Junggesellenabschied (Teil 3)

»Da bin ich mir sehr sicher. Dennoch denke ich, du hast im Bezug auf das Flugzeug mehr im Kopf als er.«

»Kann sein, aber da darf man jetzt keinen zu grossen Wert drauf legen, denn ich bin spezifisch in diesem Fach. Mario kann eigentlich echt alles. Was der sich in den Kopf setzt, kann er auch umsetzen. Er hat ja auch mal mit Phillip zusammen ein Computerspiel programmiert, welches echt erfolgreich war. Kein Überflieger, aber die Zahlen sprechen für sich.«

»Das kenne ich sogar. Meine Freunde und ich haben das gespielt.«

»Siehst du? Ich kann so ein Flugzeug planen. Mehr nicht. Ja gut, ich kann auch eine Kneipe führen und fliegen, aber Mario lernt in Windeseile eine neue Fähigkeit, was ich nicht kann.«

Perry lehnte sich ein wenig zur Seite, um nach oben schauen zu können.

»Kannst du nicht was bauen, damit man da hoch fliegen kann?«

»Klar kann ich!«

Aisha beantwortete die Frage, als wäre es das normalste auf der Welt. So ein Flug ins All wäre was total banales, wie über eine umgefahrene Strasse zu gehen.

»Echt jetzt?«

»Ja. Das war sogar als erweiterte Stufe für den Vogel hier gedacht. Zwei fette Booster oben neben das Leitwerk. Erst maximale Geschwindigkeit mit den konventionellen Triebwerken auch maximale Höhe, dann Booster zünden und auf Fluchtgeschwindigkeit beschleunigen.«

Perry war total verwirrt und aufgeregt.

»Also könnte man aus dem Ding wirklich ein Raumschiff bauen?«

»Nein. Wie gesagt, es war als erweiterte Stufe gedacht. Die Planung war aber noch ganz, ganz am Anfang. Die Theorie, wie man das Ding ins All kriegen könnte, hatten wir zwar schon soweit erarbeitet, aber weder wäre das Teil da oben steuerbar gewesen, noch hätten wir eine Möglichkeit für den Wiedereintritt gehabt. Also wenn du wirklich da hoch fliegen willst, musst du dir was anderes überlegen.«

Perry fand diese Aussage tatsächlich irgendwie traurig. Der Gedanke, mit so einer Maschine die Grenze zum All zu überwinden, ohne vorher auf eine Rakete geschnallt werden zu müssen, war wirklich verlockend und ein Trip ins All ein Wunschtraum von ihm. Doch wenn es nicht ging, dann ging es eben nicht.

»Sehr schade. Ich dachte schon, du könntest mich da glücklich machen!«

»Nein, mein Freund. Aber dafür brauchst du mich doch auch nicht. Mit der Freundin müsstest du doch eigentlich die ganze Zeit zwischen den Sternen schweben.«

Perry drehte sich um, als hätte er damit Katja sehen können.

»Ja, da hast du natürlich Recht. Katja ist etwas ganz besonderes. Die erste Frau, die sich wirklich für mich interessiert hat.«

Aisha schaute verständnislos zu Perry rüber.

»Seit ihr schon so lange zusammen?«

»Was heisst lange? Ein paar Monate jetzt.«

Aishas Blick wurde immer verständnisloser.

»Moment. Ihr seit erst ein paar Monate zusammen und sie ist die Erste, die sich für dich interessiert?«

»Ja. Sag ich doch.«

»Verstehe ich nicht.«

»Komisch, habe ich schon öfters gehört. Bis ich die Mädels dann ficke, dann verstehen sie es.«

»Jetzt warte mal, ganz langsam bitte. Katja ist deine Erste?«

»Ja.«

»Vorher hat sich keine für dich interessiert?«

»Richtig.«

»Du bist doch ein netter Kerl!«

Perry lachte.

»Ja. Ich bin nett, lieb, zuvorkommend und das alles verpackt in ein optisch unterdurchschnittliches Paket.«

Aisha lachte laut auf.

»Findest du das witzig Aisha?«

»Ja. Schon. Gut, du bist kein Viper, da muss ich gar nichts sagen. Du bist auch kein Derrick. Aber nichts desto weniger ist an dir nichts schlimmes. Dein Charakter ist ja auch okay, folglich müsste da doch was gehen.«

»Das siehst du so. Dummerweise war Katja die Erste, die das auch so gesehen hat. Mit ein Grund, warum ich sie niemals hergeben würde.«

»Du wirst sie auch nicht loswerden können. Ich hab mich ja mit ihr unterhalten und leck mich, wie die von dir redet, da werde ich voll neidisch, dass ich keinen Freund wie dich hab.«

»Was ist eigentlich mit dir? Du bist Single?«

»Perry, wenn man eine Ehe hinter sich hat, so wie ich, dann hat man auf so etwas keinen Bock mehr, glaub mir das. Alleine der Gedanke, dass ich mich an jemand binde und Kompromisse eingehen muss, schnürt mir komplett die Luft ab.«

»Aber Sex hast du, oder?«

»Fragt man so etwas eine Frau?«

Perry zog eine Augenbraue hoch.

»Ja, tut man! Da war was von wegen Gleichberechtigung und so ein Zeug!«

»Ja, okay, überredet. Also, klar hab ich Sex. Alleine wenn Derrick will muss ich ja. Da hat man als Frau ja keine Wahl.«

In dem Moment ertönte ein Signal. Aisha fing an, konzentriert vor sich die Anzeigen zu prüfen. Dann schaute sie nach oben auf die ganzen Schalter. Schliesslich nahm sie sich ein Handmikrofon.

»Mario, komm mal bitte!«

»Stimmt was nicht?«

»Das kann ich dir noch nicht genau sagen. Ich hab hier eine Warnmeldung, kann aber den Grund dafür nicht finden. Da muss Mario schauen.«

Der kam auch einige Sekunden später ins Cockpit.

»Wo drückt denn der Schuh?«

»Sag du es mir! Ich hab hier eine Warnmeldung, finde aber die Ursache von hier aus nicht.«

Mario setzte sich auf seinen Platz, bediente ein paar Schalter und dann hörte Perry nichts mehr. Um Mario zu beobachten hätte er sich auch komplett umdrehen müssen, was ihm zu stressig war.

»Was ist das denn? Triebwerk eins läuft sehr unruhig. Vibrationen hart an der Grenze.«

»Kannst du eine Diagnose machen?«

»Ja, klar. Bin schon dabei.«

Perry bekam ein merkwürdiges Gefühl in die Magengegend.

»Soll ich vielleicht lieber nach hinten gehen und Viper rufen?«

»Nö. Warum denn? Ich hab den Vogel genauso unter Kontrolle wie Viper und Mario sitzt schon auf seinem Platz.«

»Ich mein ja nur.«

Perry versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass ihm ganz schön der Stift ging.

»Die Diagnose kann keinen Fehler erkennen. Gibt viele Gründe für die Meldung. Unter Umständen ist es nur ein gebrochener Schwingungsdämpfer, oder so.«

»Abschalten?«

»Würde ich raten, ja. In Las Vargas machen wir auf und schauen mal rein.«

»Na gut. Gehe in den Leerlauf.«

Aisha zog gleichzeitig die äusseren Schubkraftregler zurück. Augenblicklich bewegten sich die Inneren weit nach vorne.

»Gut, kannst abschalten.«

Einen Augenblick später hörte Perry hinter und über sich etwas klicken und die Geräusche des Flugzeugs veränderten sich. Es dauerte nicht lange, da klopfte es an der Tür und Mario öffnete.

»Warum stellt ihr hier Triebwerke ab?«

»Weil in der Eins seltsame Schwingungen sind Viper.«

»Schlimm Mario?«

»Denke nicht. Muss ja aber nicht erst schlimm werden, oder? In Las Vargas gucke ich mir das mal genau an.«

»Also kein Problem?«

»Nee. Wir haben eins und vier abgeschaltet. Bei der Geschwindigkeit war es eigentlich eh blöd, alle vier Triebwerke laufen zu haben.«

»Gut, dann geh ich weiter düsen.«

Damit ging er wieder.

»Ist das wirklich so banal mit den Triebwerken?«

»Ei klar Perry. Mit einem Triebwerk schafft das Baby sogar noch Überschall. Alles im grünen Bereich. Überleg doch mal, wir sind über Festland. Überall hier sind Flugplätze um uns herum. Zur Not parken wir da irgendwo.«

Das beruhigte Perry in der Tat. Er fand es aber auch beeindruckend, dass hier ein Triebwerk die Grätsche machte und sich keiner daran störte. Mal schnell zwei Antriebe abgestellt und Viper ging weiterschlafen. Offensichtlich war das Flugzeug ein absolute Überding. Jeder Zweifel schien einfach an ihm abzuprallen, was in der Tat ein wirklich tolles Gefühl in ihm hervorrief.

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