Janine mal anders

Der neue Tag brach an und natürlich war Janine mit die Erste, die sich draussen zeigte. Es war noch sehr früh und sie wusste genau, jetzt einen der anderen wecken würde in Mord und Totschlag enden. Rebekka war ebenfalls wach und natürlich sass auch Waldemar, der seinen Tagesrhythmus nicht einfach ablehnen konnte schon draussen und versuchte zu frühstücken.

Irgendwas war bei Janine jedoch anders als sonst. Der Campingplatz lag am Fuss eines Berges und Janine hatte den unwiderstehliche dran, diesen besteigen zu wollen. Wobei es da weniger um Klettern ging, da es, so wie es auf jeden Fall aussah, da auch Strassen nach oben gab. Zwischen den Bäumen, irgendwo auf halber Höhe, zeigte sich ein Kirchturm und dort wollte Janine hin.

»Hat jemand Lust zu wandern?«

Waldemar schaute nur kurz auf, senkte dann jedoch wieder kommentarlos den Blick.

»Zum See vielleicht, ein bisschen am Strand bummeln.«

»Ich meinte jetzt eher da den Berg hoch Rebekka.«

Rebekka folgte Janines ausgestreckter Hand.

»Den Berg hoch? Wie alt sehe ich aus? Nee du, da kriegst du mich nicht hoch. Mit dem Roller vielleicht, aber wandern? Keine Chance.«

Diese Aussage kam für Janine nicht unerwartet und sie kümmerte sich nicht weiter drum. Schnell verschwand sie wieder im Wohnmobil und zog sich um. Knielanger, weiter Rock, Turnschuhe, bauchfreies Oberteil und die Haare schnell zu einem französischen Zopf geflochten, damit die nicht nervten. Als sie fertig war fragte sie sich, ob sie vielleicht Claudia wecken sollte. Die wäre, aufgrund der Frisur, sicherlich sofort überall mit ihr hingegangen. Doch nein, Claudia war ja ebenfalls ein Langschläfer, von daher wollte sie da nicht stören.

Der Marsch begann. Dafür musste sie jedoch zuerst über die an den Campingplatz angrenzende Strasse, was ganz offensichtlich gar nicht so einfach war, bei dem herrschenden Verkehr. Da schien niemand Rücksicht zu nehmen. Die heizten einfach durch die Gegend, egal mit welchem Gefährt. Janine fand jedoch eine Lücke, schlüpfte hindurch und eilte davon.

20 Minuten und ein gutes Stück auf dem Berg blieb Janine stehen und schaute sich um. Bäume, eine Strasse, was genau wollte sie hier eigentlich? In Deutschland gab es auch Bäume und da hatte sie noch nie daran gedachte, diese nach oben laufen zu wollen. Es war zwar schön warm, aber nicht heiss und der Weg auch nicht beschwerlich. Doch hier gab es nichts, was die Anstrengung gerechtfertigt hätte. Nun, vielleicht ja oben, wo dieser Kirchturm zu sehen war.

Wieder runde 20 Minuten später sah sie dann, wo der Fluss, der unten in den See mündete, eigentlich herkam. Vom Berg natürlich und wie man hier sehen konnte, war er nicht so harmlos, wie unten am See. Die Wassermassen bewegten sich schnell und nicht gerade aus. Viele Stromschnellen waren zu sehen und dann fiel Janine eine Brücke auf. Aus Metall und da die Strasse daraufhin führte, schien sie auch in Betrieb zu sein. Soweit nicht spektakulär, doch von da aus den Fluss zu beobachten, hatte doch seinen Reiz.

Janine erreichte den Punkt, an dem sie umdrehen wollte. Rebekka hatte eigentlich vollkommen Recht. Warum laufen? Das war so unnütz! Sie hätte sich einfach einen Roller nehmen und den Berg nach oben fahren sollen. Die spätere Erkundung der Kirche, oder was da zu finden war, hätte sie dann ja ohne Fahrzeug erledigen können.

Doch so stark der Wunsch zur Umkehr auf war, Janine fürchtete, wenn sie mit dem Rolle erneut herkommen würde, wären es nur noch ein paar Schritte bis zum Ziel gewesen. Also ging es weiter.

Dann war sie da. Ein echtes Wunder, denn wäre sie auf der Strasse geblieben, hätte sie die Kirche niemals gefunden. Die Strasse führte unbeirrt weiter nach oben, doch Janine war sich sicher, auf der richtigen Höhe zu sein. Da gab es auch noch einen alten, zugewucherten Weg und der musste eigentlich, wenn ihre Orientierung nicht zu schlecht war, genau zum See führen. Also in Richtung Kirchturm.

Sie behielt Recht. Nach relativ kurzer Strecke endeten die Bäume und da war die Kirche. Nicht nur eine Kirche, hier schien es ein ganzes Dorf zu geben. Mehrere Häuser, Wege, ja sogar ein Marktplatz. Nur, hier schien niemand mehr zu wohnen. Also ein Geisterdorf von dem Janine augenblicklich fasziniert war. Sie hatte schon oft daran gedacht, einen verlassenen Ort zu kaufen und dort, zumindest zeitweilig, wohnhaft zu werden. Sie wusste zwar nicht warum, aber der Gedanke war ein ständiger Begleiter gewesen und dieses Dorf mit dieser Aussicht schrie quasi danach.

Ja, die Aussicht. Am Rand des Dorfes gab es eine Mauer, von der aus man den See und ein Stück des Umlands sehen konnte. Absolut traumhaft, doch nicht ganz ungefährlich. Dabei bestand die Gefahr nicht in einem Absturz, sondern in dem, was hinter Janine da auftauchte.

Erschrocken drehte sich Janine um, als sie jemand sprechen hörte. Was sie sah, gefiel ihr gar nicht. Drei Kerle und die schienen nicht nach der Uhrzeit fragen zu wollen. Janine sah eine schwere Kette bei dem Einen, ein riesiges Messer bei dem Anderen und der Dritte hatte sogar eine Waffe am Gürtel. Bescheidene Situation.

Janine lotete ihre Möglichkeiten aus. Direkt zurück ging nicht, dafür hätte sie durch die durch müssen. Nach Rechts war auch keine Option, da schien die Mauer nur zu einem Haus zu führen. Also nach links, auch wenn Janine nicht ermitteln konnte, wie weit sie dort kam. Aber, vielleicht täuschte der erste Eindruck ja auch! Vielleicht waren die ja in Ordnung?

»Versteht ihr mich?«

Der mit der Kette kam näher.

»Ja, verstehen dich. Aber ist egal! Wenn wir fertig sind, du zwei Meter unter Erde im Wald! Niemand dich finden!«

Okay, die waren wohl doch finster drauf! Janine hatte nur die Wahl, so schnell es ging das Weite zu suchen.

Als sie loslief, waren die Kerle natürlich sofort hinter ihr. Hier war es sehr still, so dass sie die Schritte hinter sich gut hören konnte. Sie war eindeutig schneller, was sie etwas Hoffnung schöpfen liess. Vielleicht kam sie doch noch aus dieser Situation heraus. Wenn sie zurück war, musste sie dringend mal ein Wörtchen mit Pascal reden.

Doch der Weg endete. Links war die Mauer und da ging es abwärts. Auch vor ihr war eine Mauer, nur warum? Dahinter war doch Wald! Rechts von ihr ein Haus, doch da gab es nur ein kleines Fenster, keine Tür. Die Kerle hatten ihr dabei schon die Möglichkeit, einen anderen Weg einzuschlagen, genommen.

»Nicht wegrennen. Verlängert nur die Zeit, bis du es hinter dir hast!«

Janine fand das gar nicht lustig. Beherzt lief sie ein Stück auf die Kerle zu und Sprang in Richtung Mauer. Doch nicht, um darüber zu springen. Nein, sie trat auf die Kante, drückte sich ab und segelte, was sie selbst für ein kleines Wunder hielt, genau durch das Fenster. Was ein Glück, dass es nicht verglast war.

Janine nahm sofort wieder die Beine in die Hand, fand die Tür und rannte hindurch. Welcher Vollpfosten hatte diese Häuser eigentlich gebaut? Sie stand wieder auf einem Weg. Links eine Mauer, vor ihr ein Haus ohne Zugang und der Weg nach Rechts endete in den drei  Typen. Ins Haus zurück war auch keine Option, da gab es keinen anderen Weg hinaus. Janine musste sich eingestehen, dass sie keine Wahl hatte. Sie blieb resignierend stehen.

Der mit der Kette kam näher.

»So, jetzt dich verhalten ruhig, dann gleich vorbei.«

Er griff nach Janines Brüsten, doch sie schlug seine Hand einfach weg. Der Kerl wurde augenblicklich wütend, holte aus und Schlug Janine ins Gesicht, während sie den Blick noch gesenkt hatte. Nun, er versuchte es zumindest, denn sein Arm kam nur bis zu Janines Hand, die ihn aufhielt. Janine hob den Blick.

»Ihr habt da etwas falsch verstanden! Ich bin nicht geflohen, weil ihr mir etwas antun wollt. Ich bin geflohen, um euch nichts antun zu müssen!«

Von da an ging alles sehr schnell. Janine rammte dem Typ das Knie in den Magen, der krümmte sich und bekam einen heftigen Schlag ins Genick. Bevor er jedoch auf den Boden sank, nahm ihn Janine noch als Sprungbrett, stiess sich auf ihm ab, machte einen halben Handstand mit Drehung auf den Schultern des Kerls mit der Pistole und nahm den Schwung mit, um ihm ihr Knie mit Gewalt in den Rücken zu rammen. Nummer Drei hatte mittlerweile sein Messer gezogen und ging auf Janine los. Er versuchte auf sie einzustechen, doch endete das Manöver damit, dass Janine sein Handgelenk packte, fest nach unten drückte und das Messer auf den Boden fiel.

Janine hielt sein Handgelenk noch fest, als sie ihm mit einem gewaltigen Tritt an am Kopf treffen wollte. Doch wie auch immer, er schien es geahnt zu haben und fing ihr Bein einfach aus. Janine liess los und genau in dem Moment versuchte der Typ sie zu schlagen. Janine warf ihren Oberkörper nach hinten, um dem Schlag auszuweichen. Das brachte sie auf eine Idee. Sie nahm den Schwung, stiess sich von Boden ab und machte einen Salto rückwärts, was mit ihrem Fuss an seinem Kinn endete. So schlief auch Nummer Drei!

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4 Kommentare

  1. Schön das es weiter geht mit den Wohngemeinschaften das habe ich instinktiv gehofft und es ist eingetreten, super.

    Ich finde es gut das du gezeigt hast das schöne, ruhige Orte doch einen bösen Touch bekommen wenn da finstere Mächte lauern wie diese Typen, nur gut das die sich mit der falschen Person eingelassen haben, unsere Janine ist eine wahre Heldin und man muss sie einfach gerne haben.

    Mach bitte so weiter, danke.

    LG
    Maia

    1. Janine hat sich schon mit einer Terrorzelle angelegt. Drei so Gestalten sind da wirklich keiner Herausforderung. Warte mal Mittwoch ab.

      1. Ich bm schon sehr gespannt auf Mittwoch,
        Ansonsten hast du recbt, die hat schon einiges hinter sich und da sollte man meinen drei Gestalten sind keine Herausforderung, nur sollte man auch keinen unterschätzen diese Gefahr besteht ja immer.

        LG
        Maia

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