»Du bist echt ein Vogel! Ist das so? Werden wirklich alle Menschen auf der Megaclite von dir abgeschreckt?«
»Tiffany, auch wenn unsere Weibchen wirklich Schnäbel haben, sind wir bei Weitem keine Vögel! Auch verstehe ich deine Frage nicht! Ich nehme an, auch ich darf du sagen, wenn du es schon tust?«
»Ja, sicher doch. Was verstehst du an der Frage nicht?«
»Nun, nenne mir nur einen Menschen, der nicht versucht einen Bogen um mich zu machen!«
Warum nennen? Tiffany knuffte einfach den weichen Körper von Ruug.
»Entschuldige, ich wollte nichts sagen, was dich in Aggression versetzt!«
»Mensch Ruug, du bist doch ein intelligentes Kerlchen! Was ist gerade passiert und was bedeutet das im Hinblick auf deine Frage?«
Ruug musste nachdenken, denn er fand da keinen Zusammenhang. Seine Frage war, welcher Mensch nicht von ihm abgeschreckt wurde. Dann hatte Tiffany ihn geschlagen, wenn auch wirklich nicht fest. Da kam der Geistesblitz.
»Tiffany, willst du damit sagen, du hast mit meiner Anwesenheit keine Schwierigkeiten?«
Tiffany konnte nicht glauben, wie dämlich Ruug sein konnte. Also, sie musste wohl deutlicher werden. Um es eindeutig zu machen, nahm sie Ruug einfach in die Arme und drückte ihn kurz liebevoll. Als sie ihn wieder freigab, schaute der wahrscheinlich total verwundert.
»Es ist schön zu wissen, dass ich nicht auf einem Schiff mein Ende finden werde, wo man mich als erschreckend ansieht. Wenigstens ein Mensch …«
Ruug unterbrach sich und sein Blick wurde komplett anders.
»Einen Moment Tiffany! Deine Geste in Zusammenhang mit unserem eigentlichen Gesprächsthema, willst du mir etwa sagen, du würdest versuchen dich mit mir zu paaren, um mein Leben zu retten?«
»Guten Morgen!«
Ruug schaute sich um. Die Floskel war ihm bekannt, doch sah er nichts, was auf einen Tagesanbruch hindeutet.
»Es ist später Nachmittag auf diesem Planeten Tiffany!«
»Das war eine Redewendung und sollte andeuten, dass du endlich aus der Verständnislosigkeit erwacht bist!«
»Ich verstehe! Das bedeutet also, du würdest das für mich versuchen?«
»Hallo? Jetzt haben wir schon einen Führer gefunden, den kann ich doch nicht einfach so den Löffel abgeben lassen!«
»Den Löffel abgeben? Ich habe gar keinen Löffel! Es wäre für mich …«
»Redewendung! Soll soviel heissen wie, ich kann dich nicht einfach sterben lassen, wenn ich vielleicht die Möglichkeit habe, es zu verhindern!«
»Nun, in meinem Volk wäre es verachtenswert, wenn sich ein Weibchen nur mit mir paart, damit ich nicht verende.«
»Na und? Wenn du es keinem sagst, sag ich es auch keinem. Oder stirbst du lieber, anstatt von mir gerettet zu werden?«
»Das ist in der Tat eine schwierige Frage! Es hat einen fahlen Beigeschmack. So sagt ihr doch?«
»Also doch lieber sterben?«
»Tiffany, zuweilen beliebst du sehr schwere Fragen zu stellen! Unsere Evolution beruht darauf, dass nur die überleben dürfen, die auch die Fähigkeit haben einen Partner zu finden. Ich würde unserer Evolution also nicht entsprechen.«
»Na gut Ruug, deine Entscheidung. Wobei du bedenken solltest, du und ich können uns nicht fortpflanzen. Genetisch inkompatibel, hat mir Casper kürzlich gesagt. Du würdest dich also gar nicht fortpflanzen, nur überleben. Zudem, dass ich es für die Mannschaft mache. Ist dir der Begriff Sarkasmus bekannt?«
»Ja.«
»Dann sieh meine Aussage, ich würde es zum Wohl der Besatzung machen einfach als Sarkasmus an!«
Ruug dachte nach. Nachdem, was er über Sarkasmus wusste, war Tonfall und Art der Aussprache von Tiffany bei diesen Worten tatsächlich ein Indikator für Sarkasmus.
»Du würdest es also wegen mir tun und nicht wegen der Besatzung?«
»Lass uns mal lieber zu Casper gehen. Aber ja, würde ich. Klären wir später!«
Ein paar Stunden später war das Team inklusive Proben zurück auf dem Schiff und Casper konnte bestätigen, die ganzen Nahrungsmittel waren essbar, nicht giftig und versorgten den menschlichen Körper mit dem, was er brauchte. Da Krieger keinen Bedarf hatte, eine Vielzahl an Shuttle-Missionen zu fliegen und der Raumhafen mehr als genug Platz bot, entschied er schliesslich mit dem ganzen Schiff zu landen. Eine willkommene Abwechslung für die Besatzung, um ein bisschen frische Luft unter freiem Himmel zu schnappen.
Eigentlich, so dachte sich Krieger, während er das Verladen der Waren beaufsichtigte, hatten sie es doch gar nicht so schlecht getroffen. Mit Ruug, seiner Sternenkarte und seinem Wissen war es hier wirklich gar nicht so übel! Auf jeden Fall war die Lage nicht mehr ganz so trostlos, wie kurz nachdem sie in diesem Eck gestrandet waren.
Ganz ähnlich sah es auch der Rest der Besatzung. Ruug hatte sich bereiterklärt, noch ein bisschen Geld zu beschaffen, so dass die Mannschaft sich ein bisschen austoben konnte. Gelegenheiten gab es hier genug. Ray zum Beispiel fand schnell einen Bereich des Handelspostens, wo es eine Vielzahl hoch interessanter technischer Spielereien gab. Vieles davon war mit der Technik der Erde gänzlich inkompatibel, doch genau das wollte Ray ändern. Waren sie in der Lage, auch die hier verwendete Technik in der Megaclite einzusetzen, so konnten sie vielleicht noch schneller einen Weg nachhause finden.
Ganz so zielstrebig war jedoch leider nicht die ganze Mannschaft. Einige, gerade aus dem Sicherheitsbereich, fühlten sich ein bisschen zu wohl auf dem Planeten. Die Stunden, welche die Megaclite hier verbrachte, nutzten sie deshalb, um anscheinend nicht ganz legalen Geschäften nachzugehen. Es war aber auch verlockend. Einfach mal ein Beutel mit harmlos wirkendem Zeug von A nach B bringen und ein hübsches Sümmchen dafür kassieren. Was war schon dabei? Ausserdem, so wurde ihnen auch von Ruug versichert, diese Währung war in einem weiten Teil dieser Galaxie eintauschbar. So gingen die Männer davon aus, mit etwas extra Kohle würden sie sich das Leben in Andromeda ein wenig angenehmer gestalten können.
Dummerweise, andere Planeten, andere Sitten. Ja, die Fracht, die sie da zu transportieren hatten, sah unglaublich harmlos aus. Die Geschichte des Händlers war dabei auch durchaus plausibel und da der auch einen grossen Laden hatte gingen die Männer nicht davon aus, hier ein krummes Ding zu drehen. Weit gefehlt!
Kurz vor ihrem Zielort versperrten auf einmal zwei Wesen ihren Weg, die einer irdischen Spinne im Prinzip sehr nahe kamen. Nur deutlich grösser und offensichtlich mit hoher Intelligenz! Das hier ansässige Sicherheitspersonal, so übersetzte es immerhin ein kleines Gerät, welches diese Dinger sich vor das hielten, was man als Mund ansehen konnte. Tja, die Fracht, so harmlos sie auch wirkte, war unglaublich illegales Gut und entsprechend die Männer in Schwierigkeiten.
Als Krieger schliesslich von dem Vorfall erfuhr und seinen Männern zu Hilfe eilen wollte, natürlich zusammen mit Ruug als Berater und Dolmetscher, ergab sich bald ein ernsthaftes Problem. Es gab nur zwei Arten von Strafe auf diesem Planeten. Entweder sofortiger Tod, oder Arbeiten in unterirdischen Minen für ein Jahr. Wie Ruug anmerkte, es kam ebenfalls einem Todesurteil gleich, da bislang keine Spezies die Bedingungen unter Tage auf diesem Planeten länger als ein paar Wochen durchhielt.
Doch so düster die Sache aussah, Ruug sah eine Chance, alles noch zum Guten zu biegen. Im Stillen sprach er mit Krieger und erklärte, diese ganze Institution sei korrupt. Sie mussten nur den Preis in Erfahrung bringen. Ruug war sich sicher genug Zeug zu haben, um die entsprechende Summe zu beschaffen. Allerdings, so erklärte er Krieger weiter, im Allgemeinen würde die sofortige Abreise gefordert werden. Krieger sollte also warten, bis alles verladen war. So lange würden es seine Leute schon in den Minen aushalten.
Zwei Tage und eine unendlich langsame Beladung später war die Megaclite voll, alles bezahlt und die Besatzung eingesammelt. Krieger versuchte sein Glück. Die Betreiber dieses Handelspostens waren grösstenteils Humanoid. Etwas länger, etwas dünner mit filigranen Gliedmassen. Als sie den Preis für eine versehentliche Begnadigung nannten, wurde Krieger schlecht. Sie zeigten ihnen ein Bild und darauf zu sehen war Pamela. Ruug war entsetzt, als er Krieger übersetzte. Sie wollten Pamela. Aber nicht auf Dauer. Nur für eine Nacht!
Was eine Scheisse! Als Krieger sich aufmachte, um Pamela die Nachricht zu überbringen, war er sich nicht so ganz einig, wie er das handhaben sollte. Selbst er wollte diesen Befehl nicht geben, aber das Leben seiner Männer stand auf dem Spiel.