Die Führung in der Magnetfabrik

Der Wissenschaftler gab ein paar Anweisungen, dann wollte er schon losgehen. Viper hatte jedoch noch ein Anliegen.

»Du Weisskittel, bevor wir hier die grosse Führung bekommen, habe ich auch noch eine Bitte.«

Der Wissenschaftler drehte sich um, sagte jedoch nichts. Lediglich sein Gesicht verriet, dass Viper sprechen sollte.

»Diese Behelfspiste. Schick mal ein paar Leute mit Besen her, die sollen die mal kehren.«

Der Mann zog abschätzend eine Augenbraue hoch.

»Bitte? Sehen meine Leute aus wie Strassenkehrer?«

»Mir doch egal wie die aussehen! Bin ich oberflächlich, oder was?«

Natascha kicherte.

»Manchmal könnte man es meinen!«

»Ach, halt die Backen Natascha! Kumpel, es ist ganz einfach. Solange die Bahn in diesem Zustand ist, werde ich nicht starten. Das heisst, umso länger bleiben deine Freundinnen hier und …«

Der Mann hob die Hand und unterbrach Viper.

»Ja, ja, ich hab schon verstanden. Einmal die Piste fegen.«

Ein paar Blicke von ihm genügten und schon setzten sich gleich mehrere Männer in Bewegung. Die Führung konnte beginnen.

Als sie das Gebäude, welches in den Augen von Mario viel zu klein erschien, betreten hatten, herrschte Unglaube. Das sollte eine Fabrik sein? Ein Labor? Es sah eigentlich mehr aus, wie ein zu gross geratener Schuppen für Landwirtschaft. An den Wänden hingen viele Werkzeuge, welche man genau für diesen Zweck einsetzen konnte. Allerdings schienen die sehr alt und aus einer Zeit, wo man bestenfalls ein Pferd vor einen Pflug spannte, oder ein Ochse. Das brachte Waldemar auf den Plan.

»Ich bin fasziniert!«

Ohne sich umzudrehen nahm der Wissenschaftler Stellung.

»Von? Sollte nicht offensichtlich sein, dass es sich hierbei nicht um unser Forschungslabor handelt?«

»Doch, natürlich ist das offensichtlich. Es ist aber noch viel offensichtlicher, dass es sich hierbei um eine Tarnung handelt!«

Nun drehte der Mann sich doch um und schien genervt.

»Ist das so? Dann erklären sie mir doch mal, warum das so offensichtlich ist.«

Viper machte grosse Augen. Man konnte Waldemar doch nicht so eine Frage stellen! Der war doch dann voll in seinem Element und würde plappern. Das würde wieder dauern!

»Mit Vergnügen. Es beginnt schon damit, dass hier zwar stimmig viele Werkzeuge zu sehen sind, aber alle scheinen in einem unbenutzten Zustand zu sein. Zumindest kann ich keine Abnutzung an irgendeinem Werkzeug erkennen. Des weiteren fühle ich mich mehr in einem Museum. Diese Werkzeuge sind seit Jahrzehnten, wenn nicht gar Jahrhunderten überholt. Ich sehe hier nicht ein Werkzeug, was man hinter eine landwirtschaftliche Maschine spannen könnte. Was mich zum nächsten Punkt bringt. Ich sehe überhaupt keine landwirtschaftlichen Maschinen! Man könnte nun behaupten, da dieses Land allgemein als Entwicklungsland bezeichnet wird, würden die hier ansässigen Menschen noch alles von Hand machen. Sieht man mal von dem Zustand der Werkzeuge ab, wäre es unter Umständen sogar als Argument akzeptabel.«

Damit schaute Waldemar nach draussen.

»Nimmt man aber die Umgebung hinzu, spielt es überhaupt keine Rolle, in welchem Zustand, oder aus welcher Epoche diese Werkzeuge stammen. Denn da draussen wächst nicht einmal ein Grashalm. Ipso facto, Jeder, der hier herein kommt, muss automatisch darauf hingewiesen werden, dass es sich hier um eine Tarnung handelt! Es ist äusserst unwahrscheinlich, dass hier viele Menschen aktiv sind, alles auf landwirtschaftliche Arbeit hindeutet, draussen aber noch nicht einmal ein Feld existiert! Jeder Mensch mit der Kombinationsgabe eines Grundschülers sollte sofort alarmiert sein, dass hier ein falsches Spiel getrieben wird!«

Nachdem Waldemar geendet hatte, schaute der Wissenschaftler zu Jana.

»Hast du mir unbedingt so einen Klugscheisser anschleppen müssen?«

Jana lachte.

»Na aber Hallo! Für die Scheisse, die wir hier erlebt haben, müsste ich eine ganze Horde anschleppen!«

Der Mann schüttelte den Kopf und gleichzeitig vibrierte alles. Waldemar schrie spitz auf und machte damit so manche Frau neidisch. Weiblicher ging es nicht.

»Ah ja. Eben noch den Besserwisser raushängen lassen, jetzt aber erschrocken sein, wenn sich der Fahrstuhl in Bewegung setzt.«

Waldemar, der sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte, wollte etwas entgegnen, doch in dem Moment gab der Fahrstuhl den Blick in das Labor frei und er bekam keinen Ton mehr raus. Einzig Viper schien wenig beeindruckt.

»Über Platzmangel habt ihr nicht zu leiden, oder?«

Er bekam keine Antwort. Dafür begann der Wissenschaftler sofort mit der Führung und erklärte die verschiedenen Bereiche der Anlagen.

»Wie ihr sehen könnt, ist unsere Anlage sternförmig angelegt. Hier auf dieser Etage findet die eigentliche Magie statt. Jeder Strahl des Sterns bildet eine eigene Forschungseinrichtung. Der Bereich, in dem der Fahrstuhl nun fährt, nennen wir den Kern. Dort laufen alle Durchbrüche zusammen und können kombiniert werden. Auf diese Weise schaffen wir ein Maximum an Effizienz.«

»Ihr arbeitet rein nur an Magneten?«

»Ich will es anders ausdrücken. Unser Gebiet ist der Magnetismus. Es geht vom herstellen eines Magneten über die Kontrolle des Magnetfelds, der Abschirmung, der Zielsteuerung und der Regulierung der Magnetfeldstärke.«

»Und warum macht ihr dann so ein Geheimnis daraus? So neu ist das jetzt nicht.«

»Sie verkennen die Lage. Was normalerweise durch Elektromagnete erreicht wird, machen wir mit Permanentmagneten.«

Das machte Mario, aber auch Waldemar hellhörig. Mario reagierte jedoch schneller.

»Moment. Wollen sie mir etwa erzählen, sie könnend die Stärke des Magnetfelds bei einem Permanentmagneten regulieren?«

»Natürlich will ich ihnen das sagen. Unsere Erfolge sind Bahnbrechend. So haben wir einen Magneten entwickelt, welcher der Form eines Kugelschreibers nachempfunden ist. Den kann man problemlos in der Tasche mit sich tragen, ohne dass er dazu in der Lage ist, eine Büroklammer anzuheben. Richtig justiert reicht seine Kraft jedoch locker aus, um einen PKW anzuheben.«

»Mit Verlaub!«

Mischte sich Waldemar ein.

»Nach den Gesetzen der Trägheit und der Reibung würde der Magnet in diesem Fall zum PKW fliegen, anstatt diesen anzuheben.«

»Da haben sie natürlich ganz Recht. Stellen sie sich aber vor, sie sind im Inneren eines Gebäudes, richten den Magnet auf ein davor geparktes Fahrzeug und aktivieren ihn. Klar, er würde sofort in Richtung Fahrzeug gezogen werden. Doch da ihn die Wand aufhalten würde, würde er fortan das Fahrzeug zu sich ziehen.«

»Viper verstand.«

»Ihr betreibt hier Waffenforschung!«

Sofort schüttelte der Wissenschaftler energisch den Kopf.

»Immer diese kleinliche Denkweise. Ja, aus unseren Magneten kann man ganz hervorragende Waffen machen. Stellen sie sich ein Schlachtfeld vor, auf welchem einer unserer Magneten positioniert und aktiviert wird. Zielgerichtet auf gegnerische Truppen. Alles an Waffen und sonstige Gegenstände aus Metall, würden sofort angezogen werden. Selbst abgefeuerte Projektile würden zum Magneten gezogen werden und somit die eigenen Truppen schützen. Aber stellen sie sich den Einsatz in der Medizin vor. Bildgebende Verfahren, die nicht mehr den Einsatz lauter Gerätschaften mit entsprechender Abschirmung erfordern.«

Nun kam wieder Mario.

»Wie stellen sie solche Magnete her? Zeigen sie mir das Verfahren?«

Der Wissenschaftler lachte.

»Das Verfahren kann ich ihnen gerne zeigen. Die Methode dahinter ist aber das grösste Geheimnis, welches wir zu wahren haben. Ausserdem würden sie es mir ohnehin nicht glauben.«

Viper lachte.

»Ah, ausserirdische Technologie!«

Nun lachte der Wissenschaftler, was jedoch deutlich aufgesetzter und beschwichtigend wirkte.

»Klar. Ausserirdische Technologie. Gehören sie etwa auch zu jenen, welche an die Existenz von Ausserirdischen glaubt? Ohne jemals einen Beweis gesehen zu haben?«

Viper blieb kühl.

»Ich habe Beweise gesehen!«

Der Wissenschaftler schaute zu Jana, die nur nickte. Damit war die Katze aus dem Sack.

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