Neue Direktiven

Natürlich dauerte es, bis Ray aus den ganzen Informationen schlau wurde und Ruug ging ihm dabei zur Hand. Auch Raschniposa beteiligte sich an der Sichtung und wieder schien es für Ray klar zu sein, einen besseren Griff als diesen Brass konnten sie gar nicht gemacht haben. Krieger hingegen verbrachte die Zeit damit, neue Direktiven für sein Schiff auszuarbeiten. Sie waren zwar nun quasi von der GemSpa losgelöst, doch brauchte das Schiff dennoch seine Richtlinien. Nachdem er seinen Entwurf soweit fertig hatte, rief er Tiffany zu sich in seinen Raum. Als sie rein kam wunderte er sich nicht schlecht. Zum ersten Mal kam Tiffany mit einer intakten Uniform.

»Tiffany, eine intakte Uniform?«

»Ich weiss ja auch nicht Kapitän. Irgendwie haben sie mich so stark beeindruckt, dass ich jetzt nach ihren Vorschriften handeln will, oder so.«

»Na, prima. Dann bauen sie die Uniform mal schnell wieder so um, wie sie sie normalerweise tragen!«

Nun guckte Tiffany blöd. Endlich hatte sie mal den Drang überwunden, die Uniform ein wenig ansprechender zu gestalten, nun kam Krieger so? Verkehrte-Welt-Tag, oder wie?

»Aber …«

»Kein aber! Das hat durchaus seinen Sinn! In den letzten Stunden habe ich mir viele Gedanken gemacht. Ich werde zwar in Zukunft die Ziele der Megaclite mit aller Härte durchsetzen, aber auf dem Schiff selbst muss Ordnung herrschen. Nun habe ich aber nicht vor, meine Mannschaft durch die Androhung von Gewalt, oder ähnlichem gefügig zu machen. Derzeit tanzen sie nach meiner Pfeife und das ist unter Anderem auch ihr Verdienst, wie wir ja schon festgestellt haben. Das heisst aber, ich muss weiter der sture Kapitän sein, der streng nach seinen Vorschriften handelt und für alle anderen Belange sind sie zu ständig.«

»Ah, verstehe. Sie die Ordnung, ich das Chaos?«

»So habe ich das zwar noch nicht gesehen, aber ja, so könnte man es wohl sehen.«

Wenige Handbewegungen später war Tiffanys Uniform wieder Sexy.

»Da bin ich aber dabei!«

»Sehr gut. Ich habe mit ihnen über die neuen Direktiven des Schiffes zu sprechen. Das ist alles nur ein Entwurf. Ihre Meinung dazu ist mir wichtig!«

»Na dann mal los!«

»Gut. Erstens, vor allem Anderen steht das Wohl des Schiffes und der Besatzung. Es spielt keine Rolle, um was es geht, aber darauf wird geachtet!«

»Und damit bin ich dann sofort einverstanden. Wenn das auch beinhaltet, wir zerlegen auch andere Schiffe, wenn die uns dumm kommen!«

»Sagen wir mal, den Versuch einer Verständigung werden wir schon noch unternehmen, aber bevor das Schiff Schaden nimmt, werden wir uns zur Wehr setzen. Das ist klar!«

»Sehr gut, bin ich mit einverstanden. Nächster Punkt!«

»Es ist davon auszugehen, dass wir in naher Zukunft nicht den Rückweg antreten können und um ehrlich zu sein, zu einem Volk zurückkehren, welches uns in diese Lage gebracht hat weil wir unbequem sind, nein, da habe ich keine Lust drauf. Das heisst, wir müssen uns hier einen Planeten suchen, auf dem wir heimisch werden können. Klar, die Megaclite wird unser Zuhause bleiben, aber immer nur im Weltraum zu sein, wird uns auf Dauer auch nicht helfen.«

»Da mag was dran sein. Ich kann mich zwar auf Dauer auf einem Schiff zurechtfinden, aber ich hab es bei den Brass ja gesehen. Wann auch immer es ging, wollte die Besatzung irgendwo auf einen Planeten. Aber, ein Planet für uns halte ich für keine gute Idee. Zu schwer zu verteidigen. Eine wirklich grosse Raumstation vielleicht?«

Krieger lehnte sich zurück. Tatsächlich hatte er noch nicht an die Verteidigung gedacht.

»Da ist was dran! Aber, ein Planet können wir einfach kolonisieren. Eine Raumstation müssten wir erst bauen und dafür haben wir weder Zeit, noch Ressourcen.«

»Mal Ruug fragen. Vielleicht kann man hier ja irgendwo so etwas kaufen, oder erobern, oder so?«

»Okay, wäre eine Möglichkeit. Aber der Plan mit der Sesshaftigkeit steht?«

»Ja, würde ich sagen. Aber egal wie wir es machen, die Megaclite sollte unsere Heimat bleiben, mit der wir im Notfall abhauen können!«

»Ja, einverstanden. Dann der Punkt mit dem Beschaffen von Dingen. Erst werden wir versuchen, durch Handel an die Dinge zu kommen, die wir haben wollen. Bei den Dingen, die wir zu unserem Fortbestehen brauchen, werden wir uns aber auch mit Gewalt das nehmen, was wir benötigen.«

»Einverstanden!«

»Zum guten Schluss, egal welchen Vertrag wir schliessen, wenn es zum Wohl des Schiffes ist, werden wir jeden einzelnen davon brechen, falls es nötig sein sollte.«

»Ja, damit kann ich auch leben!«

»Prima. Dann lasse ich das jetzt mal rundgehen und die Meinung der Besatzung entscheiden lassen. Also, im Allgemeinen werde ich die Direktiven so festmachen, aber eben, die Leute sollen der Meinung sein, sie konnten da mitentscheiden.«

»Ganz schön frech!«

Etwa eine Stunde später im Maschinenraum.

»Ray. Du kannst das jetzt noch so lange verneinen, aber mit dieser Schaltung werden auch die Zustände der Elementarteilchen gespeichert!«

»Raschni, wie soll das funktionieren und vor allem, was soll das bringen?«

»Was das bringen soll weiss ich auch nicht. Ruug, sag doch auch mal was dazu!«

»Das ist nicht einfach Raschniposa. Ich sehe sowohl, warum du deine Ansicht vertrittst, aber auch die Argumente von Ray sind nachvollziehbar.«

»Dann sollten wir so ein Ding einfach mal bauen und schauen, was passiert?«

»Ach, wen willst du dann da durch schicken? Das Teil zerstört hier deine Teilchen und baut sie wo anders wieder auf. Das heisst, hier stirbst du und wirst wo anders neu zum Leben erweckt.«

»Nein Ray! Schau dir das hier doch mal an! Ja, dein Körper wird Stück für Stück zerlegt. Aber nicht zerstört! Die Teilchen wandern durch diese Apparatur in den Computer und von dort per Strahl zum Ziel. Die Teilchen, die zusammengesetzt werden, sind also die Gleichen wie die, die hier auseinandergenommen werden.«

Ray ging zur Sprechanlage.

»Casper, komm mal bitte in den Maschinenraum!«

15 Minuten später hatten die Drei Casper ihr Dilemma erklärt.

»Jetzt sag du mal Casper, stirbt man, wenn man dieses Ding benutzt, oder nicht?«

»Dafür muss mir mal jemand was erklären. Wird man auf der einen Seite erst komplett zerlegt, dann verschickt und dann wieder zusammengebaut?«

»Das hängt davon ab, wer von uns Recht hat. Wenn Raschni Recht hat, dann wandert das, was hier zerlegt wird, sofort per Strahl um Ziel und wird wieder zusammengebaut. Ich denke aber, hier werden die Teilchen einfach zerlegt und am Ziel neu aufgebaut.«

»Also, falls Raschni Recht hat, dann sollte es durchaus möglich sein, dass am Ende wirklich die selbe Person das Ziel erreicht, die gestartet ist. Wenn du aber Recht hast, dann ist es wirklich auf der einen Seite ein Selbstmord, oder Mord und auf der anderen Seite eine Geburt.«

»Kann man das irgendwie zweifelsfrei feststellen?«

»Ich nicht, aber wir können mal Baki fragen.«

Wieder einige Minuten später war auch Baki anwesend und bekam alles erklärt.

»Und? Denkst du man kann zweifelsfrei feststellen, ob es die gleiche Person ist, oder eine neue Kopie?«

»Ja. Kann ich auf jeden Fall! Der Geist hat so etwas wie eine ganz bestimmte Schwingung. Sprich, so etwa wie ein Fingerabdruck, der durch die äusseren Einflüsse bei der Entstehung geprägt ist. Wenn ich nach dem Transport also die gleiche Schwingung messe, ist es auch der selbst Geist.«

»Na also! Dann bauen wir das Ding und wenn es fertig ist, melde ich mich freiwillig als Versuchsobjekt!«

»Du? Nein, niemals! Dafür haben wir andere Leute an Board, die weit weniger Nutzen für das Schiff haben als du!«

»Gehts noch? Macht ihr jetzt den Wert eines Menschen an seinen Fähigkeiten fest, oder wie?«

»Wenn es um so ein Experiment geht Casper, dann ja! Falls es in die Hose geht, wäre der Verlust von irgendeinem, der keine besondere Funktion auf dem Schiff hat besser zu verkraften, als wenn Raschni das Zeitliche segnen würde!«

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