Zu hoher Preis

»Steuermann, setzen auf dem schnellsten Weg aus dem Neben! Holen sie alles aus dem Antrieb, was irgendwie zu machen ist!«

»Bestätige!«

Auf dem Hauptschirm war zu sehen, wie der Kreuzer beschleunigte. Doch irgendetwas schien nicht in Ordnung. Das Schiff machte Geräusche, als würde die Aussenhülle extrem stark beansprucht werden.

»Kommandant, die Schutzschilde lassen sich nicht aktivieren!«

»Grossartig. Alles Stopp! Maschinenraum, was ist mit den Schutzschilden?«

»Na ja Kommandant, sagte ich nicht, hier ist einiges zu Bruch gegangen?«

»Geil! Also keine Schutzschilde. Können wir trotzdem mit Überlichtgeschwindigkeit fliegen?«

»Theoretisch ja. Ich muss ihnen aber nicht erklären, dass das aus Gründen bislang noch niemand versucht hat, oder?«

»Nein. Was könnte schlimmstenfalls passieren?«

»Nun ja. Der Druck auf die Hülle könnte so stark ansteigen, dass es uns zerquetscht.«

»Herrlich! Kollektiver Selbstmord. Ein Oldie, aber ein Goldie. Wer ist dabei?«

Niemand meldete sich. Es sprach sich jedoch auch niemand dagegen aus.

»Nun gut. Steuermann, geben sie Gas!«

Es war dem Steuermann anzumerken, dass er so gar keine Lust hatte, diesen Befehl auszuführen. Aber auch er schien verstanden zu haben, dass sie in dieser Ausdehnung auf kurz oder lang ebenfalls das Zeitliche segnen würden. Schliesslich aktivierte er den Antrieb.

Nach wenigen Sekunden gab die Hülle wieder unangenehme Geräusche von sich. Diese wurden immer lauter und schienen auch nicht weniger werden zu wollen. Ausserdem schien das Schiff nicht aus dem Normalraum hinauszukommen. Bis es schliesslich übertrieben laut krachte und der Alarm aufheulte.

»Bericht!«

»Massive Deformationen am Bug! Einige Systeme ausgefallen!«

»Verluste?«

»Negativ.«

»Dann weiter! Verbeulen wir die Kiste noch etwas mehr!«

Die Geschwindigkeit stieg. Normalerweise drückte der Steuermann jedoch den Knopf und spätestens zwei Sekunden später hatte das Schiff Überlichtgeschwindigkeit erreicht.

»Maschinenraum, was ist mit dem Antrieb?«

»Der verträgt die umgewandelte Energie nicht richtig. Aber in wenigen Sekunden sollten wir auf Überlicht sein!«

Erneut lärmte der Alarm.

»Was ist jetzt wieder?«

»Weiter Deformationen. Schaden an den vorderen Waffen!«

»Gut, egal. Weiter!«

Noch einmal krachte es richtig heftig, doch bevor Tiffany nach dem Problem fragen konnte, zeigte der Hauptschirm den Übergang auf Überlichtgeschwindigkeit. Sofort wurde es ruhig.

»Status?«

»Wir haben LS1 überschritten. Geschwindigkeit steigt, Druck auf die Hülle scheint abzunehmen.«

»Wird heute nichts aus kollektivem Selbstmord! Tut mir leid.«

Tiffanys Aussage brachte Heiterkeit auf die Brücke. Diese wurde wenige Stunden später, in denen nichts mehr nennenswertes passiert war, noch grösser.

»Kommandant, wir haben die Ausdehnung verlassen!«

Tiffany sank in ihren Stuhl. Die Anspannung fiel von ihr ab und auch Ruug, der die ganze Zeit wie versteinert danebengestanden hatte, schien sich zu entspannend.

»Ein kaputtes Schiff, neun Verluste und das alles für ein bisschen Technologie. Ich hoffe sehr, es hat sich am Ende auch gelohnt!«

»Tiffany, für uns betrachtet sind neun verlorene Besatzungsmitglieder natürlich ein unglaublich hoher Preis. Doch global betrachtet, wenn dadurch euer Antrieb wirklich seine volle Leistung entfalten kann, könnten dadurch Millionen an Leben gerettet werden. Unschuldige Leben!«

»Das ist mir klar Ruug. Dennoch. Es ist mein erstes Kommando und ich habe gleich mein Schiff geschrottet und bringe weniger Besatzungsmitglieder zurück, als ich beim Start dabei hatte. Das ist kein guter Einstand.«

»Da widerspreche ich! Du bist mit einem klaren Ziel aufgebrochen und wirst dieses Zeil meiner Meinung nach auch erreichen können.«

»Danke Ruug. Maschinenraum?«

»Maschinenraum hier!«

»Kriegt ihr die Schilde wieder zum laufen? Ich will nicht unbedingt die ganzen Strecken ohne fliegen müssen.«

»Wir sind schon dran. Für die Reparatur werden wir aber andere Systeme ausschlachten müssen, aber ich denke mal, in ein paar Tagen funktionieren die Schilde wieder.«

»Das sind gute Nachrichten! Beeilt euch bitte!«

Eines konnte man den Brass nicht absprechen. Sie waren in solchen Dingen unglaublich versiert und schnell. Schon bei der Ankunft bei diesem Planeten waren weite Teile der Schilde repariert, auch wenn man sie noch nicht aktivieren konnte. Laut Aussage des Maschinenraums würde sich das aber ändern, wenn sie das Schiff gelandet hatten.

Als dem so war und Tiffany mit Ruug und einem Teil dieses Kristalls den Weg zum Händler antraten, schwärmten schon ganze Horden an Ingenieuren aus dem Schiff, um sich um die Schäden zu kümmern. Mit einigem Abstand dreht sich Tiffany um, um ihr Schiff von aussen zu sehen. Sie war schockiert.

»Meine Güte. Dagegen sieht ja selbst die Megaclite gut aus, wenn wir gegen die Thori gekämpft haben.«

»Ja, ich muss schon zugeben, die Schäden sind immens. Aber meine Hochachtung an die Brass. Das das Schiff nach diesen Schäden noch einsatzbereit ist, grenzt für mich fast an ein Wunder!«

»Mich wunder es eher, dass erst wir hier auftauchen mussten, um denen zu helfen. Die müssten eigentlich viel, viel stärker sein als wir.«

»Ja, dieses Thema haben wir bereits erörtert. So ganz klar bin ich auch noch nicht darüber, warum die Technik so unglaublich ist, die Waffen hingegen den euren nichts entgegenzusetzen haben.«

In dieser Höhle sah sich Tiffany um. Keine gelbe Pfütze. Wo waren die denn? Lautstark machte sie auf sich aufmerksam und kurz darauf kam aus einem Spalt ein einzelner Tropfen geflossen, um sich zu einer Gestalt zu formieren.

»Sie sind zurück, ich bin erfreut!«

»Ja, danke! Aber nicht alle von uns. Also bitte, jetzt keine langen Geschichten mehr. Wir haben den Kristall, ihr die Technologie!«

»Wäre es möglich, die Ware zu begutachten?«

Tiffany nickte Ruug zu und der legte das Fragment des Kristalls vor dem Wesen auf den Boden. Dieses floss sofort darum und einen Moment geschah nichts. Dann wurde es wieder zu der Gestalt.

»Ich bin hoch erfreut! Der Kristall ist grösser, als wir angenommen hatten.«

»Ja, danke. Könnten wir das jetzt bitte über die Bühne bringen?«

»Natürlich! Ich habe bereits Anweisung gegeben, die notwendige Technologie an ihr Schiff zu bringen. Überprüfen sie die Waren und wenn alles zu ihrer Zufriedenheit ist, übergeben sie uns den Kristall als Bezahlung.«

Tiffany schaute zu Ruug. Der glitt sofort davon, begleitet von einem der Sicherheitsmänner. Einige Minuten später kam eine Nachricht über Funk.

»Ist alles da Tiffany. Einwandfreier Zustand!«

»Gut. Dann packt das Zeug ein, ich regele den Rest hier.«

»Sie sind also zufrieden?«

»Soweit schon. Nur, der Preis war definitiv heftig! Muss ich davon ausgehen, dass alle Geschäfte hier so heftige Preise haben?«

»Natürlich nicht! Es handelt sich um eine Ausnahmeerscheinung!«

»Das ist gut. Kann gut sein, dass wir euch wieder besuchen kommen, wenn wir etwas brauchen.«

»Wir stehen jeder Zeit zur Verfügung. Doch jetzt die Bezahlung.«

»Ja, schon klar. Nehmt das Ding. War ja so abgesprochen.«

Einen Augenblick später kamen weitere Tropfen aus den Wänden. Sie umschlossen den Kristall und der schwamm quasi davon. Tiffany war verwundert. Auch wenn der viel zu gross war, um durch einen Spalt zu passen, glitt er einfach hindurch, als wäre er genauso flüssig wie die Träger.

Tiffany machte sich auf den Weg zum Schiff. Sie war froh, wenn sie wieder bei normalen Humanoiden war. Hier war alles so still. Man sah keinen der Fremden, auch wenn die wahrscheinlich überall zu finden waren. Das war in der Tat irgendwie gespenstig. Doch alles blieb ruhig. Tiffany erreichte den Kreuzer, ging hinein und in den Frachtraum. So ein Opfer für so ein bisschen Elektronik.

Print Friendly, PDF & Email

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert