Ein neues Planetensystem

Die Megaclite war schon eine ganze Zeit unterwegs, als sich immer mehr Frustration und Langeweile unter der Besatzung breit machte. So toll es sich im ersten Moment auch anhörte, ein verschollenes Riesenraumschiff zu suchen, dort eine eigene Kolonie zu gründen und ähnliches, man bedachte einfach nicht die Reisezeit. Es dauerte einfach stellenweise extrem lange, von A nach B zu kommen.

Tiffany betrat Kriegers Raum, ohne um Einlass zu bitten. Der fand das natürlich nicht lustig.

»Klar Tiffany, kommen sie ruhig rein! Stören sie sich nicht an diesem komischen Stück Wand, was man so Tür nennt und das diese geschlossen war. Kommen sie ruhig jeder Zeit hier rein.«

»Cool! Danke Krieger!«

»Kapitän Krieger!«

»Wie auch immer. Ich war gerade im Arsch. Baki bekommt gleich Besuch von ein paar ramponierten Herren. Die schlagen sich schon wieder den Schädel ein!«

Krieger drehte sich ein bisschen, um nachdenklich an die Wand schauen zu können.

»Manchmal Tiffany, manchmal wünschte ich mir, wir hätten eine professionelle Crew!«

»Auch denen fällt irgendwann der Himmel auf den Kopf. Krieger, wir müssen für Abwechslung sorgen!«

»Hmm. Wir könnten die Quartiere anders einrichten. Dann könnten sich die Leute für eine Zeit wir im Urlaub fühlen!«

»Krieger, welche Drogen nehmen sie?«

»Kapitän Krieger!«

»Kapitän Krieger? Nie gehört. Knallt das gut?«

»Es ist mir wirklich immer wieder eine Freude, wenn sie hier aufschlagen. Machen sie doch einen Vorschlag!«

»Aber gerne! Ich habe mit Casper gesprochen. In zwei Tagen kommen wir an einem Planetensystem vorbei. Er konnte von dort auch definitiv künstliche Signale empfangen. Wir sollten dort mal vorbei schauen.«

»Landurlaub?«

»Nein, so weit würde ich nicht gehen. Aber wenn wir dort landen, neue Spezies finden, vielleicht etwas Flora mitbringen, dann hätten die hier was zu tun.«

Wieder schaute Krieger die Wand an.

»Na, von mir aus! Sie sind mir für die Auswahl des Aussenteams verantwortlich. Nehmen sie die Leute mit, die wirklich dringend frische Luft brauchen und schauen sie, dass sie genug Arbeitsmaterial für den Rest mitbekommen. Nehmen sie Ruug mit!«

»Mein Tentakelchen? Auf jeden Fall!«

Zwei Tage später war die Megaclite gerade in einen Orbit um einen bewohnten Planeten getreten. Dieses System schaute dem Sonnensystem erschreckend Ähnlich. Erst zwei unbewohnbare Planeten. Dann jener, von welchem Signale kamen, ein weiterer, dann folgte ein Asteroidengürtel. So ging das weiter. Alles, was sich wirklich deutlich von dem Sonnensystem unterschied, der sechste Planet, ein Gasriese, hatte keine Ringe. Ansonsten hätte es tatsächlich eine Kopie des Sonnensystems sein können.

»Casper, was geht da unten so vor sich?«

»Da bin ich mir gar nicht so sicher Kapitän Krieger!«

»Was soll das heissen?«

»Nun, technologisch würde ich behaupten, die müssten schon eine wirklich ausgeprägte Raumfahrt haben. Mit Überlichtantrieb und allem drum und dran. Da ist aber nicht einmal ein Satellit im Orbit.«

»Jetzt kommt Krieger gleich und erzählt was von wegen, kein Überlichtantrieb, keine Einmischung. Richtig?«

»Barry, wenn, dann kommt Kapitän Krieger!«

»Von mir aus.«

»Und nein, damit kommt er nicht. Tiffany, alles einsatzbereit?«

»Jupp. Alle auf Abruf.«

»Na dann bitte. Viel Spass da unten!«

20 Minuten später hatte sich der Aussentrupp auf den Planeten transportiert. Die Wissenschaftler fingen sofort an, die Umgebung zu studieren, Proben zu sammeln und man konnte auch merken, sie genossen es, wieder auf einem Planeten zu sein. Tiffany verstand das nicht. Sie hatte auf der Megaclite eigentlich alles, was sie brauchte.

»Tiffany, wollen wir den Einwohner nicht einen Besuch abstatten?«

»Nee Ruug. Stell dir mal vor, die sehen den Himmel als eine feste Grenze. Jetzt kommen wir und sagen, da gibt es noch so viel mehr und auf einmal verändert sich deren ganze Kultur. Nee. Das Risiko gehe ich nicht ein.«

»Haben sie keine Sorgen!«

Tiffany erschrak und drehte sich um. Da stand ein Mann. Zumindest rein vom ässeren. Er war etwa so gross wie ein durchschnittlicher Mensch. Nur hatte er blaue, fast schon leuchtende Haare und schien ein absoluter Sportfanatiker zu sein. Auch seine Kleidung war merkwürdig. Sie schien aus Stahl, aber auch aus Seide zu bestehen. Je nachdem, wie er sich bewegte, gab das Material einmal nach wie Stoff, blieb ein anderes Mal jedoch hart wie Metall. Ein verwirrender Anblick.

»Was? Wer bist du denn?«

»Ich bin …«

Es kamen merkwürdige Geräusche wie aus einer Blockflöte.

»… Abgesandter von …«

Das härte sich fast an wie der Gesang von Walen auf der Erde.

»Cool. Ich kann das zwar nie im Leben aussprechen, aber ich bin Tiffany. Erster Offizier der Megaclite.«

»Wir haben euer Raumschiff schon vor einiger Zeit registriert. Es wäre höflich gewesen, uns über euren Besuch zu informieren und eigentlich bin ich auch deshalb gekommen, um euch zu rügen. Da ich aber deine Worte vernommen habe habe ich erkannt, dass ihr uns in guter Absicht nicht kontaktiert habt.«

»Wir sind auch nicht hier, um Ärger zu machen. Wir sind nun schon einige Zeit mit unserem Raumschiff unterwegs und wollten der Mannschaft einfach ein bisschen Auszeit gönnen. Sie sollen sich ein bisschen die Beine vertreten und Material sammeln, welches sie auf dem weiteren Weg untersuchen können. Um der Langweile vorzubeugen.«

»Ich verstehe! Nun, wenn es so ist, habt ihr meine Erlaubnis. Ich möchte jedoch dich bitten, mich in meine Siedlung zu begleiten. Rein aus Gründen der Höflichkeit.«

Tiffany zuckt mit den Schultern.

»Ja, von mir aus!«

Der Kerl kam auf sie zu, berührte sie an der Schulter und gerade als Tiffany meutern wollte, war sie schon ganz wo anders.

Die hatten hier einen komischen Baustil. Alle Gebäude waren Halbkugeln. Sie unterschieden sich nur in Puncto Grösse. Was Tiffany jedoch mehr schockierte, jeder Mann und jede Frau, die sich offensichtlich in den gleichen Merkmalen unterschieden, wie bei den Menschen, waren perfekt. Die makellosen Körper, diese weichen Haare, die Augen. Da fiel es Tiffany erst auf. Die sahen alle ein bisschen aus wie Manga-Figuren. Tatsächlich. Nachdem Tiffany das realisiert hatte, sah alles ein bisschen so aus, wie in einem Anime-Film. Das wirkte irgendwie ein bisschen verstörend.

Ihr Begleiter ging auf eines der Rundbauten zu. Sie traten ein und Tiffany staunte Bauklötze.

»Das ist draussen ja viel kleiner als hier drin!«

Ihr Begleiter und ein weiterer Mann, der hinter einem Tisch sass lachten.

»Beeindruckend. Normalerweise sagen Besucher immer, es wäre drinnen grösser als draussen.«

»Tja, ich bin ja nicht normal.«

Der Mann stand auf. Er schien zwar älter zu sein, aber wirkte noch erschreckend fit.

»Mein Name ist …«

Tiffany hob abwehrend die Arme.

»Nein, nein! Das kann ich eh weder verstehen, noch aussprechen.«

Der Mann lächelte.

»Okay. Ich schätze, du hast Fragen!«

»Na aber definitiv. Ihr habt offensichtlich eine grandiose Technik, konntet uns orten und dennoch, nicht ein Satellit im All? Wie kommt das?«

Tiffany erschrak, als der ganze Raum um sich herum verschwand und so etwas wie einen Film zeigte. 3D in Reinform, denn Tiffany konnte sich darin sogar bewegen, nur nichts anfassen. Der Mann fing an zu kommentieren.

»Vor vielen tausend Jahren haben auch wir den Weltraum bereist. Doch, was fanden wir? Waffen, Konflikte, Kriege. Überall.«

Der Film zeigte das, was der Mann sagte, in so einer Art Zusammenfassung und sie erkannte, dass dieses Volk offensichtlich schon viele Kriege erlebt hatte. Die beschlich da ein merkwürdiges Gefühl und eine Frage drängte sich fast schon schmerzhaft in ihr Bewusstsein.

»Wie alt ist euer Volk?«

Print Friendly, PDF & Email

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert