»Ach, nur die Hydraulik futsch. Da bin ich ja froh, dass es nicht mehr ist!«
Knurrte Viper.
»Ja, entschuldige. Was soll ich dir denn sagen? Laut den Anzeigen sind die Triebwerke drei und vier im Arsch und die haben wohl die Hydraulik mitgenommen. Sonst sehe ich hier keine Schäden!«
»Reicht ja auch Mario!«
Viper griff nach dem Mikrofon für die Kabine und sein Tonfall war ernst.
»Okay Leute. Wir haben fette Probleme auf Steuerboard! Ihr schnallt euch jetzt an und öffnet den Gurt erst wieder, wenn ich euch das sage! Mir egal ob jemand pissen muss, oder was auch immer. Der Gurt bleibt zu!«
Benjamin spürte Panik in sich aufsteigen. So hatte er sich diesen Trip wahrhaftig nicht vorgestellt.
»Mario, du hast doch garantiert 100 Kameras hier verbaut. Ich hoffe, die sind auch gelaufen, als wir da am Boden waren.«
»Jupp. Natürlich.«
»Gut. Wenn wir gelandet sind will ich die Aufnahmen sehen und sobald ich weiss, wer sich an unserem Vogel zu schaffen gemacht hat, Gnade dem Gott!«
Jana, die nach wie vor unbeeindruckt auf ihrem Sitzt sass, drehte ihren Kopf zu Viper.
»Und ich weiss auch schon, wer dich da hinfliegen wird. Glaub mir, wenn die es gewagt haben, hier Sabotage zu betreiben, dann lernen die mich kennen!«
»Schön. Aber während ihr hier so toll am planen seit, möchte ich euch auf ein Sprichwort hinweisen. Du kannst die Haut des Bären nicht verkaufen, bevor du ihn erlegt hast! Also lasst uns erst schauen, dass wir die Lady auf den Boden bringen, bevor wir Rachepläne schmieden.«
»Schon klar. Behalt du mal deine Anzeigen im Auge. Sobald noch ein Triebwerk auch nur zu husten beginnt, will ich das wissen!«
»Geht klar.«
»So. Wir haben volle Kontrolle, aber die Kiste ist träge. Das rechte Hauptfahrwerk werden wir wahrscheinlich manuell ausfahren müssen. Dazu fehlt uns der Umkehrschub auf Steuerboard. Wir können also nur den auf Backboard verwenden und den auch nur vorsichtig, bevor das Ding zum Karussell wird. Dazu können wir davon ausgehen, dass die Bremsen auch nicht voll funktionieren. Oder?«
»Dafür fehlen mir die Anzeigen. Ich würde aber auch davon ausgehen, dass die Bremskraft auf Steuerboard nur ohne Verstärker läuft.«
»Gut. Die Bahn daheim ist lang. Aber nicht lang genug, um uns ausrollen zu lassen. Wir können aber auch nicht extrem langsam anfliegen, da uns die halbe Schubvektorsteuerung fehlt. Also würde ich sagen, wir testen, wie langsam wir den Vogel machen können, ohne zu viel Manövrierfähigkeit zu verlieren. Daran orientieren wir die Landegeschwindigkeit und hoffen, dass der Rest an Schubumkehr und Bremsen ausreichen, um uns rechtzeitig zu stoppen. Jana?«
»Aufsetzen an der Kante der Bahn. Vielleicht versuchen etwas Zick-Zack zu fahren und immer, wenn die Nase sich zur rechten Seite der Bahn bewegt, die Schubumkehr stärker rein hauen.«
»Mario?«
»Treibstoff ablassen, bevor wir in den Endanflug gehen. Je leichter der Vogel ist, desto langsamer können wir ihn machen.«
»Guter Punkt. Machen wir so. Bevor wir in den Landeanflug gehen, lassen wir das Kerosin ab und testen die Minimalgeschwindigkeit. Ich versuche uns schräg zu landen, damit wir direkt mehr Schubumkehr geben können. Je früher wir Geschwindigkeit abgebaut haben, desto besser.«
Der restliche Flug waren für Benjamin die reinste Hölle. Doch immer, wenn er vor Panik schreien wollte, schaute er zu Jana. Ihre Ruhe gab auch ihm etwas Zuversicht.
Schliesslich ging es los. Mario gab das Signal, mit dem Landeanflug zu beginnen.
»Alles klar. Lass das Kerosin ab.«
»Treibstoffablass ist offen.«
Etwas Zeit verstrich.
»Alles klar. Ist alles raus, was wir nicht brauchen. Du hast maximal zwei Versuche, dann ist der Tank leer!«
»Wenn ich mehr brauche, ist uns ohnehin nicht mehr zu helfen. Also gehen wir es an. Jana, Autopilot aus.«
Sofort legte Jana den Hebel um. Vipers Hände gingen an das Steuerhorn und die Schubkraftregler. Die zog er zurück und die Maschine wurde langsamer. Benjamin konnte ablesen, dass sie etwa 200 Knoten erreicht hatten, Als Viper zu steuern begann. Hin und her, sowie auf und ab.
»Okay. Bis jetzt geht es noch. Ist nicht schön, aber selten.«
Die Anzeige sank auf 190 Knoten und wieder steuerte Viper.
»Wird schon unangenehmer. Aber ist noch machbar.«
Sie erreichten 180 Knoten.
»Also das geht gar nicht! Nein, wir bleiben bei 190 Knoten.«
Mario begann etwas zu rechnen. Ein paar Sekunden später war er fertig.
»Wenn wir mit 190 Knoten aufsetzen und das direkt an der Kante, dann haben wir noch Spielraum. Ohne Zick-Zack.«
»Okay. Mache ich trotzdem. Sicher ist sicher.«
»Geht klar, bin ich mit einverstanden.«
Viper schaute zu Jana.
»Noch eine Idee?«
»Nö. Aber das wird schon.«
»Danke für dein Vertrauen. Mario?«
»Ich vertraue der Lady und dir. Du kriegst das hin!«
»Alles klar. Dann gehen wir es an!«
Benjamin sah, wie Viper noch ein paar Kurven flog und dann der Flughafen in Sicht kam.
»Alles klar dann. Nase runter und Fahrwerk raus. Hoffen wir, dass das Hauptfahrwerk ganz ausfährt und einrastet.«
Sofort legte Jana den Hebel für die Nase ganz nach unten und die setzte sich auch sofort in Bewegung. Als sie den Hebel für das Fahrwerk nach unten drückte, wurden jedoch nur drei Lichter gelb und anschliessend grün. Das Rechte blieb rot.
»Fahrwerk Steuerboard keine Reaktion.«
»Wie es mir klar war! Also gut. Mario, manueller Auslöser!«
Mario öffnete eine Klappt im Boden und zog einen schwarz-gelben Hebel mit einem Stahlseil weit heraus.
»Aktiviert!«
Vipers Blick blieb weiterhin nach draussen gerichtet. Jana hingegen beobachtet die Anzeige.
»Ist gelb!«
Ein paar Sekunden vergingen.
»Bleibt gelb. Manueller Auslöser negativ!«
»Super. Dann ist die Scheisse durch den Ventilator. Vorschläge?«
»Ja. Übergib mir das Steuer und vertrau mir.«
Viper schien skeptisch.
»Wenn du mir sagst, was du vorhast!«
»Keine Zeit! Mach einfach!«
Viper musste einen Moment überlegen.
»Alles klar. Dein Flugzeug!«
Nun legte Jana die Hände ans Steuer.
»Okay Mario. Schubvektorsteuerung!«
»Bist du bescheuert?«
»Jetzt mach schon! Wir haben keine Zeit mehr!«
Benjamin war einer Ohnmacht nahe. Mario griff nach oben und legte einen Schalter um.
»Ist aktiviert. Ich hoffe, du weisst was du da machst!«
»Ja, weiss ich! Jetzt alle festhalten!«
Mit einem Ruck liess Jana sie Maschine nach Steuerboard rollen. Doch die hatte sich kaum auf die Seite gelegt, riss sie das Steuer nach Backboard. Die Rollbewegung war unnatürlich, doch offensichtlich hatte Jana die Maschine noch unter Kontrolle.
»Fahrwerk?«
Keine Antwort.
»Viper! Fahrwerk!«
Der schaute erschrocken zu den Anzeigen.
»Ich werd verrückt. Grün!«
»Dann übernimm und park das Ding!«
Viper schnappte sich wieder das Steuer.
»Schubsteuerung weg!«
Dieses Mal liess sich Mario nicht zweimal bitte.
»Ist aus.«
»Dann jetzt Arschbacken zusammenkneifen!«
Das Aufsetzen der Maschine war heftig und das hin und her auf der Landebahn wirkte auf Benjamin auch nicht gerade vertrauenerweckend. Doch Jana zählte kontinuierlich die Geschwindigkeit runter und noch weit vor Ende der Bahn kam die Maschine schliesslich zum stehen.