Zwischenzeitlich hatte sich einer einen ganz besonderen, besten Freund ausgesucht. Benjamin. Der hatte mittlerweile Wege ersonnen, wie Lori mit ihm ganz normal über Line kommunizieren konnte. Alles, ohne das vorher mit Mario abzusprechen. Tatsächlich war Lori derart eigenständig, dass ihm dieses Kunststück ganz ohne Eingreifen seines Schöpfers gelang.
Relativ schnell entwickelte sich eine Symbiose. Benjamin hatte viele Idee im Kopf, die er aber mathematisch nicht ausdrücken konnte. Lori war eine hochgezüchtete Rechenmaschine und konnte den Missstand von Benjamin demzufolge problemlos ausgleichen. Lori hingegen war nicht wirklich gut in kreativem Denken. Dabei waren diese Parameter unveränderlich. Niemals würde Benjamin so schnell rechnen können wie Lori, niemals würde Lori so kreativ denken können wie Benjamin. Ergo, die Beiden waren ein perfektes Yin und Yang.
Während Benjamin also in seinem Bett lag, schreib er mit Lori hin und her. Alles fing mit Benjamins philosophischer Frage an, warum man denn nicht in der Zeit zurückreisen könnte. Daraufhin fragte Lori, was Zeit eigentlich sei. So kamen sie dann irgendwann zur allgemeinen Relativitätstheorie und während Benjamin noch philosophische Gedanken formulierte, hatte Lori sich bereits Informationen über diese allgemeine Relativitätstheorie besorgt und mal nebenbei die Feldgleicheichungen gelöst. Da war zwar viel Ausprobieren dabei, aber auf diese Weise lernte Lori nun einmal und das zudem noch viel, viel schneller als jeder Mensch.
Mitten im Gespräch wechselte Lori dann das Thema. Seiner Meinung nach wäre es mathematisch problemlos möglich, in der Zeit zurückzureisen. Er hätte eine Lorenz-Transformation mit zwei Bezugssystemen als Grundlage genommen und da ergab sich eindeutig, wenn die Geschwindigkeit von Bezugssystem 2 absolut Null zu Bezugssystem 2 sei, würde quasi auch die Zeit von Bezugssystem 1 stehenbleiben. Dadurch würde die Zeit von Bezugssystem 2 quasi weiterlaufen und wenn Bezugssystem 1 ebenfalls wieder beschleunigen würde, käme es in der Vergangenheit von Bezugssystem 2 heraus. Zeitdilatation in Rückwärts. So formulierte es Lori.
Das faszinierte Benjamin, denn Lori hatte eben mal so Zeit mit Bewegung gleichgesetzt. Tatsächlich war das ja auch gar nicht unlogisch. Wenn man sich immer schneller bewegte, verging auch die Zeit schneller. Dann musste das Gleiche für den umgekehrten Fall gelten. Jedoch war es eigentlich unmöglich, einen Stillstand zu erzeugen. Immer war irgendetwas in Bewegung. Lag man faul auf dem Sofa, dann drehte sich die Erde trotzdem. Die kreiste um die Sonne, die Sonne um das Zentrum der Milchstrasse und so weiter. Genau genommen müsste man ein Gerät haben, welches wirklich die Zeit messen konnte. Also keine Uhr, die nur zu festgelegten Intervallen den Zähler erhöhte, sondern wirklich ein Gerät, welches die Zeit messen konnte. Dann wäre die Anzeige Null gleichbedeutend gewesen, wie absoluter Stillstand. Da es ein solches Gerät jedoch nicht gab, waren die Theorien von Lori leider nicht beweisbar.
Aber, Benjamin hatte entdeckt, wie fruchtbar die Kommunikation mit Lori sein konnte. So stellte er eine Frage nach der anderen und Lori rechnete wild herum. Doch es ergab sich immer wieder das gleiche Problem. Egal was Lori ausrechnete und was niedergeschrieben sehr gut aussah, war nicht zu überprüfen.
So stellte Benjamin die frage, wo denn der Urknall stattgefunden haben könnte. Das konnte Lori recht simpel durch das auseinanderdriften der Galaxien ermitteln. Benjamin wollte aber wissen, wenn es zuvor kein Raum gab, wo konnte sich dann die Energie so verdichten?
Die Antwort darauf schockierte Benjamin ein wenig. Denn nachdem Lori verhältnismässig lange für eine Antwort gebraucht hatte, fand er auch dieses Mal eine. Die war spektakulär, wie Benjamin dachte.
Lori hatte gerechnet. Doch musste er dafür auch Daten haben. Doch Daten vor dem Urknall gab es ja nicht. Es war ja die Wirkung ohne Ursache. Also fing er an das Universum einfach rückwärts zu rechnen. Da jedoch sowohl seine Rechenleistung, wie auch sein Speicher begrenzt waren, erhob er nur so viele Daten, wie er auch verarbeiten konnte. Das war zwar am Ende nur ein sehr grobes Bild, sollte aber für die richtige Richtung reichen.
So kam er an den Punkt so etwa 300.000 Jahre nach dem Urknall selbst. Ab da gab es keine wirklichen Informationen mehr. Bis auf das, was zum Beispiel das plancksche Wirkungsquantum hergab. So konnte er berechnen, was die kleinste Grösse war, die grösste Hitze, also Energie usw. Das ergab dann etwas, was er in den Feldgleichungen von Einstein schon gesehen hatte. Eine Singularität. Ergo, ein schwarzes Loch.
Es war ihm jedoch nicht möglich zu ermitteln, inwiefern eine Singularität, wie man sie bei einem schwarzen Loch annahm, mit der des Urknalls übereinstimmen konnte. Doch tatsächlich gingen seine Berechnungen in den Feldgleichungen auf und ergaben das Gegenstück des schwarzen Loches. Das weisse Loch! Während ein schwarzes Loch so viel Gravitation hatte, dass nicht einmal Licht entkommen konnte, war das weisse Loch das Gegenstück. Es pustete quasi alles aus sich heraus und wenn man diesen Gedanken weiterverfolgte, war die Nummer mit der dunklen Energie auch geklärt. Das war nichts anderes als das weisse Loch im Zentrum des Universums, welches mit einer Antigravitation alles von sich weg drückte.
Wenn das schon ganz gut klang, war es dennoch nichts weiter als eine nicht beweisbare Vermutung. Ausser, Lori konnte berechnen, wie gross ein schwarzes Loch sein musste, um unser Universum zu beherbergen.
Auch da kam wieder Einstein ins Spiel. Der hatte einst den Gedankengang, wenn man die Erde mittels eines Massstab einer bestimmten Länge quer durch den Durchschnitt vermessen würde, müsste jener Massstab durch die Masse der Erde seine Länge verändern. Schlussendlich müsste also mehr Materie in der Erde stecken, als diese Volumen hat. So kam er dann ja auch auf die Krümmung der Raumzeit. Gleiches Prinzip auf die Masse des Universums angewandt und schon hatte er das Volumen, welches ein schwarzes Loch haben musste, um unser Universum aufnehmen zu können.
Mit dem Wert ging Lori schliesslich auf die Suche und siehe da, es gab viele schwarze Löcher, die durchaus genug Volumen hatten, insofern die Berechnungen stimmten, um ein Universum wie das unsere aufzunehmen.
Lori hatte das echt so lückenlos wie möglich formuliert und berechnet. Doch dummerweise, solange man nicht mal in ein schwarzes Loch hineinschauen konnte, würde es ebenso nur eine Theorie bleiben. Wenn auch eine starke.
Nach einiger Zeit wurde das Benjamin aber zu doof. Es musste doch eine Möglichkeit geben, ihre Symbiose für etwas beweisbares, nutzbringendes einzusetzen.
Die Antwort auf diese Frage lieferte dann Lori selbst. Nicht durch Berechnungen, nicht durch Überlegungen. Es war an diesem Abend schlicht die Tatsache gewesen, dass Lori weit mehr Energie verbrauchte, als über das Ladekabel in seine Akkus strömte. Tatsächlich war der Energiebedarf seiner Prozessoren, Kühlsysteme und der Gleichen erschreckend hoch.
Das brachte Benjamin jedoch auf eine Idee. Warum sollten die Beiden sich nicht einmal Gedanken machen, wie man möglichst effizient Energie gewinnen konnte. Möglichst erneuerbare.
Lori hatte da schnell eine Lösung. Kalte Fusion. Tatsächlich zeigte er mathematische Lösungen auf, wie man die Fusion von Wasserstoffatomen herbeiführen konnte, ohne dabei grosse Energiemengen in Form von Hitze zu verwenden. Es galt nur Materialien zu finden, welche die Bewegung der Moleküle beeinflussen konnte, so dass sie einfach keine Wahl mehr hatten und verschmelzen mussten.
Auch wenn die Idee bei Benjamin auf Interesse stiess, ergab sich dennoch das Problem der Radioaktivität. Also verwarfen die Beiden diesen Gedanken.
Lori kam schliesslich auf die Idee, dass Netz nach so etwas zu durchsuchen und tatsächlich fand er Videos auf MyTube, welche genau ihr Problem bereits gelöst zu haben schienen. Stichwort Permanentmagnet.
Lori fing an zu rechnen und stellte fest, wenn man eine bestimmte Anzahl Magneten in eine bestimmte Position brachte, rings um eine Nabe an der sich ein Rotor ebenfalls mit Permanentmagneten befand, so war es durchaus möglich, eine nicht endende Bewegung zu erzeugen. Trotz Reibungsverlusten. Einziges Problem war, eine sehr kleine Störung des Magnetfeldes, ein wenig zu viel Bremswirkung eines Generators und schon war die Bewegung futsch.
Die Idee gefiel den Beiden dennoch und Lori rechnete weiter. Bis er schliesslich auf eine Idee kam. Es mussten keine Permanentmagneten sein. Es würde ein starker Permanentmagnet am Rotor ausreichen. Drum herum würden sich Spulen befinden, welche durch Zuführen von Energie ebenfalls ein Magnetfeld aufbauen würde, welches man steuern konnte. Zu Beginn würde man Energie zuführen müssen. Doch ab einer bestimmten Rotationsgeschwindigkeit würde ein Generator mehr Energie erzeugen, als die Spule benötigte. Der Generator würde sich drehen, ohne Energie von aussen.