Junggesellenabschied (Teil 4)

Tatsächlich, auch Mario ging nach ein paar Minuten wieder nach hinten und Aisha schaute wieder genauso unbeeindruckt aus dem Fenster, wie die ganze Zeit. Perry fand das total irre. Sie hatten gerade quasi zwei ihrer vier Triebwerke verloren und niemand störte sich daran.

Bei den Mädels stand Maniküre auf dem Plan. Gerade Amy fragte sich dabei die ganze Zeit, warum Frauen das immer wieder freiwillig mitmachten. So einer Tussi die Hände hinhalten, während die dann anfing zu feilen, zu polieren, irgendetwas drauf zu pinseln und so. War das so öde! Klar, auch Amy mochte schöne Fingernägel an sich, aber das war in der Regel mit etwas Nagellack im Handumdrehen erledigt. Hier eine gute Stunde sich den Hintern platt sitzen, Geld ausgeben für etwas, was dann am Ende wohl gar nicht so viel besser aussah? Zeitverschwendung. Hätte man dabei wenigstens liegen und schlafen können, wäre es wohl doch irgendwie noch zu Amys Lieblingsbeschäftigung geworden, aber so?

Claudia hatte ganz ähnliche Gedanken. Sie war allerdings nicht das erste Mal bei einer sogenannten Nagelfee und wusste auch um die Vorteile. Die fanden sich nicht im Lack an sich, sondern in dem Gel, was da aufgepinselt wurde. Das machte die Nägel dicker und wenn die Nägel dann noch schon rund geschliffen wurden, konnte man Kerle damit richtig wahnsinnig machen. Nur eben, warum musste das so lange dauern?

Elena hingegen dachte die ganze Zeit an Katja. Warum konnte sie nicht auch diese Geilheit verspüren, wenn sie sich als Bitch sah? Das wäre doch in dem Fall geradezu praktisch gewesen. Sie liess sich die Fingernägel machen und dachte dabei daran, ob es die Kerle bei Handarbeit vielleicht mehr erregen würde, als sonst. Aber nein, Elena wurde dadurch nicht erregt. Genau genommen ging ihr sogar der Spass etwas verloren, denn sie dachte auch an Waldemar und das es für den komplett egal war, ob da jetzt Nagellack auf ihren Nägeln war, oder nicht. Unter Umständen konnte sie ihn davon überzeugen, daraus wieder ein Experiment zu machen. Aber war es das, was sie wollte? Sich immer erst ein sexuelles Experiment ausdenken müssen, um Waldemar für Intimitäten zu begeistern? Ach, wäre sie doch nur mehr wie Katja in der Hinsicht gewesen, dann hätten sie diese Gedanken wahrscheinlich weit mehr erregt.

Für Rebekka war die ganze Geschichte eigentlich nur ein Grund, sich mal richtig zu entspannen. Im Vergleich zu Amy hatte sie keine Probleme damit, auch in sitzender Haltung ihre Glieder so weit zu entspannen, dass sie sich wirklich ausruhen konnte. Ausserdem war es auch gar nicht so unangenehm, was die Dame da an ihren Händen machte. Teilweise trug die Behandlung sogar zur Entspannung bei, aber wirklich nur teilweise.

Die gesteigerte Variante war dann Alexis. Sie war in dem Laden bekannt und wusste schon ganz genau, wie sie sich setzen musste. Ihren Nacken legte sie einfach über die Rückenlehne ihres Sitzes, schloss die Augen und genoss. Auch wenn sie nicht wirklich einschlief, so ein bisschen in Dämmerzustand brachte sie es. Da war ja so viel, was in ihrem Kopf herumspukte. Jerry. Einen Mann, den sie ohne Amy wohl niemals kennengelernt hätte. Oder? Damals wollte Markus im Hot-Shots auftauchen um zu demonstrieren, dass er trotz des Erfolges noch ein ganz normaler Mann geblieben war. Hicks hatte Amy zu ihm geschickt, da er im Vorfeld ein paar Dinge geklärt haben wollte. Wäre aber Amy nicht gewesen, hätte Hicks dann sie zu Markus geschickt? Wie wäre es dann ausgegangen? Damals war Markus ja noch extrem auf seinen Filmen hängengeblieben und spielte mit Amy ja den Dreiteiler nach, da mit den Grau-Schattierungen. Alexis war in der Zeit aber noch relativ zurückhaltend und die Frage, ob sie überhaupt auf Markus eingegangen wäre, konnte sie so gar nicht beantworten. Also, auch in dem Fall wäre es unwahrscheinlich gewesen, dass sie Jerry kennengelernt hätte.

Das war schon irre. Die Sache mit dem Schmetterlings-Effekt schien gar nicht so weit hergeholt. Hätte Amy dieses Spiel nicht gespielt und verloren, wäre sie nie nach Amerika gekommen, zumindest nicht für ein ganzes Jahr. Alternativ konnte man noch weiter zurückgehen. Wäre Amy nicht mit Phillip nach Neunburg gezogen, hätte sie auch niemals Pascal kennengelernt und der hätte ihr nicht ein Jahr Amerika aufbrummen können. Ziemlich krass, wenn man sich das mal so überlegte. Eine einzige Entscheidung hatte damals schon den Grundstein gelegt, dass Alexis nun hier sass und sich für ihren Junggesellenabschied die Nägel machen liess. Ein Ereignis, was Jahre zurück lag und 5.000 Km von hier entfernt lag. Kaum zu glauben, was da für eine Kette von Ereignissen hatte eintreten müssen, damit sie nun glücklich werden konnte. Jede noch so kleine Abweichung hätte das alles zu Nichte machen können. Beispielsweise hätte Amy sich nicht mit Rebekka wieder zusammenraufen können. Oder, Amy wäre bei ihrer Wanderungen durch Neunburg einen anderen Weg gelaufen und nicht an Pascals Erotic-Sorte vorbeigekommen. Sie hätte sich auch von Phillip trennen können, als damals dieser eine Streit war. Aber nein, ein Ereignis griff in das Andere und das hatte ihr Leben nachhaltig verändert.

Am Meisten Spass hatte natürlich Janine. Während die anderen Mädels allesamt einfarbige Nägel wollten, wollte Janine knalliges Pink und darauf mussten verschiedene Emoticons gemalt werden. Gemalt, oder aufgeklebt. Wichtig war ihr nur, dass sie mit ihren Fingern eine Emotion ausdrücken konnte. Der Plan war, sie würde irgendetwas sagen und wie bei einer Nachricht über das Netz am Ende einen Finger hochhalten, damit man das Emoticon sehen konnte. Janine eben, sie war doch ein richtiges Girly, ganz anders als ihre Freundinnen.

Claudia hatte dann noch einen anderen Gedanken. Von hier aus ging es zum Juwelier. Das war soweit ja noch vertretbar. Aber, danach ging es zum Frisör und das nicht zum Haareschneiden. Alexis, Amy und Janine hatten sich schon darüber unterhalten und was die Frisuren wollte, Claudia hatte schon richtig Angst wegen dem Fetisch, der immer schlimmere Formen bei ihr annahm. Würde sie das überstehen, oder würden ihre Emotionen etwas aus ihr machen, was sie so gar nicht wollte? Sie wusste sehr genau, wenn die richtigen Hormone im Spiel waren, dann setzte der Verstand einfach aus. Würde es in dem Fall so weit kommen?

Unmöglich war das natürlich nicht und da gab es noch ein Problem, von dem sie noch gar nichts wusste. Janine wollte es nämlich genau darauf anlegen! Donald war nicht da, sie hatte Claudia also ganz für sich alleine und das würde sie natürlich nutzen. Vielleicht würde sie am Abend ja einen Kerl dazu kriegen, sie von hinten zu nehmen, während sie auf Claudia lag und sie küsste? Zum Beispiel! Vieles konnte sie sich vorstellen und vieles gefiel ihr schon, nur wenn sie daran dachte.

Da die arme Claudia davon aber nichts wusste, blieb sie bei der Frage, wie würde sie abgehen, wenn die Mädels fertig frisiert waren und wären die Frisuren es bis zum Abend schaffen? Wo zur Hölle kam das denn eigentlich nur her? So oft war sie schon in verfängliche Situationen mit ihren Mädels geraten und auch wenn da die Haare hochgesteckt waren hatte sie nie Lust. Dann kam Amy und alles war anders? Auf einmal fühlte sie sich von einer anderen Frau so stark hingezogen, dass sie sogar an Liebe dachte?

Das war doch alles unlogisch! Es bliebe aber auch die Frage, was wäre denn gewesen, wenn sie sich für eine andere Wohnung entschieden hätten? Wenn sie nicht Donald, Perry und Waldemar kennengelernt hätten? Ihr Leben würde wohl immer noch nur aus Veranstaltungen, viel Sex und Spass bestehen. Gut, nicht viel anders als jetzt auch, nur dass sie und Katja feste Freunde hatten und sich dadurch noch weitere Menschen in ihr Leben geschlichen hatten, die quasi zur Familie geworden waren.

Claudia kam da etwas in den Sinn. Ein Gespräch, was sie mit ihrem Vater geführt hatte, schon einige Jahre zuvor. Es gab Streit zuhause, denn Claudia war für ihr Alter unglaublich aktiv in Sachen Sex, was ihrer Mutter so gar nicht gefiel. Gleich aus mehreren Gründen. Zum Einen hatte sie natürlich Angst, dass ihre Tochter krank werden würde. Dann machte sie sich sorgen, schon so früh Oma zu werden. Im Prinzip störte sie das nicht. Geld war genug da und auch an Platz und Zeit mangelte es nicht. Es wäre also nicht weiter tragisch gewesen und Claudia hätte dadurch nicht auf ihre Jugend verzichten müssen. Doch wie hätte es sich auf ihren Ruf ausgewirkt? Der war ihr so heilig, dass man es eigentlich nicht beschreiben konnte.

Nach eines Streites kam ihr Vater zu ihr und meinte, auch wenn er sich ebenfalls Sorgen um sie machen würde, er wüsste genau, dass sie ihren Weg finden würde. Als guten Rat gab er ihr mit, egal wie schön es im Leben war, oder egal wie schlimm es schien, es käme immer dieser eine Tag, der alles verändern konnte. Sie hatte ihn erlebt. Dieser eine Tag, an dem sie in die neue Wohnung gezogen waren und sich schlagartig alles zu verändern schien.

Eben gab es nur sie, Katja und Elena. Alles andere spielte nur ein untergeordnete Rolle. Dann kamen aber Donald, Perry und Waldemar. Auf einmal war da auch noch Veronika und dann Amy mit ihren Leuten. Nun sass sie in New Apple, bekam die Fingernägel gemacht, um an einem Junggesellenabschied teilzunehmen, obwohl sie die betreffende Person kaum kannte. Absolut irre, die ganze Nummer!

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