Antriebstest

Die Tage vergingen. Ray peitschte seine Leute zu Höchstleistungen und die Brass bewiesen erneut ihre Effizienz bei den Reparaturen des Schiffes. Ray gab dabei durchgehend gute Neuigkeiten für Krieger. Die Technologie, welche Tiffany beschafft hatte, war eine Fülle von neuen Ideen und Erkenntnissen. Als Ray zum Beispiel die Komponenten untersuchte, die für die Navigation zuständig waren, fiel es ihm mehrfach wie Schuppen von den Augen. Im Prinzip war das eigene Navigationssystem absolut ausreichend, um schnell genug auf die Bewegungen zu reagieren. Nur hatte man in falschen Bahnen gedacht. Die neue Technologie machte es vor. Es ging auch auf einem ganz anderen, viel einfacheren Weg und während er das eigene Navigationssystem entsprechend umrüstete und dabei immer wieder Simulationen durchführte, war der Erfolg schlagend. So einfach hätte es sein können, doch da es ein gänzlich anderer Ansatz war, dachte niemand daran.

Kurz gesagt, während die Tage voranschritten und die Megaclite auch von aussen wieder aussah wie ein Raumschiff, war Ray immer positiver davon eingenommen, in kürze den Antrieb des Schiffes wirklich voll einsetzen und kontrollieren zu können.

Einer machte dabei besonders von sich reden. Raschniposa. Er hatte sich an die Arbeit gemacht und fragte nur selten nach Rat. Ray begutachtete immer wieder seine Arbeit und war sichtlich beeindruckt. Als er diesen Brass kennengelernt hatte, wusste der überhaupt nichts von Technik. Nun schraubte er jedoch eine kleine Version des Schutzschildgenerators zusammen, reduzierte dessen Leistung entsprechend und schien dabei so intuitiv damit umzugehen, als hätte er sein halbes Leben nichts anderes gemacht. Auch den Rat, den er erbat, war eigentlich immer nur eine Absicherung, ob er in dem Fall auch richtig dachte. Ray war sich sicher, ein paar Wochen im Maschinenraum und er würde zu einer ganz grossen Hilfe für ihn werden.

Einige weitere Tage später stand Ray in Kriegers Raum und schien ausnahmsweise keine Angst zu haben.

»Kapitän, ich melde die Fertigstellung der Reparaturen und Upgrades!«

»Gute Arbeit Ray. Welche Upgrades sind nun fertiggestellt?«

»Die Navigation. Wir haben eben die letzten Simulationen mit nahezu grotesken Parametern durchgeführt und das System hat nie versagt.«

»Was bedeutet, groteske Parameter?«

»Eben alles, was uns eingefallen ist. Maximale Beschleunigung, Beeinflussung durch schwarze Löcher, Neutronensterne und normale Sterne, Raumverzerrungen, Gravitationswellen, eben alles, was die Navigation negativ beeinflussen könnte und dazu alles gleichzeitig, was real natürlich nicht auftreten kann. Dennoch hatte das System damit keine Schwierigkeiten. Es ermittelte immer die exakte Position und reagierte auf Eingaben äusserst präzise.«

»Um es auf den Punkt zu bringen, wir sollten nun mit voller Leistung fliegen können?«

»Ganz genau Kapitän!«

»Sehr gut. Wann können wir das testen?«

»Nun, wenn es nach mir geht sofort. Alle Reparaturen sind abgeschlossen und wurden erfolgreich getestet. Wir sind startklar!«

Krieger stand auf.

»Hervorragend Ray. Dann gehen sie in den Maschinenraum und machen sie alles bereit. Ich lasse die Startsequenz laufen!«

»In Ordnung. Ich möchte aber noch etwas zu Raschniposa sagen.«

»Ah, unser neuer Brass. Was hat er denn?«

»Er hat nichts, doch er beweist unglaubliches Verständnis für Technik. So hat er in den letzten Tagen in Eigenregie einen kleinen Schutzschildgenerator zusammengebaut, um sein Quartier zu schützen. Dabei hat er absolut effizient die Energieaufnahme reduziert und dennoch einen wirklich bemerkenswerten Output erreicht. Deshalb schlage ich vor, ihn in den Rang eines Ingenieur ehrenhalber zu erheben.«

»Wofür hat der einen Schutzschildgenerator für sein Quartiert gebaut?«

»Wenn er Sex hat ist das notwendig, da er beim Höhepunkt immer diese Energie abfeuert.«

»Welche Energie?«

Ray war verwirrt.

»Hat sie darüber niemand informiert?«

»Nein. Ich bin doch normalerweise immer der, der Neuigkeiten als Letzter erfährt. Jetzt führen wir aber zuerst unseren Test durch. Danach werde ich mich mit Pamela unterhalten und denke über ihren Vorschlag nach. Einen fähigen Ingenieur können wir immer brauchen.«

»Das sehe ich genauso.«

»Gut. Dann wegtreten.«

Ray nickte und verschwand. Auf dem Weg zur Brücke fragte sich Krieger, warum es ihn nicht mehr überraschte, dass auf seinem Schiff Dinge passierten, von denen er nichts wusste.

30 Minuten später war die Megaclite gestartet und aus der Werft geflogen. Für Krieger war es ein gutes Gefühl, wieder mit seinem Schiff unterwegs zu sein. Doch jetzt wurde es spannend.

»Okay. Steuermann, setzten sie einen Kurs auf Brassika. Aber nicht direkt auf den Planeten, sicher ist sicher.«

Pamela tippte.

»Bereit Krieger.«

»Kapitän Krieger! Gut. Für den Anfang gehen wir nur auf halbe Kraft. Wenn sie bereit sind, beschleunigen.«

Pamela war bereit, tat jedoch nichts. Irgendwie hatte sie ein ungutes Gefühl bei der Sache.

»Pam. Jetzt mach schon! Ich will wissen, ob es funktioniert!«

Pamela nickte und aktivierte den Antrieb.

Die Megaclite beschleunigte. Schnell hatte sie den Normalraum überwunden und flog mit Überlichtgeschwindigkeit. Sie näherten sich dem Punkt, den sie normalerweise als sicher erachteten und die Geschwindigkeit stieg weiter.

»LS 10 Krieger!«

»Kapitän Krieger! Weiter! Halbe Kraft müsste deutlich mehr sein!«

Da kam auch noch mehr. Pamela gab den Wert LS 15 durch, dann LS 20.

 »LS 24,1 Krieger. Mehr kommt nicht bei der Einstellung!«

»Kapitän Krieger! Immer noch! Aber okay. Was spricht die Navigation?«

»Die läuft hervorragend, sonst wüsste ich ja die Geschwindigkeit nicht.«

»Ausgezeichnet. Ray?«

Kurz darauf meldete sich Ray über die Sprechanlage.

»Ja Kapitän?«

»LS 24,1, bitte bestätigen!«

»Ja, 24,1 liegt an.«

»Sehr gut. Was sagen sie? Gehen wir auf volle Kraft?«

»Ja, würde ich empfehlen. Alle Werte entsprechen den Simulationen. Es haben sich keine negativen Schwierigkeiten gezeigt.«

»Hervorragend. Gut. Steuermann, volle Kraft. Alles, was der Antrieb zu bieten hat!«

Pamela hatte wirklich etwas Angst davor, diesen Befehl auszuführen. Eigentlich war die Megaclite jetzt schon schnell genug, um bei Problemen wirklich sehr schnell vor Ort sein zu können. Aber sie dachte auch an Tiffany. Erst, wenn der Antrieb wirklich voll einsatzbereit war, würde sie Nachts wieder ruhig schlafen können, denn erst dann waren die Opfer nicht umsonst gewesen. Mit zitternder Hand drückte sie den Kopf.

Wo jedoch niemand drauf achtete, war die aktuelle Position. Die Megaclite hatte Brassika schon fast erreicht, doch bei dieser Geschwindigkeit würden sie das Ziel verfehlen.

Schnell hatte das Schiff LS 30 erreicht und die Geschwindigkeit schoss auf LS 40. Als Pamela die Geschwindigkeit durchgab, war schon fast LS 44 erreicht. Auch schien der Antrieb gar nicht aufhören zu wollen, immer weiter zu beschleunigen. Auch LS 50 kam und wurde locker überschritten. Erst, als LS 60 erreicht war, wurde die Beschleunigung verhaltener.

»LS 66,6 Krieger. Mehr kommt nicht.«

»66,6. Eine diabolische Geschwindigkeit.«

»Sehr lustig Nummer … Tiffany. Gut, dann müssten wir Brassika ja jeden Moment erreichen.«

Pamela schaute auf die Anzeigen und erschrak.

»Krieger, Brassika liegt weit hinter uns! Wir haben auch den Raum der Brass bereits verlassen und sind im Raum der Thori!«

»Was? Wieso gab es da keine Meldung?«

»Weil ich nicht Brassika als Ziel angegeben habe, sondern einfach einen Punkt im Raum. Ohne festes Ziel erkennt die Navigation das lediglich als Richtungsangabe an.«

Krieger sprang auf.

»Alles Stopp! Kurs zurück auf Brassika setzen!«

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