Junggesellenabschied (Teil 10)

»Warum hast du so viel Geld daheim rumliegen?«

»Das hat viele Gründe Perry, mach dir deshalb mal keine Gedanken. Auch nicht, was die Scheine angeht. Für dich zählt nur der Nennwert, nicht der Sammlerwert, klar soweit?«

Für Perry war gar nichts klar. Er hatte einen Ring für fast 20.000 Dollar in der Tasche und hatte noch keine Ahnung, wie das weitergehen würde. Sicher war nur eins. Er würde ihn Katja schenken und sie fragen, ob sie ihn heiraten wollen würde. Wann er das fragen würde, oder wie, stand jedoch noch beim besten Willen nicht fest.

Markus fand dann noch etwas, was er haben wollte. Das war ein Exemplar eines Comics. Eine Sonderausgabe und dazu noch in einem perfekten Zustand. Seit seiner Fertigstellung hatte dieses Exemplar nur noch einmal Luft zu spüren bekommen und das war, als der ursprüngliche Besitzer es aus seiner originalen Hülle in eine Spezialhülle umbettete. Spezial im wahrsten Sinne des Wortes. Absolut luftdicht, mit einem speziellen Gas gefüllt und einer Schicht in der dicken Hülle, die jeglichen schädlichen Einfluss des Lichts herausfiltern konnte. Als Perry den Preis dafür hörte, sah er seinen Kauf schon fast als Schnäppchen an.

Es ging weiter zum essen. Nicht in irgendein feines Restaurant am Strip. Nein, da wollte die Gruppe zwar am nächsten Tag hin, an diesem hiess es aber, erst mal richtig essen! Las Vargas war ja eine richtige Stadt, Gelegenheiten zum futtern gab es hier mehr als genug und wer hatte natürlich wieder den Plan? Pascal. Er führte die Gruppe in ein gemütliches, kleines Restaurant, was keines Wegs überlaufen war und durchaus seinen Charme hatte. Sie bekamen einen grossen Tisch zugewiesen und schon ging die Getränkebestellung los.

In der Speisekarte standen dann schon echt witzige Dinge. Wiener Schnitzel zum Beispiel, oder Hachse mit Sauerkraut. Also alles Zeugs aus Deutschland. Doch nicht jeder bestellte etwas aus der Heimat. Eigentlich war es eher so, dass die aus Deutschland Essen bestellten, wie man es eher in Amerika zu sich nahm und umgekehrt.

Eines war aber klar. Es war viel Essen, es war gutes Essen und keiner liess etwas übrig. Entsprechend gross war das Gestöhne im Anschluss.

»Erinnert mich irgendwie daran, wenn ich bei Amy zu Besuch bin.«

»Ja Markus, aber da ist dann normalerweise Manfred dran schuld und kein Restaurant. Aber ich muss zugeben, es schmeckt hier grossartig!«

»Du müsstest doch mittlerweile wissen Mario, ich gehe nur in wirklich grossartige Restaurants und nicht in irgendwelche Nobelschuppen, wo man einen übergrossen Teller mit zu kleiner Portion bekommt.«

»Schon klar Pascal, aber woher kennst du den Laden? Ich meine, soweit ich weiss bist du nicht gerade oft in Amerika.«

»Stimmt, aber wenn treffe ich mich mit meinem Onkel hier. Wir nennen es neutraler Boden.«

»Ach ja, dein Onkel. Sag mal, gibt es den eigentlich wirklich? Warum machst du um den so ein Geheimnis?«

»Wie oft muss ich das noch sagen? Ja, den gibt es wirklich! Der betreibt in LA einen Nachtclub und hilft immer wieder der Polizei. Er hat einfach zu viel zu tun, als dass ich euch mal bekannt machen könnte.«

»LA? Nachtclub? Hilft der Polizei? Irgendwoher kenne ich das!«

Pascal schaute Donald mit einem extremen Blick an.

»Es hat nichts mit einer Fernsehserie zu tun! Schluss mit den Gedanken!«

»Jerry, ich bin dein Bruder und auch wenn ich es schon öfters gefragt habe, einmal muss ich einfach noch. Bist du dir mit Alexis absolut sicher?«

»So sicher wie du dir mit Amy! Alexis ist nicht immer ganz einfach zu verstehen, aber gegen Amy ist sie ja fast schon handzahm. Ja, ich bin mir absolut sicher. War ich schon an dem Tag, als ich sie kennengelernt habe und ich muss sagen, es ist endlich mal etwas nützliches, was deine Film-Fixierung da gebracht hat.«

»Ach ja. Das du fett Geld verdienst und sehr erfolgreich bist, hat da natürlich nichts mit zu tun, oder?«

»Nein. Ich hatte die Idee, habe das Konzept ausgearbeitet und du hast mir lediglich mit dem Startkapital geholfen. Das hätte ich mir auch von einer Bank holen können.«

»Ist das so? Dann könnten wir doch langsam mal über die Rückzahlung sprechen, oder?«

»Perry, wann ist es denn bei dir und Katharina soweit?«

Da man deutlich die Überleitung als Ausweichen von Jerry erkannte, schmunzelten alle.

»Katja heisst sie. Keine Ahnung. Wir sind noch gar nicht lange zusammen!«

»Die Strasse runter ist eine Kapelle. Die dort durchgeführten Trauungen werden auch von Deutschland nach ein klein wenig Papierkrieg akzeptiert.«

Katja lachte.

»Ei klar. Perry hat es bis heute nicht geschafft, mir überhaupt einen Ring zu schenken und da denkst du wirklich, er wäre für so etwas spontan genug?«

Irgendwie verletzte das Perry. Aber genau das war es auch, was ihn in dem Moment dazu veranlasste aufzustehen, mit Gewalt Katjas Stuhl zur Seite zu drehen, dabei fast Donald umzuwerfen und vor ihr auf die Knie zu gehen.

»Freundchen, was genau hast du da vor?«

»Du sagst, ich bin nicht spontan. Mag sein. Du sagst, ich habe dir noch keinen Ring gekauft. Auch richtig. Aber liegt das vielleicht daran, dass ich nach meiner Vorstellung lebe und mich nicht in die Gepflogenheiten der Gesellschaft pressen lasse, so wenig wie du es tust?«

Nun kam die kleine Schachtel zum Vorschein. Katja schoss das Wasser in die Augen, Perry öffnete es aber nicht.

»So. Wenn ich ja so ein Langweiler bin, wie du mich hinstellst, dann stecken da zwei Karten für die Magier-Vorstellung heute Abend drin.«

Katja schüttelte den Kopf, was ein paar Tränchen aus den Augenwinkeln kullern liess. Sie sagte jedoch nichts, war aber bleich wie die Wand. Der Rest der Gruppe beobachtete fleissig und schien von dem ganzen Szenario total verzückt.

»Katja. Als ich dich kennengelernt habe wollte ich dich schon heiraten, weil du die schönste Frau auf dieser Welt bist. Dann wollte ich dich heiraten, weil du voller Hingabe meinen Schwanz gelutscht hast. Danach wollte ich dich heiraten, weil du mir eine Liebe entgegenbringst, die sich eigentlich nur ein Autor ausdenken kann, der da sitzt und unser Schicksal in Worte fasst. Aber dann wollte ich dich heiraten weil ich dachte, ich werde nie wieder eine andere Frau finden.«

Katja war total perplex. So viele Worte und sie wusste gar nichts daraus zu antworten. Perry war aber noch nicht fertig, sondern hatte nur eine kleine, dramaturgische Pause eingelegt.

»Mittlerweile weiss ich aber, dass ich durchaus auch andere Frauen haben könnte, die ähnlich gut aussehen wie du. Genauso wie ich weiss, dass du Männer haben könntest, die viel, viel besser aussehen als ich. Aber du willst trotzdem mich und hast mir daran noch nie einen Zweifel gelassen. Du vögelst gerne mit anderen Männern und machst mich damit unendlich glücklich. Donald ist mittlerweile ja auch dein Besitzer und dennoch willst du mich. Genauso wie ich dich will. Weil du du bist, weil du tust was du tust und weil du immer noch die bist, die ich vor ein paar Monaten im Flur kennengelernt habe und schon damals wusste, dass du es bist.«

Wieder eine dramatische Pause und man konnte Katja ansehen, sie war kurz vor einem kombinierten Hirnschlag mit Herzinfarkt und epileptischem Anfall. Langsam öffnete Perry die Schachtel und als Katjas Blick von dem funkelnden Ring fast geblendet wurde spritzten die Tränen förmlich aus ihren Augen.

»Also Katja. Ich habe keine Ahnung, wo unser Weg hinführt. Ich bin mir sicher, es wird nicht immer nur toll und wir werden uns auch hier und da gegenseitig auf den Sack gehen. Aber ich will das Risiko eingehen und frage dich deshalb, willst du jetzt hier, also da in der Kapelle wo Jerry gesagt hat, meine Frau werden?«

Katja gab keine Antwort. Sie stürzte auf Perry ein, riss ihn zu Boden und mitten in dem Restaurant lag sie auf ihm und küsste ihn mit einer solchen Inbrunst, dass Perry wortwörtlich die Luft wegblieb und er schon Sterne sah, kurz bevor auch Katja nach Luft schnappen musste.

»Ja du Arschloch! Das will ich, auch wenn du mir gerade 200 Jahre meines Lebens gekostet hast! Was also noch übrig ist will ich mit dir verbringen und wenn du mich jetzt nicht gleich da in die Kapelle bringst, verfluche ich dir für unsere ganze Ehe die Knochen bis aufs Blut, haben wir uns versanden?«

Gelächter paarte sich mit Applaus. Nicht nur die Freunde klatschten munter in die Hände, sondern auch andere Gäste und ein Teil der Belegschaft. Es dauerte zwar noch einen Moment, bis Perry sich aufgerappelt hatte und auch Katja auf die Füsse half, doch dann hielt die Beiden nichts mehr!

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