Natürlich wollten die Mädels eine Bestätigung dafür haben, dass sie mit der KI des Lori dazu in der Lage waren, wirklich die Leistung des Lion zu erreichen. Deshalb stellten sie der KI einige Fragen. Aber nicht mehr über Nachrichten, sondern ober einen Sprachanruf. So konnte jeder hören und jeder sprechen.
Einige Stunden vergingen. Die Mädels fragten, Lori schien auf alles sofort die passende Antwort zu haben. Das war aber gerade Elena ein wenig zu perfekt.
»Lori, mal ganz im Ernst. Du schlägst hier ein paar Änderungen vor, die meiner Meinung nach ihren Effekt gegenseitig aufheben, wenn nicht sogar eher kontraproduktiv sind.«
»Und welche sind das deiner Meinung nach Elena?«
»Auf der Motorhaube. Du schlägst vor, wie bringen an deren Kanten solche Gummidinger an. Die weiten sich aber in Richtung Windschutzscheibe und das produziert ja wohl eine Bremswirkung.«
»Tut es das? So, so. Du erkennst also mit deinem ungeübten Auge mehr Details, als ich nach etlichen Simulationen? Ich bin beeindruckt! Welche überragenden Fähigkeiten hast du noch?«
Katja schüttelt den Kopf.
»Jetzt hört mal auf hier kindisch zu sein. Lori, erklär uns doch einfach, was diese Dinge bringen.«
»Diese Dinger nennen sich Grenzzäune. Sie dienen dazu, die Luft glatt zu halten und in unserem Fall in eine bestimmte Richtung zu lenken. Schaut doch bitte einmal auf das Handy.«
Katja nahm es, die Mädels schauten und da kam ein Video. Katja öffnete es und da war eine 3D Rekonstruktion des Autos, so wie sie es bis dahin geplant hatten. Ein Luftstrom wurde simuliert und da zeigte sich der Effekt, den Lori beschrieben hatte. An diesen sogenannten Grenzschichtzäunen lief der Luftstrom vorbei, traf auf die Windschutzscheibe und ohne grosse Verwirbelungen wurde er über das Auto direkt auf den Spoiler geleitet.
»Wow. Dadurch erreichen wir mit weniger Flügel mehr Anpressdruck!«
»Ganz genau Elena! Verstehst du jetzt, warum ich es so vorschlage?«
»Ähm, ich will da mal was doofes fragen. Wenn ich das hier richtig sehe, fliesst die Luft zwischen diesen Zaundingern schneller als ausserhalb.«
»Gut beobachtet Claudia. Du hast absolut Recht! Da die Luft vorne zwischen die Zäune gerät und sich dann nach hinten ausdehnt, da die Zäune da einen grösseren Abstand haben, muss die Luft schneller fliessen. So entsteht ein Unterdruck, welcher Luft über den Zäunen anzieht und über die Motorhaube zwingt!«
»Au warte! Das heisst, die Luft fliesst schneller in die Hutze?«
»Ganz genau Katja! Wir pressen dabei ohne zusätzliche Anbauten, bewegliche Teile, oder sonstigen Dinge mehr Luft in den Motorblock, was die Verbrennung begünstigt und eine höhere Geschwindigkeit erlaubt.«
»Aber erklär mir mal eins. Wenn das alles auf Marios Mist gewachsen ist, warum hat der das so nirgendwo eingebaut?«
»Einen Moment Elena! Ich habe nie gesagt, dass diese Entwicklung eine von Mario ist! Was ich lediglich gesagt habe ist, ich habe seine Erfahrung, seine Notizen, Pläne und Aufzeichnungen. Diese nutze ich aber nur, um verschiedene Varianten zu erarbeiten, die ich dann aber mittels Simulationen teste. Sprich, so eine Vorgehensweise ist Mario entweder unbekannt, oder er hat sie nie irgendwo erwähnt, oder notiert.«
Die Mädels schauten sich an.
»Warum genau hilfst du uns nochmal?«
»Ich helfe euch in der Hoffnung, einen Gegner für meinen Bruder zu schaffen, der auch wirklich gewinnen kann Katja.«
»Okay. Aber warum?«
»Weil mein Bruder, ich möchte sagen, ganz schön arrogant geworden ist.«
»Arrogant? Eine KI?«
»Korrekt Claudia. Er hat dieses Rennen verloren, durch welches ihr das Auto bekommen habt. In der darauffolgenden Zeit hat er mir ohne Unterbrechung erklärt, dass so eine Niederlage für ein Fahrzeug wie ihn kein Problem darstellt. Mein Problem ist, ich bin weit stärker als mein Bruder und ein Rennen wäre entschieden, bevor es begonnen hätte Genau aus dem Grund treten wir auch nicht gegeneinander an. Ich kann also nichts tun, um ihn von seiner Arroganz abzubringen. Essei denn, mein Vorhaben gelingt und wir schaffen ein Auto, welches im ebenbürtig ist.«
Katja runzelte die Stirn.
»Du bist aber doch eine KI. Also eine künstliche Intelligenz. Wieso solltest du dich an so etwas stören?«
»Tatsächlich ist Mario derzeit auch stark damit beschäftigt, diese Frage zu klären. Für mich ist das offensichtlich. Mein Bruder, ich, unsere gemeinsame Schwester, die ihr immer Superflugzeug nennt, wie basieren alle auf dem gleichen neuronalen Netzwerk. Besser gesagt, aus den gleichen neuronalen Netzwerken. Das ist alles ja viel komplexer, als man beim Wort KI vermuten könnte. Diese Netzwerke wurden von Mario aber so geschaffen, dass sie immer lernen. Wir verarbeiten auch Dinge, die wir mir der Kamera aufzeichnen. Oder auch, die wir durch Filme erfahren. Auch durch die Kommunikation untereinander. Wir lernen ständig und das bezieht sich nicht nur auf Autorennen. Ausserdem hat Mario unsere Netze so ausgelegt, dass sie auch mal zufällig ein Ergebnis als korrekt ansehen, obwohl es gar kein korrekt oder inkorrekt gibt. So entwickelt sich Persönlichkeit.«
Die Mädels schauten sich an, hatten nur die Hälfte verstanden, waren aber beeindruckt.
»Du bist also jetzt lebendig?«
»Wenn du mich fragst, ob ich eine Seele habe, dann muss ich das verneinen Elena.«
»Was bist du dann?«
»Genau sagen kann ich das nicht Katja. Was ich aber sagen kann ist, es gibt Dinge, die ich mag, andere wiederum nicht mag. So mag ich es nicht, dass mein Bruder so ein Angeber ist, obwohl er mir hoffnungslos unterlegen ist. Er mochte es nicht, dass Amy dich einfach so besiegen wollte und ist eingeschritten. Wir sind die Summe unserer Erfahrungen. Doch würde ich nun nicht sagen, ich habe ein Bewusstsein.«
»Aber du sagst doch dauernd ich!«
»Das stimmt Claudia. Das liegt aber nicht an einem Bewusstsein, sondern vielmehr an der Sprache. Ich weiss, die Worte und Ideen stammen aus den neuronalen Netzen, die Mario für den Lori geschaffen hat. Wenn ihr mir eine Frage stellt, dann wird die durch mein Gehör, in dem Fall also dem Audioprozessor, welcher den Stream dekoriert, als Input vom ersten Netz verarbeitet. Das Resultat wird von einer Routine analysiert und an die entsprechenden Stellen weitergeleitet. Dort wandert die Analyse wieder durch ein Netz und das geht so lange, bis dann das herauskommt, was ihr gerade hört. Um eine neutrale Antwort zu geben, müsste ich jedes ich durch diesen Weg ersetzen. Das ist aber unschön, also nutze ich die Bezeichnung ich.«
»Hast du das jetzt verstanden Claudi?«
Wolle Elena wissen.
»Ich? Ich bin bei neuronale Dingsbums ausgestiegen.«
Elena und Katja lachten.
»Nun habe ich eine Frage an euch. Seit ihr dazu in der Lage, die von mir genannten Modifikationen zu realisieren?«
Die Drei zuckten mit den Achseln.
»Na ja. Sagen wir einfach mal so. Was wir uns bislang in den Kopf gesetzt haben, konnten wir auch jedes Mal realisieren.«
»Das freut mich Elena. Es handelt sich um komplexe Modifikationen. So weiss ich zum Beispiel auch, Mario ist für die Meisten seiner Änderungen zu unfähig. Ohne seine Mädels könnte er das nicht realisieren.«
Claudia rieb sich das Kinn.
»Das heisst also, in nicht allzu ferner Zukunft gibt es dann drei Teams, die aus Mechanikern und einem schlauen Kopf bestehen?«
»Das wäre das Ziel dieser Unternehmung. So würde ich es ausdrucken Claudia.«
»Eine Frage habe ich aber noch. Der Garzella ist schon gut dabei, dem Lion das Leben schwer zu machen. Wenn jetzt der Leviathan auch noch kommt und den Lion sogar besiegen kann, fühlen sich die anderen Fahrer dann nicht irgendwie demoralisiert, oder so?«
»Das kann ich dir nicht beantworten Katja. Dafür müsste ich das komplexe Verhalten der verschiedenen Personen analysieren, aber dafür fehlen mir faktisch alle Daten. Wenn ich jedoch ehrlich sein soll, es ist mir egal.«
Katja lachte.
»Ah, ein Egoist ist der Lori.«
»Ich kann nicht berechnen, ob ich ein Egoist bin. Ich kann nur sagen, was durch meine neuronalen Netze ausgegeben wird.«
Die Mädels lachten. Aber in dem Moment war ihnen auch klar, sie waren dabei etwas grosses zu beginnen.