Versammelt in der Halle

Rund eine Stunde später trafen die Mädels bei den Jungs in der Halle ein. Katja war ein bisschen sauer, dass da schon munter am Garzella geschraubt wurde und sie war nicht dabei. Aber, auch wenn die Jungs fleissig waren, sie hatten erst eine Erhöhung eingebaut. Da war also noch genug Arbeit für sie.

Mario kam sofort angelaufen.

»Amy, ich hab da ein paar Ideen für den Lion. Wir bauen doch die stärkere Treibstoffpumpe ein. Ausserdem modifiziere ich den Turbo. Der bekommt einen Bereitschaftsmodus. Da läuft er schon auf maximaler Leistung, aber ohne die Flügel zu verstellen. Drückt ihr dann auf den Knopf, drehen sich nur blitzschnell die Flügel und fördern die Luft.«

»Und du denkst das reicht?«

»Alleine nicht. Mehr schauen wir, wenn ihr damit fertig seit! Soll ja heute Abend fahren die Kiste.«

»Na gut. Mädels, Blaumänner an. Kameras bereitmachen und dann gehts los! Lion, fahr hinter die Bühne. Alle Türen auf, Motorhaube auf. Los jetzt!«

Brav rollte der Lion an die Position und öffnete alles. Katja hatte auch schon ihren schwarzen Blaumann an, sich Werkzeug besorgt und liess sich von Perry zeigen, was da zu machen war. Dieses Mal jedoch ohne die Feder springen zu lassen.

Mit Wohlwollen sah Viper, der sich neben Sarah gestellt hatte, wie ein fleissiges Treiben in der Halle herrschte. Im Prinzip nicht anders als in seiner Werkstatt, wo er zusammen mit Thomas jeden Tag Autos reparierte. Doch hier ging es um Rennen. Musik lief, die Leute hatten Spass und arbeiten verbissen an den Boliden, um sie renntauglich zu machen. Genau so fand er das toll. Eben so, wie man es auch in den Filmen sah. Jeder hatte seine Aufgabe, jeder war beschäftigt. Immer wieder kam Waldemar zu Katja und kontrollierte ihre Arbeit. Aber auch Mario ging immer wieder zu seinen Mädels. Mal um selbst etwas zu kontrollieren, mal um sie entsprechend anzuleiten.

Nur eins fand Viper sehr bescheiden. Das er selbst nicht wirklich was machen konnte. Sie hätten doch den Lion von Sarah mitnehmen sollen. Dann hätte Katja zwar niemals gewonnen, aber Sarah hätte geschraubt, jede Wette. Auch war er über Mario einfach nur schockiert. Der war eigentlich nichts im Vergleich zu ihm. Er hatte weder etwas in der Hinsicht studiert, noch sonst irgendwie gelernt. Er war eigentlich nur richtig fit am Computer und verstand logische Zusammenhänge äusserst gut. Aber war das wirklich schon ausreichend, um ein komplettes Studium zu übertreffen? Die Sache mit den Kondensatoren war eigentlich absolut logisch und auch keine Innovation. Das gab es alles schon, aber Viper war noch nicht auf die Idee gekommen. Mittlerweile hatte er genug neue Ideen im Kopf, doch weder hatte er das notwendige Material, noch die Zeit, noch war das hier der richtige Ort.

»Mario? Garzella oder Ruckzucki?«

Mario, der am Computer sass rollte ein Stück zurück und drehte sich. Erst schaute er zum Ruckzucki, dann zum Garzella.

»Garzella.«

»Was beim Ruckzucki?«

»Gewichtsvorteil ausnutzen. Mehr Vorsprung beim Start!«

Genau das hatte Viper auch im Sinn.

»Kann ich mich bedienen?«

»Klar, aber entweder ersetzt du das, oder fickst mich nachher für den Gegenwert!«

Das kam von Amy, die im hinten Bereich des Innenraums vom Lion am arbeiten war.

»Geht klar!«

Schon erteilte Viper Anweisungen an Sarah. Die hatte zwar keinen Bedarf am Ruckzucki zu schrauben, aber wenn sie etwas dabei lernen konnte war das schon interessant.

So verging die Zeit. Überall wurde munter gearbeitet und die Leute aus Heinzfort erkannten bald, dass sie als Team viel effektiver waren. Katjas und Claudias kleine Hände waren viel geeigneter, unzugängliche Stellen zu erreichen, während die Kraft von Donald und Perry auch schwierige Schrauben öffnen konnten und bei schweren Teilen es einfacher hatten.

Waldemar war dabei so vertieft in das Projekt, dass er zum ersten Mal seit langer Zeit keine Sekunde an seine Arbeit dachte. Auch sein eigentlicher Tagesrhythmus war vollkommen nebensächlich, er war einfach nur voll und ganz bei der Sache. Besonders gefiel ihm aber, er sagte etwas, seine Leute taten es. Das war ja bei weitem nicht immer so. Normalerweise gab es erst Diskussionen, die länger dauerten als die eigentliche Arbeit. Aber hier, am Auto, schien wirklich alles rund zu laufen.

Katja vermisste etwas. Manfred! Das Wochenende zuvor war er zu dieser Zeit am Grill und erfüllte die Luft mit dem Geruch seiner Grillkünste. Hunger hätte sie genug gehabt, denn über den Tag war die Nahrungsaufnahme etwas zu kurz gekommen. Lediglich im Arsch hatte sie ein paar Erdnüsse verdrückt. Nun, eher ein paar Schüsseln, aber das war eben nicht wirklich befriedigend. Ach, wie gerne hätte sie Manfred hier gehabt.

Für Perry war die ganze Situation irgendwie grotesk. Es war noch nicht lange her, da war er einfach ein Nerd. Er hatte seine zwei Freunde, seine Arbeit, seine Computerspiele und den Wunsch, einmal mit einer Frau zu schlafen. Mittlerweile hatte er einige Freunde dazugewonnen, war begehrt bei den Frauen und hatte dauernd Sex. Ausserdem motzte er nicht ein Auto in irgendeinem Computerspiel auf, wo jede Veränderung immer nur ein Klick auf eine Taste bedeutete, sondern er stand wirklich an so einem Fahrzeug, hatte schmutzige Hände und jede Veränderung dauerte seine Zeit. Alles nur, weil neben ihnen die Mädels eingezogen waren. Perry war sich sicher. Wären die in eine andere Wohnung gezogen, würde er jetzt mit Waldemar auf dem Sofa sitzen, etwas zocken, während Donald unterwegs war um zu vögeln.

Schliesslich war es dann doch Waldemar, der dem inneren Drang nach Nahrung nichts mehr entgegensetzen konnte.

»Wenn ich anmerken dürfte, es wäre dringend angeraten, eine Pause zur Nahrungsmittelaufnahme einzulegen!«

»Boah ja, Hunger hab ich auch!«

»Nicht nur du Janine. Ich könnte den Arsch von einem toten Elefanten fressen!«

»Okay. Ich lass die Karte rum gehen. Du bestellst Amy!«

»Warum ich Rebekka?«

»Weil ich das jetzt so entschieden hab!«

Wie angekündigt lief Rebekka mit der Speisekarte die Leute ab und notierte, wer was wollte. Waldemar brauchte ewig, um sich zu entscheiden. Das war alles nichts was er kannte und gewohnt war und damit hatte er seine Probleme. Schliesslich fand er dann doch etwas, wo er nicht viel falsch machen konnte. Rebekka kam zurück zu Amy und die bestellte.

Es dauerte keine 20 Minuten und schon war das Essen da. Der Fahrer wusste schon ganz genau, wo es hin sollte und bezahlen mussten die Mädels auch nicht. Sie hatten mittlerweile einen so guten Draht zu dem Service, dass sie monatlich eine Gesamtrechnung bekamen. Das die Leute aus Heinzfort und Brücken eingeladen waren, verstand sich quasi von selbst. Amy und die Anderen sahen darin nichts problematisches. Das kostete zusammen zwar über 100€, aber in der Zeit, wo sie im Aufenthaltsraum sassen und assen, war das Geld alleine an Zinsen schon locker wieder drin.

»Was ist mit dir Viper? Keine schnippische Bemerkung, dass du den Lori heute abhängst?«

»Blöde Kuh! Du weisst so gut wie ich, wenn ich dich gestern nicht besiegen konnte, dann heute auch nicht. Aber glaub mir, ich hab da schon was im Hinterkopf. Nächstes Wochenende bist du reif!«

»Bin ich das? Ist da verkehrte Welt Tag?«

»Warte nur ab!«

»Was ist bei euch? Katja? Sarah? Wer gewinnt heute?«

Zeitgleich sagte Katja Sarah und Sarah Katja.

»Wie schön, dass ihr euch einig seit!«

»Amy, der Ruckzucki ist einfach nicht mein Baby!«

»Ja und? Sarah ist einfach der bessere Fahrer und ich denke, was Viper und sie da basteln, da sehe ich keine Sonne mehr!«

»Schön, dass wir so gar keine Rolle spielen. Perry, gehen wir was zocken?«

»Nö Donald. Lass die nur reden! Wenn wir heute Abend gewinnen gucken die nur blöd!«

»Mich würde es ehrlich gesagt nicht wundern! Ich traue euch durchaus zu, dass ihr gestern genug Erfahrung gewonnen habt, um einige eurer schweren Fehler jetzt nicht mehr zu machen.«

»Denke ich eigentlich auch Viper. Okay, die Anderen sind natürlich echte Profis im Vergleich zu uns, aber Chancen sehe ich durchaus!«

»Zurecht Donald. Ihr dürft bei der ganzen Sache eins nicht vergessen. Es geht, zumindest bei euch im Moment, um rein gar nichts. Verliert ihr, dann ist es eben so. Aber glaubt einfach an euch. Ihr kriegt das hin, dass weiss ich!«

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