Es vergingen ein paar Tage. Der Ablauf war jeweils der Gleiche. Die eine Gruppe, bestehend aus Mario, Waldemar und Elena, suchten nach den Kommunikationswegen der Schatten. Immer wieder unterstützt von Natascha.
Jana, Natascha, Kim, Amy, Katja und Janine machten sich derweil jeden Tag auf den Weg und suchten nach dem neuen Nest dieses Wesens. Wie sich schon am ersten Tag herausstellte, die Vermutung, es würde sich ein neues Nest suchen, hatte sich bestätigt. In den unterirdischen Gewölben der Kirche war von einem Schatten nichts mehr zu sehen und auch die Angriffe von Insekten blieb aus. Das war ungünstig.
Der Rest der Freunde half immer dort aus, wo jemand Hilfe brauchte. Viper, Donald und Perry schlechten immer wieder einen Gefangenen in ein Labor, Rebekka, Claudia und Maia brachten diese immer wieder dazu, ihre animalische Seite zu zeigen, während Pascal den mangelnden Fortschritt als echt problematisch ansah.
Die Stadt selbst schien wie ausgestorben. Egal wo das Aussenteam etwas untersuchte, war nichts und niemand zu sehen. Das warf natürlich eine Frage auf. Wo genau waren denn eigentlich die ganzen Menschen, die hier einst wohnten? Jana und ihre Freundinnen hatten bei ihrer Ankunft das ganze Gebiet bis hin zur nächsten Ortschaft akribisch abgesucht und nichts gefunden. Auch gab es keine Meldungen aus einer anderen Ortschaft, dass da etwas merkwürdiges vor sich ging. Demzufolge konnte man davon ausgehen, die ganzen Menschen mussten noch irgendwo in der Stadt sein. Aber wo? Hätten die Mädels alles nur persönlich untersucht, hätte man noch davon ausgehen können, die Leute würden sich vor ihnen verstecken. Aber auch die äusserst sensiblen Sensoren des Hubschraubers konnten nichts entdecken. Hatte das Wesen vielleicht alle zu Schatten verwandelt?
Doch nicht nur das Aussenteam war frustriert. Auch Mario konnte keine Erfolge verbuchen, was gerade Waldemar schwer zusetzte. Das Aussenteam war gerade wieder von einem erfolglosen Einsatz zurückgekehrt, als ein wütender Waldemar durch die Tür vom Korridor kam.
»Es ist vorbei! Aus und vorbei! Selbst mit meinem und Marios überragendem Intellekt und der grossartigen Hilfe meiner Gefährten sind wir nicht in der Lage, auch nur eine kleine Auffälligkeit zu entdecken! Auch scheitern alle unsere Versuche, einen Störsender zu generieren. Das bringt mich zu dem Schluss, wir sind dieser Erscheinung unterlegen und sollten unsere Zelte hier abbrechen. Es scheint ohnehin so, als wäre das ein sehr lokales Phänomen, was uns eigentlich nicht bedroht!«
Mit diesen Worten eilte er an allen vorbei, ging in die Kommandozentrale und setzte sich. Er stützte seine Ellenbogen auf den Schreibtisch und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Perry und Donald waren erschüttert. Einen solchen Gefühlsausbruch hatten sie bei Waldemar noch nie erlebt.
»Was geht denn ab?«
Fragte Donald.
»Waldi will aufgeben. Er hatte eine ganze Reihe an Theorien, wo es um die Kommunikation geht, aber nicht eine hat ein Ergebnis geliefert. Jetzt denkt er, alles ist vorbei.«
Elena schon traurig.
»Mario? Was denkst du?«
»Schwer Perry. Sehr schwer. Ich hatte zwar auch viele Ideen, aber Waldi hatte mehr und wie Elena ja schon so schön sagt, nichts zeigt Wirkung. Wir müssen uns wohl an den Gedanken gewöhnen, dass wir die Verbindung nicht unterbrechen können.«
Gut, soweit hatte Perry das ja verstanden. Aber wo lag das Problem? Das war ja eigentlich nicht die Hauptaufgabe.
»Ja und? Dann können wir da eben nichts stören. Das heisst aber nicht, dass wir die Schatten nicht aufhalten können. Oder ist mir etwas entgangen.«
»Ja. Waldi ist ein Idiot. Also jetzt nicht falsch verstehen, er ist schon ein Genie, aber wenn er einmal eine Richtung eingeschlagen hat, lässt der da nicht mehr locker und für ihn ist unser Scheitern jetzt ein Zeichen dafür, dass nichts mehr zu gewinnen ist.«
Donald rammte Perry seinen Ellenbogen in die Rippen. Der schaute seinen Freund daraufhin sehr grimmig an. Die Zeiten, wo er sich so etwas aufgrund Donalds grösserer Stärke einfach gefallen liess, waren schliesslich vorbei. Doch dann wurde ihm klar, warum Donald das gemacht hatte. Wortlos ging er zu Waldemar, machte eine entsprechende Geste, dass alle Anderen den Raum verlassen sollten und als die weg waren, setzte er sich neben ihn.
»Versuch es bitte erst gar nicht, mein lieber Perry, mich in irgendeiner Form aufheitern zu wollen. Ich habe kläglich versagt und muss eingestehen, dass auch mein Intellekt dieser Aufgabe nicht gewachsen ist.«
»Warum sollte ich dich denn aufmuntern? Ich warte seit Jahren darauf zu sehen, wie der allmächtige Waldemar erkennt, dass auch er nicht alles kann. Ich geniesse das gerade!«
»Was auch sonst. Dann weide dich an mir und wie ich eingesehen habe, dass ich dieser Aufgabe nicht gewachsen bin.«
»Tue ich. Weisst du, seit wann ich mir wünsche, dass ein Fall wie dieser eintritt?«
»Nein. Es interessiert mich auch nicht. Da ich aber weiss, dass du es ohnehin sagen wirst, bitte, erzähl es mir.«
»Erinnerst du dich noch dran, wie Katja mich ganz am Anfang überraschen wollte? Wie ich mich nicht mehr konzentrieren konnte und wir uns dann über eine ausserirdische Invasion unterhalten haben?«
»Natürlich erinnere ich mich daran.«
»Da hast du so getan, dass auch eine fortschrittliche Zivilisation für dich kein Problem sei. Weil, so wirklich intelligenter mussten die ja nicht sein, nur weil sie bessere Technik hätten. Du würdest alles analysieren, eine Schwachstelle finden und die Aliens damit in die Flucht schlagen. Schon eine kleine Störung könnte ausreichen, die Erde unattraktiv zu machen.«
»Und nun erfreust du dich natürlich daran, dass ich kläglich versagt habe.«
»Ach was, kein bisschen!«
Waldemar hob sein Gesicht und schaute Perry an.
»Was genau willst du dann von mir?«
»Ganz einfach. Ich ergötze mich an der Tatsache, dass dein Starrsinn dir schon ein Scheitern suggeriert, obwohl gar nichts entschieden ist. Es gefällt mir, dass der allmächtige, unfehlbare Waldemar dann doch ein Mensch ist. Einer, der einfach nur unglaublich verbohrt wirkt.«
»Ach Waldi. Ist die Verbindung zwischen den Dingern wirklich alles, was wir für einen Sieg nutzen können?«
Waldemar schien nachdenklich.
»Okay, ich frage mal anders. Wo könnten diese Schatten denn noch eine Schwachstelle haben?«
Waldemars Blick war abschätzend. Perry legte nach.
»Sag es mir? Ich bin ohnehin der Meinung, wir können gegen das Ding da nichts machen. Viel zu mächtig! Ich wollte es eigentlich gar nicht sagen, aber von Anfang an war ich der Meinung, auch du und Mario könnt gegen so ein Wesen nichts ausrichten. Es ist uns einfach überlegen!«
Nun zog Waldemar eine Augenbraue hoch.
»Denkst du das wirklich? Ich kann dir gleich mehrere potentielle Schwachstellen nennen. Es zeigt wieder wie beschränkt dein Intellekt doch arbeitet!«
»Ach ja? Nenn mir mal einfach nur eine Schwachstelle!«
»Diese Erscheinung ist nicht physisch? Sie braucht Wirte, um agieren zu können?«
»Davon gibt es auf der Erde ja aber doch mehr als genug.«
»Auf der Erde ja, aber diese Stadt ist stark begrenzt. Es ist anzunehmen, dass die Erscheinung jeden Menschen dieser Stadt bereits übernommen hat und sich demzufolge nicht mehr weiter ausbreiten kann. Auch scheint es nicht in der Lage zu sein, grössere Distanzen zu überwinden. Könnte es das, hätte es dies mit Sicherheit schon getan. Auch scheinen ihm die Wirte keine Fähigkeiten für das Steuern eines Fahrzeugs zu geben. Die Stadt ist voll davon, aber sie werden nicht genutzt.«
»Eine vorübergehende Einschränkung!«
»Keines Wegs, mein nicht sehender Freund. Es scheint in der Tat so zu sein, dass die Erscheinung das Bewusstsein seines Wirtes komplett verdrängt. Es scheinen nur rudimentäre Verhaltensweisen wie Sprache, Bewegung und ähnliches von der Erscheinung abrufbar zu sein.«
»Ach was, du bildest dir da etwas ein!«
»Nein, tue ich nicht, mein lieber Perry. Unsere Damen sind der perfekte Beweis dafür. Sie können …«
Er unterbrach sich und schaute Perry durchdringend an.
»Du gerissener, kleiner Halunke! Du spielst mir hier den dummen vor, um mir selbst vor Augen zu führen, dass es noch viele Wege gibt, die wir beschreiten können. Respekt!«