plan. Er schob sich dazwischen und stellte ein weiteres Gerät neben den Generator. Es war ein Brett, auf dem ein fetter Motor geschraubt war. Dieser war mit einem Regler verbunden und dir drei Kabel, die dafür nötig waren, deuteten auf einen Motor ohne Bürsten hin. Also einer, bei dem nicht der Elektromagnet sich drehte, sondern der Permanentmagnet. Diese Variante verwendete auch Viper in seinem Auto. Also nichts neues.

An dem Regler war noch ein Potentiometer angeschlossen, mit dem Mario anscheinend die Ausgangsspannung des Generators zum Regler steuern wollte. Was Viper ein wenig irritierte, war Marios Vorsicht. Der näherte sich den Kontakten des Generators nur sehr, sehr vorsichtig. Natürlich geschah nichts, als Mario beide Pole verbunden hatte. Soweit war Viper auch nicht überrascht, denn das Potentiometer war wahrscheinlich auf 0 gedreht.

»So. Der Motor hat ebenfalls eine Betriebsspannung von 200 Volt. Ich hab vorne das kleine Metallblättchen angebracht, damit wir die Drehzahl messen können. Die können wir hier auf dem Display dann ablesen.«

Nun wurde Viper neugierig. Bürstenlose Motoren stellten einen direkten Zusammenhang zwischen Drehzahl und Spannung her. Das hiess, anhand der Drehzahl konnte man, mittels den Werten des Motors, die angelegte Spannung berechnen.

»Dann drehen wir mal auf.«

Als Mario das Potentiometer bewegte, fing der Motor sofort an sich zu drehen. Offensichtlich mit so viel Drehmoment, dass es den kompletten Aufbau fast vom Tisch schoss. Das beeindruckte Viper dann schon, während Nataschas Augen immer grösser wurden.

Je weiter Mario drehte, desto höher wurde das Pfeifen, was auf eine immer höhere Drehzahl hindeutete. Auch das Display fing sofort an, hektisch die Drehzahl anzuzeigen, die wie eine Rakete nach oben schoss.

Waldemar, der bislang zu dem Versuch nichts gesagt hatte, drückte Viper ein Klemmbrett in die Hand. Wortlos, was bei ihm eigentlich darauf hindeutete, dass er sich im Recht fühlte und deshalb kein Kommentar abgeben musste. Viper nahm das Brett und schaute darauf. Es zeigte die Daten des Motors an, inklusive des Zusammenhangs zwischen Drehzahl und Spannung.

Viper verstand die Aufforderung, wartete aber ab, bis Mario das Potentiometer voll aufgedreht hatte. Erst dann las er die Drehzahl ab und fing an zu rechnen.

Gespannte Augen ruhten auf ihm. Besonders die von Natascha. Jana und Kim zeigten sich zwar auch sehr interessiert, aber weit nicht so extrem. Benjamin hingegen wartete nur mit Spannung darauf, dass Viper bestätigte, was er bereits wusste.

»Also, wenn ich nicht verlernt habe zu rechnen, komme ich auf 192 Volt. Das ist unglaublich!«

Benjamin machte einen kleinen Hopser und klatschte dabei freudig in die Hände. Das brachte ihm einen kritischen Blick von Jana ein.

»Manchmal verhältst du dich wie ein kleine Mädchen.«

Sofort blieb Benjamin wieder stehen. Doch Kim verteidigte ihn.

»Jana, wenn er, nach so einem Erfolg, wie ein Girly herum hüpft, dann lass ihn! Das ist eine bahnbrechende Entwicklung und da darf er sich auch so freuen, wie er das will.«

Auch wenn Viper sichtlich beeindruckt war, war sein Misstrauen noch nicht völlig beseitigt. Es galt ja noch herauszufinden, ob man ein solches Gerät auch in Gegenwart empfindlicher Elektronik einsetzen konnte. Kurzerhand zückte er sein Handy, aktivierte es und legte es fast auf den rotierenden Magneten. Das Gerät zeigte keinerlei Auffälligkeiten. Damit war er überzeugt.

»Ich hab es ja wirklich nicht für möglich gehalten, aber anscheinend ist es vollbracht. Wir haben einen Generator gebaut, der ohne sichtbare Energiezufuhr, oder Treibstoff eine ganze Menge an Energie liefert. Otto, grossartige Arbeit!«

Waldemar fühlte sich natürlich sofort angegriffen, da seine Mitarbeit ebenfalls für das Projekt sehr wichtig war. Doch bevor er zu einer Kritik ansetzen konnte, sprach Jana.

»Ich bin da ganz bei dir Viper. Ich hielt die Idee eigentlich auch für undurchführbar. Aber Natascha und Kim waren ja zum Glück anderer Meinung. Ben, Waldi, Mario, grossartige Arbeit. Natascha und Kim, ihr dürft euch dann jetzt überlegen, wie wir unsere Maschine damit ausrüsten.«

Da Waldemar nun namentlich erwähnt wurde, hatte er auch keinen Grund mehr zur Kritik.

»Langsam Jana! Ja, es funktioniert. Aber wir sind noch lange nicht durch. Jetzt müssen wir das Autochen damit bestücken und dann sehen, wie sich alles im Einsatz verhält. Danach, so mein Vorschlag, bauen wir was fliegendes, was wir damit betreiben können. Zum Schluss würde ich gerne einen Quadcopter bauen, der einen Piloten tragen kann. Wenn die Tests alle erfolgreich verlaufen, können wir uns Gedanken über den Einsatz in den Maschinen machen. Wobei ich persönlich zuerst deine Viper damit ausstatten würde.«

Viper nickte. Aber auch ihm war anzumerken, dass er jucken in den Fingern hatte. Nun, da der Generator ja seine Tauglichkeit bewiesen hatte, wollte er so ein Exemplar in der Viper haben.

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