Krieger hielt sich den Flug über bedeckt. Zu viele Fragen gingen durch seinen Kopf. Wie sollte er zukünftig mit den Brass umgehen? Waren die Thori wirklich so, wie sie es sagten? Das sie einfach nur in Frieden leben wollten und nur dann in Aktion traten, wenn Brass oder Ohri sich gegen sie auflehnten? War Krieger gerade dabei, einen Krieg aus falschen Gründen zu beginnen?
Dank des voll einsatzbereitem Antrieb, dauerte die Reise nach SchlaHa nicht lange. Pamela meldete die Ankunft, Tiffany gab Befehl, die Megaclite in einen Orbit einschwenken zu lassen und rief Krieger. Sofort war er auf der Brücke und hatte schon wieder Grund zu meckern.
»Tiffany, die Dinger heissen Armlehne, weil man die Arme darauf lehnt und nicht das Bein drüber hängt! Barry, ihre Konsole ist keine Fussablage!«
Wieder genervt veränderten Tiffany und Barry ihre Positionen.
»Umlaufbahn erreicht Krieger!«
»Kapitän Krieger! Verdammt nochmal! Casper, volle Abtastung! Ich will wissen wo was da unten ist!«
Die Abtastung dauerte nur wenige Minuten.
»Abtastung abgeschlossen. Da unten ist ganz schön was los! Unzählige Gebäude, die grossflächig eingezäunt sind. Es gibt auch viele zentral gelegene Raumhäfen und überall stehen wirklich mächtige Transporter!«
»Krieger, da ruft uns jemand!«
»Kapitän Krieger! Lassen sie hören!«
Barry aktivierte die Lautsprecher und kurz darauf tauchte ein Brass auf dem Bildschirm auf.
»SchlaHa Anflugkontrolle. Wer sind sie und was wollen sie hier? Mir wurde keine Ankunft eines ausserplanmässigen Schiffes gemeldet!«
»Hier spricht Kapitän Krieger vom irdischen Raumschiff Megaclite. Unser Besuch ist nicht angekündigt, dennoch würde ich es begrüssen, wenn sie einer kleinen Gruppe Landeerlaubnis erteilen würden. Wir würden uns gerne ihre Anlagen genauer anschauen!«
»Die Megaclite? Ich habe von ihnen gehört. Sie sind derzeit ja gängiges Gesprächsthema. Ihre Bitte werde ich von den Ältesten absegnen lassen, dann gebe ich ihnen Bescheid!«
Krieger stand auf.
»Nein! Kein Kontakt zu den Ältesten! Ich erwarte, dass sie uns sofort die Landeerlaubnis erteilen!«
»Aber Kapitän, dazu bin ich nicht befugt! Jegliche Landungen von nicht geplanten Schiffen ist untersagt und kann nur von den Ältesten genehmigt werden!«
»Gut, dann eben anders. Wenn sie schon mit den Ältesten sprechen, dann sagen sie ihnen bitte, aufgrund ihrer ablehnenden Haltung ist die Megaclite nun weitergezogen. Wir wünschen ihnen viel Erfolg beim Krieg gegen die Thori!«
Panik trat in das Gesicht des Mannes, der auf dem Bildschirm war.
»Kapitän! Verstehen sie doch! Ich habe nicht die Erlaubnis, so etwas zu entscheiden!«
»Und ich riskiere nicht das Leben meiner Besatzung für ein Volk, welches mir nicht vollstes Vertrauen schenkt!«
»Ist ihnen klar, was sie da von mir verlangen?«
»Natürlich. Ich verlange von ihnen eine Entscheidung! Ist die Megaclite für ihr Volk so wichtig, wie man uns das immer wieder sagt, oder behandelt man uns wie jemand, dem man nicht vertrauen kann?«
Der Kerl schwieg und schien zu überlegen.
»In Ordnung! Aber nur ein kleines Schiff und maximal vier Personen!«
»Vielen Dank, übermitteln sie uns die Koordinaten!«
Der Bildschirm zeigte wieder SchlaHa, als ein Satz Koordinaten einging.
»Tiffany, Casper, Baki, wir treffen uns im Shuttle!«
Keine zehn Minuten später setzte das Shuttle auf der Oberfläche auf. Eigentlich eine total freundliche Umgebung. Nichts deutet auf die Grausamkeiten hin, die hier angeblich stattfanden. Der Mann, den Krieger auf dem Bildschirm gesehen hatte, kam sofort angelaufen. Krieger sah aber auch an einigen Stellen Männer stehen, die anscheinend bewaffnet waren.
»Kapitän. Verstehen sie bitte meine Zurückhaltung nicht falsch, aber es gibt strenge Richtlinien, an die ich mich zu halten habe.«
»Schon gut. Aber, eine Frage. Stehen die Typen immer hier, oder ist das unser Begrüssungskomitee?«
»Sagen wir es so Kapitän. Ich möchte nichts dem Zufall überlassen!«
»Nun gut. Aber vergessen sie bitte nicht, mein Schiff hat uns im Auge. Sollte uns etwas zustossen, wäre ihr Planet in wenigen Minuten eine unbewohnte Zone. Auch ich möchte nichts dem Zufall überlassen!«
»Ich verstehe. Nun gut, warum sind sie hier?«
»Wir haben von dem Planeten gehört und wollen uns umschauen.«
»Ja? Nun gut, dann sagen sie mir, was sie sehen wollen. Wir haben nichts zu verbergen!«
»Ach nein? Müssen aber erst bei den Ältesten eine Landung genehmigen lassen?«
»Sie missverstehen die Gründe Kapitän! SchlaHa ist einer der wichtigsten Planeten unseres Volkes und wir müssen alle erdenklichen Mittel einsetzen, damit hier nichts passiert!«
»Ja gut. Dann fangen wir mit den Schlachtungen an. Können sie uns diese zeigen?«
Er machte eine einladende Geste, die kleine Gruppe folgte ihm. Weit war es nicht und es wirkte auch nicht wie ein Schlachthof, was man ihnen da zeigte. Geschlachtet wurde jedoch quasi wie am Fliessband. Jedoch etwas anders, als sich Krieger das gedacht hatte. So ein Schlachthof bestand aus fünf Regionen in einem langen Gebäude. Erst war da ein Gehege. Ein wirklich grosses Gehege in dem sich unzählige hüfthohe Wesen befanden. Groteske Gestalten. Der Körper war wie ein Ei. Vorne war ein unglaubliche grosses Maul und direkt darüber drei Augen. Diese komische Gestalt lief auf zwei extrem muskulösen Beinen, die in Füsse mit drei Zehen endeten. Das war schon alles.
Die Tiere liefen herum, oder standen einfach. Sie schienen geistig absolut einfältig zu sein. Krieger konnte einige sehen, die einfach nur herumstanden. Auch vor einer Wand. Also von Intelligenz war bei diesen Wesen wirklich nichts zu entdecken.
Dann geschah etwas eigenartiges. Eines dieser Tiere ging ein paar Schritte, sank dann auf die Knie und legte sich hin. Kurz darauf kam so etwas wie ein Stapler auf Ketten in das Gehege gefahren und hielt hinter dieser Kreatur. Ein Mann stieg ab, legte eine Kette um die Fussgelenke des Wesens und zog es anschliessend daran hoch. Die anderen Tiere bekamen das natürlich mit, doch schienen sie sich nicht daran zu stören.
»Was ist da gerade passiert?«
»Das nennen wir die Starre. Diese Tiere bestehen zu 85% aus Muskeln. Zehn Prozent sind Verdauungstrakt, viereinhalb Prozent entfallen auf die restlichen Organe und ein halbes Prozent ist Gehirn. Solange diese Tiere Futter haben, entwickeln sie ihre Muskeln immer weiter. Sie erreichen einen Punkt, an dem das Herz nicht mehr genug Sauerstoff verteilen kann, um diese Muskeln zu versorgen. Die Tiere werden müde und schlafen ein. Das ist die Zeit für die Schlachtung.«
»Man könnte also sagen, diese Tiere sind dumm wie Stroh und im Prinzip eine evolutionäre Entwicklung, die sich eigentlich nicht durchsetzen würde?«
»So ist es. Ich kann ihnen leider nicht sagen, wie diese Tiere waren, als wir sie damals entdeckt haben. Aber nach heutigem Stand wären die nicht überlebensfähig.«
»Okay. Was würde denn passieren, wenn die Tiere während der Starre nicht geschlachtet werden würden?«
»Sie würden eingehen. Durch die mangelnde Sauerstoffversorgung würden die Muskeln absterben und auch das rudimentäre Gehirn würde Schaden nehmen. Fällt eines der Tiere in Starre, haben wir gerade einmal acht Minuten, um die Schlachtung durchzuführen.«
»Also anders ausgedrückt, ob sie die Tiere schlachten, oder nicht, sie verenden?«
»Das ist korrekt! Wir haben auch die Tiere mehrfach genau untersucht. Ab dem Moment der Starre sinkt die Gehirnaktivität auf unter zehn Prozent. Man könnte eigentlich sagen, sie sind bereits tot.«
Okay. Wenn Krieger an die Zeit dachte, wo auf der Erde noch Tiere zur Fleischgewinnung geschlachtet wurden, war es auf SchlaHa definitiv humaner. Es schien fast so, als wären diese Tiere für dieses Schicksal prädestiniert. Warum aber die Evolution solch ein Wesen hervorgebracht hatte, erschloss sich Krieger nicht. Es war jedoch vorhanden und was die Brass damit machten, schien für ihn kein bisschen verwerflich zu sein. Doch blieb da ein Punkt noch offen. Wie war es bei der Fütterung? Das würde sich Krieger als Nächstes anschauen und davor graute ihm schon ein wenig.