Erstes Zusammentreffen

Krieger liess die Megaclite weit weg fliegen. Mit ihrem nun voll funktionsfähigen Antrieb waren sie so weit vom Raum der Brass und Thori entfernt, dass sie über Jahre keine Sorgen haben mussten, von einem der beiden Parteien gestellt werden zu können. Für Krieger reichte das aus, um ein erstes Zusammentreffen herbeizuführen.

»Steuermann, ich denke, wir sind weit genug. Alles stoppen! Suchen sie uns einen Eck, wo wir absolut ungestört sind!«

»Hier? Im Umkreis von fast zehn Lichtjahren sind wir ungestört. Ganz ehrlich? Ich habe noch nie so viel Nichts gesehen, wie hier!«

»Sehr gut. Nu … Tiffany, sie übernehmen das Kommando. Barry, sie lassen die beiden Oberhäupter in den Konferenzraum bringen. Nur die Beiden! Ich will ausser ihnen niemand sonst dort drin sehen!«

Wenige Minuten später sass Krieger schon im Konferenzraum und wartete. Die Tür öffnete sich und der Älteste trat herein.

»Kapitän. Darf ich mich setzen?«

»Aber natürlich Ältester! Bitte zu meiner Linken!«

Bereitwillig kam der Älteste der Bitte nach und setzte sich an das aus Kriegers Sicht linke Ende des Tisches. Er sass noch nicht ganz, da öffnete sich erneut die Tür. Der Anführer der Thori musste jedoch etwas unsanfter in den Raum geschubst werden. Er drehte sich auch sofort um und versuchte wieder zu gehen, doch die Türen waren schon geschlossen und öffneten sich auch nicht mehr. Langsam drehte er sich um.

»Ist das ihr Plan? Wollen sie Beide mich nun dazu zwingen, den Brass entgegenzukommen?«

»Hören sie, setzten sie sich bitte. Ich zwinge niemanden zu etwas. Nun, doch schon. Sie sind gezwungener Massen hier. Aber ausser ihre Anwesenheit zwinge ich sie zu nichts. Ich will nur eins. Suchen sie Beide den Dialog!«

»Ich? Mit einem Brass? Sie haben Sinn für Humor, muss man ihnen lassen!«

»Haben sie eine andere Wahl? Es ist richtig. Sie sind hier, weil ich das so will und ich bringe sie auch erst dann wieder zurück, wenn sie Beide sich ausgetauscht haben. Keine Ahnung, wo es hinführt, aber ohne Dialog bleiben sie erst einmal hier!«

»Dann bleibe ich eben hier! Was spielt das denn für eine Rolle? In ein paar Tagen wird mein Nachfolger bestimmt. Dann ist es egal, wie lange sie mich hierbehalten! Es wird sich nichts ändern!«

Krieger fand das Machtspielchen mal so richtig dumm. Er lehnte dich zurück, verschränkte die Arme und setzte einen finsteren Blick auf.

»Hören sie mir mal gut zu! Ich habe den Brass versprochen, die Vorhersagen zu erfüllen und sie aus dem Schatten ins Licht zu führen. Anfangs war ich noch der Meinung, die Thori wären blutrünstig und habe deshalb mit der Eroberung begonnen. Meine Einstellung hat sich jedoch geändert und auch das Ansehen der Brass hat gelitten. Ich habe SchlaHa besucht und auch wenn dort wirklich nur freiwillige Opferungen stattfinden, ich finde es nicht gut. Deshalb möchte ich mein Versprechen so schnell es geht erfüllen. Der schnellste Weg ist, ihr Beiden werdet euch irgendwie einig. Dann habe ich mein Versprechen gehalten und kann verduften. Klappt das nicht, ist die Alternative klar! Dann werde ich die Megaclite einsetzten und dafür sorgen, dass die Brass die gleiche Macht bekommen wie die Thori. Hier und jetzt entscheidet sich, welcher Weg es sein wird und sie haben gesehen. Selbst ihre Heimatwelt mit den vielen Waffenstationen und Raumschiffen ist für die Megaclite keine Herausforderung! Ich hätte auch die ganze Regierungsgebäude in Schutt und Asche legen können. Wäre kein Problem gewesen! Die Entscheidung liegt bei ihnen!«

Der Thori hörte sich die Worte an und hatte deutlich vor Augen, dass Krieger nicht bluffte. Das er hier stand war der schlagende Beweis. Die Megaclite war bis zu seiner Heimatwelt vorgedrungen, beschossen worden, hatte ihn entführt und war wieder verschwunden, ohne einen Kratzer abzubekommen. Diese Machtdemonstration konnte er nicht ignorieren. Er sprach nichts, sondern ging auf die dem Brass entgegengesetzte Seite des Tisches und setzte sich. Dann schaute er zu Krieger.

»Was genau erwarten sie nun von mir? Das ich den Brass Gebiete und Planeten zugestehe? Vielleicht Raumschiffe?«

»Ich erwarte, dass am Ende der Gespräche der Älteste sagt, wenn sie ihre Zusicherungen einhalten, treten die Brass aus dem Schatten ins Licht. Wie genau sie das machen, wer wem welche Zusicherungen macht und welche Kompromisse eingeht, ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal!«

»Und genau da haben wir auch das Problem! Die Brass sind ja nicht von den Thori aus der Gemeinschaft verstossen worden, weil wir einen schlechten Tag hatten! Es sind die politischen Ansichten und der religiöse Fanatismus, der uns zu diesem Schritt gezwungen hat. Das lässt sich nicht einfach so ändern!«

»Sie nennen es religiösen Fanatismus. Geben uns die Schriften denn nicht Recht? Wo sind wir im Moment?«

»Das ist alles Interpretationssache! Hinterher kann man in so ziemlich jedem Geschwafel das interpretieren, was zur vorherrschenden Situation passt!«

»Korrekt. Eine wirkliche Prophezeiung hingegen sagt einem etwas voraus! So wussten wir nun schon einige Male, was uns bevorsteht. Inklusive der Vorgehensweise des Kapitäns, wie er mich an Board geholt hat!«

»Ach, sie haben es vorher gewusst, oder wie?«

»Aber ja! Als der Kapitän um eine Unterredung bat, wusste ich, was mich erwarten würde. Deshalb war ich auch alleine in der grossen Halle, als mich diese magische Hand ins Schiff geholt hat!«

»Egal! Selbst wenn ich ihnen das noch zugestehe, diese Opferungen gehen einfach nicht! Das kann ich mit unseren Gepflogenheiten einfach nicht in Einklang bringen!«

»Ich auch nicht!«

Als der Brass das mit einer Überzeugung sagte, dass selbst Krieger eine Gänsehaut bekam, schaute der Thori nicht schlecht.

»Was soll das heissen, sie auch nicht!«

»Nun, täglich sterben tausende junger Frauen auf SchlaHa. Tausende! Ich sehe mir jeden Tag viele Akten dieser Opfer an und bin ein ums andere Mal sehr traurig! Viele diese Frauen haben eine perfekte Genetik! Sie würden wunderbare Kinder zur Welt bringen. Aber nicht nur das! Viele von ihnen haben in der Zeit, bevor sie sich entschieden haben, stellenweise bahnbrechendes geleistet! Ich kann die Zahl derer gar nicht nennen, die grosses für den Fortschritt der Brass hätten beitragen können, sich aber dagegen entschieden haben!«

»Ach kommen sie schon, als würde sie das nach der Zeit noch berühren!«

»Tut es nicht? Am Tag der Entführung hat sich eine junge Frau geopfert, die ein paar Monate zuvor eine Arbeit zur Verbesserung unserer planetaren Verteidigung eingereicht hat, welche von meinen besten Wissenschaftlern gar nicht ganz verstanden wird! Wir können sie aber nicht mehr fragen, da sie mittlerweile enthauptet und auch schon an eines unserer Futtertiere verfüttert worden sein dürfte. Einen Tag zuvor hat sich eine andere Frau für die Fütterung erhängt, deren Blut gestärkte Antikörper aufwies, welche mit entsprechender Verbreitung die Brass noch widerstandsfähiger gemacht hätte. Nein? Mich lassen diese Opfer kalt?«

Nun war es der Thori, der die Arme verschränkte.

»Okay, aber warum machen sie dann nichts dagegen?«

»Ich hätte die Macht, die Opferungen zu beenden. Doch hat mein Volk die Macht, mich zu stürzen! Glauben sie mir, ich habe es schon versucht und das brachte mein Volk an den Rand eines Bürgerkrieges! Dabei war die Seite, die gegen die Opferungen war, deutlich kleiner, als die Gegenseite. Wie viele Opfer hätte dieser Krieg gefordert? Hätte sich dadurch etwas verändert? Nein! Man hätte mich und den Rat exekutiert und das so lange fortgesetzt, bis ein Rat schliesslich die Opferungen wieder eingeführt hätte. Ich hatte also keine andere Wahl, um unsinniges Blutvergiessen zu vermeiden, als mich dem Druck zu beugen!«

»Ach, jetzt machen sie aber mal einen Punkt! Wollen sie mir etwa sagen, die ganzen Frauen gehen freiwillig in den Tod?«

Das musste einfach Krieger beantworten.

»Tun sie! Ich habe es gesehen! Ich habe mit Frauen gesprochen, die kurz vor der Schlachtung standen und bin den Weg bis zum Ende mit ihnen gegangen! Selbst den Knopf, um die Tötung in Gang zu setzen, drücken sie selbst! Sie haben keine Angst, oder Zweifel. Sie freuen sich darauf!«

»Das ist unmöglich!«

»Ist es? Ich dachte einst genauso wie sie und bin deshalb nach SchlaHa geflogen. Die Frauen sind alle freiwillig da und können bis zu dem Moment, wo sie den Knopf drücken, ihre Entscheidung noch rückgängig machen. Sie werden auch bis zum Schluss nicht gefesselt! Ich habe eine Frau gesehen, die sich ganz freiwillig unter ein Fallbeil begeben hat, die ihren Nacken möglichst gut in Position brachte und dann den Knopf drückte. Keine Fesseln, kein Nichts! Glauben sie mir, freiwilliger geht es nicht!«

Print Friendly, PDF & Email

2 Kommentare

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert