Ruug, eine Wundertüte

Tiffany konnte natürlich auch nicht sagen, ob man Ruug helfen konnte, doch durch ihre Manga-Affinität konnte sie wenigstens für sich behaupten, dass sie es gerne versuchen würde. Aber, so weit war es ja noch nicht.

Im Maschinenraum angekommen glitt Ruug durch das offene Schott. Sofort wurde Ray panisch.

»Tiff … Tiffa …«

»Tiffany, ja, so ist mein Name. Ruug würde sich gerne mit unserem Antrieb und der Technik vertraut machen. Mit etwas Glück finden wir vielleicht einen Planeten, wo ähnliche Technik verwendet wird.«

»Und … und … und …«

»Und du sollst ihm das jetzt zeigen. Genau!«

»Aber …«

»Nichts aber, ich bleibe ja hier, also mach dir nicht ins Hemd!«

Tiffany verstand nur zu gut, warum man Ray auf diesen Posten gesetzt hatte. Er war ein Aushängeschild für Antriebe und jegliche Art von Technik und ein fantastischer Ingenieur. Doch viel zu ängstlich und schüchtern, um ihn eigentlich irgendwo ernsthaft einsetzen zu können. Ihn zusammen mit der Megaclite loszuwerden war also sowohl logisch, wie auch praktisch.

Es verging einige Zeit, in der Tiffany zumeist irgendwo sass, oder dagegen lehnte und sich langweilte. Ray, der langsam immer mehr seine Scheu vor Ruug verlor, wohl wegen seinem technischen Verständnis, erklärte und erklärte, während Ruug alles in sich aufzunehmen schien, als wäre er ein trockener Schwamm in einem Eimer voll Wasser.

Tiffany war an einer der Konsolen vor Langeweile eingeschlafen, als sie durch etwas merkwürdiges geweckt wurde.

»Tiffany, ich bin hier fertig!«

Was war einer von Ruugs Tentakel, der sie da berührte. Das war interessant und auch aufregend. Eigentlich hatte Tiffany den Gedanken im Kopf, Ruug müsste irgendwie schleimig sein. Doch weit gefehlt. Es fühlte sich menschlicher Haut sehr ähnlich an, aber doch noch fremdartig genug. Tiffany bekam eine Gänsehaut, woraufhin Ruug seinen Tentakel ängstlich von ihr wegzog.

»Tut mir leid! Ich wollte keinen Ekel verursachen!«

Tiffany grinste.

»Hast du nicht, mein Freund. Tatsächlich fand ich das sehr ansprechend!«

»Ansprechend? Okay, eine nützliche Information. Ich würde gerne zu Kapitän Krieger gehen und ihm meine Erkenntnisse mitteilen. Meiner Meinung nach habe ich sehr gute Neuigkeiten!«

Also zurück zur Brücke. Dieses Mal war es Ruug, der neugierig war.

»Ist mir eine Frage erlaubt?«

»Ja, klar!«

»Du sagtest, meine Berührung war ansprechend. Was bedeutet das?«

»Das ich es nicht schlimm fand. Es mir gefallen hat.«

»Eigenartig! Von vielen Menschen deiner Besatzung habe ich eher das Gefühl registriert, sie wären von meiner Nähe eher angeekelt. Warum ist das bei dir anders?«

»Hör mal Ruug. Erstens, du bist jetzt hier an Bord und willst ja auch hier bleiben. Ergo ist es unsere und nicht meine Besatzung. Zweitens, ich bin nicht wie die Anderen! Ich bin aufgeschlossen anderen Zivilisationen gegenüber. Ganz ehrlich, auf einer meiner Missionen damals hatte ich sogar eine Affäre mit einem Ausserirdischen!«

Das klang interessant, denn Ruug verstand kein Wort.

»Was ist eine Affäre?«

»Ach so, klar, bei euch gibt es so etwas wahrscheinlich nicht. Affäre heisst nicht anderes, als wenn man für bestimmte Zeit, ohne Fortpflanzungsanspruch mit jemand intim ist.«

»Ich verstehe. Nun, ich werde mich mit eurer Art der Fortpflanzung vertrau machen. Es scheint gänzlich anders zu verlaufen, als bei uns.«

Zurück auf der Brücke musste Tiffany erst Krieger rufen, der in seinem Raum war. Als er jedoch da war, sprudelte es gleich aus Ruug heraus.

»Kapitän Krieger, ich habe sehr gute Neuigkeiten! Nachdem ich mir die Antriebs- und Schiffssysteme ihres Schiffes genau angeschaut habe, kenne ich einen Planeten, der mit Sicherheit hilfreich für euch sein wird! Es ist nicht die gleiche Technik, doch denke ich, es ist nahe genug dran. Unter Umständen kann man euch dort mit dem Antrieb und der Navigation helfen!«

»Ruug, grossartige Arbeit! Wo ist der Planet?«

»Würde mir jemand meine Karte auf den Bildschirm bringen?«

Pamela tat es sofort. Ruug glitt wieder zum Bildschirm und zeigte mit einem seiner Tentakel auf einen Stern.

»Hier befindet sich der Planet.«

Kurz darauf hatte Pamela einen Kurs berechnet.

»Alter, sieben Wochen Flug?«

»Was macht das schon Pamela? Mit etwas Glück können wir dort unsere Systeme so aufrüsten, dass wir nachhause können! Da nehme ich die sieben Wochen doch gerne in Kauf!«

Das leuchtete Pamela ein.

»Die Sache ist nur nicht ganz so einfach.«

Mit gleich mehreren Tentakel zeigte Ruug auf einen Bereich zwischen der Megaclite und dem Zielstern.

»Dieser Bereich wird von einer überaus kriegerischen Rasse bewohnt. Sie tolerieren keine Eindringlinge und zerstören alles, was in ihren Raum eindringt. Zwar denke ich, dass dieses Schiff damit fertig werden kann, doch gefährlich ist es dennoch!«

»Na toll. Pamela, wie lange dauert es, diese Region zu umfliegen?«

Pamela stellte die geforderte Berechnung an.

»Vier Monate!«

»Alter, vier Monate? Das ist viel zu lange!«

»Nummer 1, aber es wäre ein sicherer Weg!«

»Tiffany!«

»Wie auch immer!«

Ruug mischte sich ein.

»Kapitän Krieger, ich habe mich anscheinend missverständlich ausgedrückt! Auch die Region um diesen Bereich ist nicht ungefährlich! Dort finden sich auch kriegerische Rassen, doch sind die nicht so weit entwickelt.«

»Okay. Ruug, was würde sie ihrer Erfahrung nach sagen? Fliegen wir den direkten Weg, wie stehen unsere Chancen unbeschadet durch den Bereich zu kommen?«

»Die Chance existiert nicht Kapitän! Zwar denke ich, dass dieses Schiff mit den Angreifern fertig werden wird, doch dürften die Angriffe in kurzen Abständen erfolgen und die Flotte der Angreifer ist gross. Nach meiner Erfahrung würde es Schaden auf der Megaclite geben.«

»Und wenn wir aussen herum fliegen?«

»Verhält es sich ähnlich. Dort wären die Angriffe nicht so massiv, der Weg dafür umso weiter.«

»Nun gut. Zuerst werden wir sowieso unsere Vorräte ergänzen. Ich bitte sie uns alle Informationen zusammenzustellen, die sie über diese Rassen haben. Ich werde es prüfen und entscheiden!«

»Falls jemand meine Meinung als taktischer Offizier interessiert, ich würde den direkten Kurs gehen. Da gibt es in meinen Augen zwei Möglichkeiten. Entweder, wir heizen denen direkt so ein, dass sie zu Gesprächen bereit sind, oder wir greifen sofort an, wenn sich uns etwas nähert. Dann wäre die Initiative auf unserer Seite und wir könnten den Kampfverlauf bestimmen!«

»Typisch Barry. Immer draufhauen!«

»Auch wenn sie Recht haben Nummer, also Tiffany, so schlecht ist sein Vorschlag nicht! Wenn wir ohnehin kämpfen müssen, wäre es in der Tat ein Vorteil, wenn wir die Bedingungen des Kampfes diktieren würden. Aber eben, so weit sind wir noch nicht. Doch Barry, ich werde ihre Anregung im Kopf behalten, wenn ich eine Entscheidung fälle!«

Etwas später in der Kantine. Tiffany und Pamela hatten gerade gegessen und unterhielten sich, als Ruug herein kam. Sofort wichen einige der Anwesenden vor ihrem neuen Besatzungsmitglied zurück. Tiffany schüttelte den Kopf und signalisierte Ruug, dass er zu ihnen kommen soll.

»Ruug, grosses Kino! Ich glaube echt, dass du das Beste bist, was uns auf dieser Reise passieren konnte.«

»Vielen Dank Tiffany. Ich freue mich, wenn ich euch helfen kann. Auch wenn ich wahrscheinlich nicht mehr dazu in der Lage sein werde, euch bei dieser technischen Welt zu unterstützen!«

Tiffany schaute zu seinem Tentakel, der schon mächtig angeschwollen war.

»So schlimm?«

»Ja. In ein, oder zwei Tagen trete ich in die Paarungszeit ein. Also bleiben mir noch vier bis sechs Wochen.«

Pamela verstand nicht und wurde im Schnelldurchgang von Tiffany aufgeklärt. Die war sich nicht so sicher über Ruugs Ende!

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