Junggesellenabschied (Teil 2)

Während sich Claudia massieren lässt, erreicht die andere Gruppe ihre Reiseflughöhe und die Zeichen zum anschnallen erlöschen. Was Perry sehr merkwürdig fand, zuerst kam Viper nach hinten und machte es sich auf einem der Sitze bequem. Auf dem Weg hatte er sich noch ein Getränk organisiert und lümmelte nun wie ein normaler Passagier im hinteren Bereich des Flugzeugs. Kurz darauf kam auch noch Mario und tat es ihm gleich. Die Beiden machten auch nicht den Anschein, in irgendeiner Form wieder nach vorne gehen zu wollen. Sie fingen an sich über Las Vargas zu unterhalten und schnell war da eine hitzige Diskussion, was zuerst passieren würde. Zeit zum Planen war noch mehr als genug, da Jerry nicht mit an Board war und erst nach der Landung zur Gruppe stossen würde.

Perry fand das aber irgendwie nicht in Ordnung. Pilot und Bordingenieur hinten? Nur einer vorne? Er stand auf und ging unbemerkt nach vorne. Zwar hatte er von Fliegen so viel Ahnung, wie ein Hohn vom Melken, aber immerhin hatte er selbst ein besseres Gefühl, wenn Aisha nicht alleine da vorne sass.

Am Cockpit musste er klopfen. Quasi augenblicklich hörte er das Klicken der Entriegelung und er konnte die Tür öffnen. Als er eintrat, sass Aisha auf ihrem Platz und schaute total verzückt nach draussen.

»Darf ich reinkommen Aisha?«

»Bist doch schon drin und gegen Gesellschaft habe ich nichts!«

Perry kam ganz nach vorne und setzte sich hinter Aisha. Dort, wo keine Kontrollen, oder Schalter waren und er nichts kaputtmachen konnte.

»Ach, komm schon. Ich find das echt Mist, wenn jemand in meinem Rücken sitzt. Setzt dich da auf Vipers Platz. Der wird noch eine Zeit da hinten bleiben!«

»Was? Wirklich?«

»Ja klar. Der ist so aus dem Häuschen wegen Las Vargas, der muss quatschen.«

»Nein, ich meinte, dass ich mich da hinsetzen soll.«

»Was haben nur alle? Das ist ein ganz normaler Stuhl ich ich gehe mal nicht davon aus, dass du ein kleines Kind bist, welches seine Finger nicht unter Kontrolle hat. Also, setzt dich  da hin!«

Etwas aufgeregt kam Perry dem Kommando nach. Es war nicht ganz einfach, den Sitz zu besteigen, doch als er sass und der Sitz sich in die korrekte Position gebracht hatte, war er tief beeindruckt. Von diesem Platz aus hatte man ja einen unglaublichen Blick nach draussen. Unten, die helle Erde mit leichter Wolkenbildung, darüber alles schwarz und er konnte die Erdkrümmung gut erkennen.

»Wow. Ein unglaublicher Platz!«

»Ja, der Meinung bin ich auch. Deshalb sitze ich ja so gerne hier vorne. Wo sieht man so etwas sonst?«

»Echt unglaublich! Wenn ich dann bedenke, dass du den Vogel hier hoch gebracht hast.«

»Nein, heute nicht. Heute war Viper dran.«

»Ah, okay. Aber du kannst das ja auch.«

»Sicher kann ich das. Aber um ehrlich zu sein, es ist auch kein wirklich nennenswertes Problem.«

Perry musste grinsen.

»Sagt die Frau, die eigentlich eine Kneipe führt.«

»Ja was? Geplant war das bei mir auch alles anders. Ich wollte den Vogel hier bauen, dann damit um die Welt fliegen und Werbung machen. Kam aber eben alles anders.«

»Ja. Auch wenn das immer noch eine fast unglaubliche Geschichte ist.«

»Weiss ich. Denkst du, für mich ist das anders? Ich hab schon einige Stunden alleine hier gesessen und mich gefragt, ob es wirklich passiert ist. Ob ich wirklich den Kopf einer Terrorzelle geheiratet habe und dauernd das Bett mit ihm teilte, nur um meinen Traum zu erfüllen. Ich habe wirklich eine lange Zeit mein Leben aufs Spiel gesetzt, nur damit dieser Vogel hier gebaut werden konnte und die machen eine Terrorwaffe daraus. Ich kann dir nicht sagen, wie viele Nächte ich deshalb heulend im Bett gelegen habe.«

»Es wäre gelogen wenn ich sagen würde, ich weiss was du da durchgemacht hast. Wenn ich ehrlich sein soll, wenn ich hier nicht sitzen würde, würde ich das alles wahrscheinlich immer noch nicht glauben. Das ist was, was man eher in einem Buch liest, oder in einem Film sieht. Aber das das wirklich jemand so passiert ist.«

»Du, als ich damals erfahren hatte, dass da ein unabhängiges Journalistenteam auf die Insel kommen würde, sah ich meine letzte Chance für eine Flucht gekommen. Dann kamen Amy und die Anderen und meine Hoffnungen waren total im Arsch. Besonders, als Derrick mich dann auch noch gefickt hat und ich genau wusste, wenn mein Mann das erfährt, ist mein Kopf ab. Als mich Derrick dann auch noch erpresst hatte und ich mitbekam, was da eigentlich gespielt wird, wollte ich mir die Kugel geben. Weil mal im Ernst. Der Trupp sollte meinen Vogel entführen? Dummerweise hatte ich weder Zugang zu Waffen, noch konnte ich mir sonst irgendwie das Leben nehmen. Meine einzige Chance war, dass die mich mitnehmen und ich dann beim Fluchtversuch sterbe, bevor man mich foltern kann. Das ich mal hier sitzen würde, mein Vogel wieder das ist, was er eigentlich sein soll und ich mein Leben komplett selbst bestimmt, dass hätte ich niemals für möglich gehalten!«

Perry musste lachen.

»Ja, ich kann mir echt gut vorstellen, dass Amy und die Anderen jetzt nicht gerade wie die tollen Agenten wirken.«

»Tolle Agenten? Die haben die erste Zeit nur am Strand rum gelegen! Das sie dabei fleissig geflirtet haben und sich dann auch noch ficken liessen, um in gesperrte Bereiche zu kommen, wer kommt denn auf so etwas? Auch, dass Amy, Rebekka und Janine die gefährlichen in der Gruppe sind und nicht Viper, oder Derrick, da kommst du ja nicht drauf!«

»Stimmt. Gefährlich sehen die ja nicht gerade aus.«

»Absolut nicht! Aber ich sag dir, wenn eine von denen gegen mich mal laut wird, geh ich freiwillig auf die Knie und bitte um Verzeihung. Ich hab da schon Dinger erlebt, unglaublich. Rebekka hat sich mal vor dem Arsch mit vier Typen angelegt. Bis die Anderen das mitbekommen hatten, war die Sache schon vorbei. Rebekka hat auch ein paar ordentliche eingesteckt, aber am Ende stand sie, während die Kerle sich nicht mehr rührten. Die Drei sind zehnmal so gefährlich, wie sie harmlos wirken!«

»Was ich noch nicht ganz verstehe, wie bist du zum Arsch gekommen?«

»Na, von irgendwas muss ich ja leben, oder? Amy und die Anderen meinten zwar, ich könne bei ihnen mitmachen und müsste mir um Geld keine sorgen machen, aber so bin ich nicht. Ich muss was eigenes haben. Lieber habe ich wenig Geld, aber dafür bin ich alleine verantwortlich, als dass ich auf anderer Leute Kosten reich bin.«

»Die haben dir aber beim Aufbau geholfen, haben sie gesagt?«

»Klar. Hicks ist ja extra angeflogen gekommen. Aber die Schuld habe ich schon lange abbezahlt und alles was im Arsch jetzt passiert ist meine eigene Sache. Auch die Mädels kommen nur als Gäste.«

»Und jetzt sitzt du am Steuer des schnellsten Flugzeugs der Welt.«

»Jupp. Aber wenn wir heute eher mit Standgas fliegen.«

Perry versuchte, den ganzen Anzeigen etwas zu entnehmen. Als er schliesslich die Anzeige für die Überschallgeschwindigkeit fand, verstand er, was sie meinte.

»Mach zwei? Warum so langsam?«

»Na ja, wir haben es nicht eilig und hier gibt es jede Menge Fluggesellschaften, die sich vielleicht auch für den Vogel entscheiden und da ist es immer nervig denen erklären zu können, warum dieses Exemplar doppelt so schnell ist, wie die Verkaufsversion.«

»Das ist ja auch total irre! Ich meine, jeden Tag wird an Triebwerken herumexperimentiert, um sie leistungsfähiger zu machen. Dann kommst du und baust eins, was gleich fünfmal leistungsfähiger ist.«

»So ungewöhnlich ist das gar nicht. Die Hersteller von Triebwerken versuchen die ganze Zeit, die bestehende Technik so zu optimieren, dass weniger Treibstoff bei mehr Leistung verbraucht wird. Ich hab mir das Grundkonzept vorgenommen. Meine Triebwerke sind wirklich absolut neu! Aber auch wenn sie sehr zuverlässig laufen, sie sind quasi noch roh. Da werde ich noch sehr viel dran optimieren können, wodurch die Leistung steigt und der Verbrauch sinkt.«

»Leistung steigt? Noch schneller als Mach fünf?«

»Unwahrscheinlich. Die Kühlung der Aussenhaut kann nicht mehr viel kompensieren. Wenn da nichts bahnbrechendes kommt, dann wird das nichts mehr Mach sechs, oder mehr. Theoretisch geht es, klar. Aber eben nur theoretisch.«

»Ich bin immer noch total irritiert. Wenn man dich so anschaut, dann würde man nie daran denken, was wirklich hinter dir steckt. Ich denke, du hängst auch Waldi und Mario von der Intelligenz her locker ab.«

»Das kann gut sein. Aber ich betreibe keine Konkurrenz. Mario ist mein Freund und er ist echt gut in seinem Job!«

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