Kriegers Entscheidung

»Okay Maggi. Ihre Informationen waren in der Tat sehr interessant. Ihnen sollte aber klar sein, dass ich diese verifizieren werden?«

»Aber Kapitän, ich bitte sogar darum!«

»Gut. Haben sie die Macht, mir Zusagen machen zu können?«

»Kapitän. Ich spreche derzeit für die Thori. Alles was ich sage und was ich ihnen zusichere, wird auch genau eingehalten werden!«

»Ausgezeichnet! Dann folgendes. Keine Angriffe mehr! Die Brass bleiben unbehelligt! Erst will ich sehen, was man mir zu ihren Anschuldigungen zu sagen hat. Sie werden meine Entscheidung bekommen, sobald ich sie getroffen habe und dann sehen wir, wie sich alles weiterentwickeln wird. Sollte in der Zwischenzeit irgendwo ein Angriff erfolgen, werde ich ihre Informationen als Finte ansehen!«

»Sie haben mein Wort. Keine Angriffe!«

»Gut. Dann verlassen sie uns bitte. Wir haben einiges in Erfahrung zu bringen!«

Maggi nickte und stand auf. Bevor er, wieder durch die Sicherheitsmannschaft begleitet, den Raum verlassen konnte, hatte Tiffany noch etwas zu sagen.

»Und nehmen sie das Ortungsgerät wieder mit!«

Maggi drehte sich mit fragendem Blick um.

»Welches Ortungsgerät?«

»Maggi. Ich will es mal so sagen. Wenn sie jetzt gehen und hinterher kein uns unbekanntes Gerät mehr Signale von unserem Schiff sendet, würde es ihre Glaubwürdigkeit mehr stärken, als wenn wir es entfernen müssten.«

Von Maggi kam ein missbilligender Blick, dann verschwand er. Als die Türen sich geschlossen hatten, schaute Krieger zu Tiffany.

»Was für ein Ortungsgerät?«

»Keine Ahnung! Ich dachte nur, ich werfe es mal in den Raum.«

Krieger schüttelte den Kopf. Es ging zurück zur Brücke, wo auf dem Bildschirm die Abreise des Schiffes zu sehen war. Die Sprechanlage meldete sich.

»Das Ortungsgerät wurde entfernt! Ich kann ihnen nicht erklären, wie es ungesehen angebracht werden konnte!«

»Woher wussten sie das?«

»Ich? Gar nicht! Es sah nur nach der perfekten Gelegenheit aus, den Standort der Megaclite kontrollieren zu können. Ein Schuss ins Blaue!«

»Und dann voll ins Schwarze! Ich bin beeindruckt! Steuermann, setzen sie Kurs auf SchlaHa! Casper, von nun an nur noch von mir genehmigte Übertragungen absetzen!«

»Funksperre? Warum?«

»Ganz einfach Tiffany! Aber bitte, können sie nicht wenigstens einmal normal in ihrem Sitz sitzen?«

Genervt nahm Tiffany das Bein von der Armlehne und setzte sich aufrecht auf ihren Sitz.

»Schon viel besser. Ich will nicht, dass die Brass irgendetwas von der Zusammenkunft erfahren! Sie sollen unvorbereitet sein, wenn ich sie danach frage!«

»Ah, verstehe. Nicht ganz dumm!«

»Baki, Raschniposa, in meinen Raum! Steuermann, volle Kraft voraus!«

Immer noch etwas unsicher, drückte Pamela den Knopf und die Megaclite beschleunigte. Wenige Minuten später im Raum des Kapitän.

»Baki, Raschniposa, sie haben gehört, was Maggi sagte?«

»Ja Kapitän!«

»Und was können sie mir dazu sagen?«

»Ich kann ihnen dazu leider nichts sagen Kapitän. Auf meinem Planeten bekommt man von den Machenschaften der Hauptwelt in meiner Position nichts mit.«

»In Ordnung Raschniposa. Baki?«

»Ich weiss nicht, was sie von mir hören wollen Kapitän. Was Maggi sagte, ist korrekt.«

»Sie geben also zu, dass die Brass blutige Kreuzzüge durchgeführt haben?«

»Natürlich! Das hätte ich ihnen aber auch gesagt, wenn sie mich vor diesem Gespräch danach gefragt hätten.«

»Interessant. Warum musste mich Maggi dann erst darauf stossen?«

»Darauf möchte ich mit einer Gegenfrage antworten. Ist ihr Volk frei jeglicher Schuld? Wenn nein, haben sie uns die ganzen finsteren Geschichten ihres Volkes erzählt?«

Krieger fühlte sich ertappt. Natürlich hatte die Menschheit schon viele dunkle Kapitel hinter sich und natürlich bekamen das neue Freunde nicht brühwarm serviert.

»Punkt an sie! Wie verhält es sich mit ihrem Rechtssystem?«

»Genauso, wie Maggi es beschrieben hat. Nun wollen sie wahrscheinlich von mir wissen, wie ich das rechtfertigen kann. Deshalb gleich meine Antwort. Ja, unser Rechtssystem mag grausam erscheinen. Doch wurde die letzte Strafe vor rund 200 Jahren verhängt. Seither gab es keine Gesetzesübertretung mehr! Auf keinem Planeten in den von uns kontrollierten Raum. Ich würde sagen, die abschreckende Wirkung hat seinen Zweck erfüllt, oder meinen sie nicht?«

Wieder kam sich Krieger vor, als müsse er sich entschuldigen.

»Es ist also korrekt, falls man versehentlich etwas mitnimmt, können die Jüngsten dafür belangt werden?«

»Im Prinzip ja Kapitän. Würde es zu einer Anzeige kommen, könnte ein solches Urteil verhängt werden. Aber! Eine Anzeige bedeutet nicht zwangsläufig einen Schuldspruch! Natürlich kommt es immer wieder zu Fehltritten. Sei es absichtlich, oder unwissend. Doch im Allgemeinen lässt sich das Problem schnell beilegen. Ohne, dass überhaupt die Justiz eingeschaltet werden muss. Glauben sie also bitte nicht, dass jeder kleine Fehler sofort die schlimmsten Konsequenzen nach sich zieht. Wie ich ja schon sagte, die letzte Vollstreckung liegt sehr lange zurück!«

Schon waren zwei der offensichtlich schwerwiegenden Anschuldigungen nahezu entkräftet. Krieger würde zwar noch die Ältesten befragen, aber so schlimm wirkten die Brass nun nicht mehr.

»Okay. Letzter Punkt. Die Fleischproduktion.«

»Nun Kapitän. Sie sagten es selbst. Sie sind weder Richter, noch Henker. Ich nehme an, wir fliegen gerade nach SchlaHa?«

»Korrekt!«

»Dann bitte ich sie, sich dort wirklich alles genau anzuschauen! Die Viehhaltung, die Unterkünfte der Frauen, die Fütterung und die Schlachtung. Nehmen sie sich die Zeit, mit den Frauen zu sprechen!«

»Und was soll ich die fragen?«

»Was auch immer sie wissen wollen! Ob sie es freiwillig machen, vielleicht. Was sie dabei empfinden, oder was auch immer.«

»Und das nützt mir was?«

»Sehr einfach Kapitän! Ihnen mag dieses Konzept nicht zu entsprechen, vielleicht verachten sie es sogar. Doch ist es Teil unserer Kultur! Sie werden sehen, wenn die Frauen sich umentscheiden würden, stünde ihnen immer ein Weg zurück frei! Ohne Haken, oder Bedingungen. Sie werden auch keine Frau finden, die sich aus einer Notlage heraus opfern will. Sie werden auch nicht mit Zahlungen, oder sonstigen Vergünstigungen für beispielsweise ihre Familien geködert. Dort sind nur jene, die aus freien Stücken diesen Weg gewählt haben! Die Gründe mögen verschieden sein, aber eines ist immer gleich. Wer dort ist, hat von sich aus den Antrag gestellt! Weder wird geworben, noch sonst irgendwie beeinflusst. Demzufolge sollte es auch ihr Recht sein, sich so entscheiden zu können.«

War das zu fassen? Maggi hatte drei Punkte genannt, welche Krieger fast gegen die Brass aufgebracht hätten. Doch nun, nachdem er mit Baki gesprochen hatte, schien alles doch nicht ganz so dramatisch zu sein. Vielleicht konnte er es nicht gutheissen, aber ein Recht zu urteilen hatte er dennoch nicht. Die Brass waren keine Menschen und durften entsprechend nicht nach ihren Gepflogenheiten beurteilt werden. Es war ein eigenes Volk und das hatte, wie die Menschen auch, ein Recht, sich nach eigenen Wünschen zu entfalten.

»Haben sie dank für ihre Informationen! Sie dürfen gehen, ich habe über einiges nachzudenken!«

Baki und Raschniposa gingen. Krieger blieb in seinem Stuhl sitzen und dachte nach. Waren die Brass ein Volk, für welches man in den Krieg ziehen wollte? Im Falle einer Unterdrückung sprach nichts dagegen. Aber, wurden die Brass wirklich unterdrückt? Das war ein Punkt, den es noch zu klären galt.

In einem Punkt hatte Krieger aber bereits Klarheit. Auch wenn die Brass nicht ganz das waren, was er sich bislang vorgestellt hatte, für sie zu kämpfen schien für Krieger immer noch eine Option zu sein. Allerdings hatte er nun auch die Thori kennengelernt und vielleicht gab es einen Weg, einen wirklichen Krieg zu vermeiden! Hier standen sich zwei Völker gegenüber. Nahm man Politik und Militär weg, konnte man den Rest der Bevölkerung wahrscheinlich gar nicht voneinander unterscheiden. Es waren einfache Lebewesen, die einfach nur ihr Leben lebten. Die Einen eben bei den Brass, die Anderen bei den Thori. Es musste doch irgendwie einen Weg geben, damit alle in Frieden leben konnten!

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